Der Tag X
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Der große Roman über den Aufstand am 17. Juni 1953, als 24 Stunden alles möglich schien.
Seit ihr Vater als Wissenschaft ler zu einem Leben im fernen Russland gezwungen wurde, passt Nelly sich ihrer Ostberliner Umgebung immer weniger an. Sie engagiert sich in einer kirchlichen Jugendorganisation und wird im Frühjahr 1953 kurz vor dem Abitur von der Schule geworfen. Trost könnte sie bei dem jungen Uhrmacher Wolf Uhlitz finden, der sich in sie verliebt hat. Er will ihr helfen, legt sich dafür sogar mit seinem Vater an, entwendet staatliche Dokumente und landet im Gefängnis. Was Wolf nur vage ahnt: Die junge Nelly steht in einer geheimnisvollen Verbindung mit einem russischen Spion namens Ilja, der sie mit Nachrichten über ihren verschleppten Vater versorgt und den Austausch von Briefen mit ihm vermittelt. Wie Wolf träumt auch Ilja von einem Leben mit Nelly - aber als sich in Berlin und Halle die Unzufriedenheit mit dem Regime in Massendemonstrationen entlädt, hängt ihrer aller Leben an seidenen Fäden.
Titus Müller erzählt eindringlich und packend vom Leben der Aufbegehrenden und entfaltet authentisch und detailgenau das Panorama eines Aufstandes, der beispielhaft wurde.
Als wäre man dabei gewesen
Im vorliegenden Roman führt die Handlung zu einem Ereignis hin, das gravierende Folgen für die Bürger der DDR hatte: Der Aufstand am 17. Juni 1953. Vor dem Hintergrund historischer Ereignisse breitet Titus Müller lebendig und authentisch Einzelschicksale in Erzählsträngen vor den Lesern aus, die sich im Laufe der Handlung berühren. Während im Hintergrund mächtige Geheimdienste agieren, ihre Intrigen spannen und die Ereignisse für ihre Ziele nutzen. Sie sind grausam beim Beseitigen der in Ungnade Gefallenen. „Sie haben nicht begriffen, wozu die in der Lage sind“, sagt die alte Jewegenia zum Spion Ilja. Sie weiß, wovon sie spricht. „Treue ist eine Hundekrankheit“, konstatiert denn auch einer der hohen Geheimdienstler.
Nelly, die sich einer christlichen Gemeinde angeschlossen hat und dafür ihr Abitur aufs Spiel setzt, kennt sie beide: sowohl Ilja als auch den Uhrmacher Wolf, der für sie seinen eigenen Lebensentwurf riskiert. Titus Müller zeichnet beeindruckende Seelenbilder seiner Protagonisten. Wie überhaupt die Figuren seines Romanes von großer Glaubwürdigkeit sind. Sie sind so lebendig beschrieben, dass man sie beinahe vor sich zu sehen glaubt. Nellys Vater wurde verschleppt, er ist ein Spezialist, dessen Fertigkeiten andern Orts dringend gebraucht werden. Die Mutter entschließt sich spontan, ihren Mann nicht in die Diaspora zu folgen. So verbringt Nelly, deren Welt aus den Fugen gerät, ihre Jugendjahre vaterlos. Alleine durch geheime Briefe, die sie über Umwege erreichen, kann der Vater ihr Heranwachsen begleiten.
Beim Lesen von „Der Tag X“ wird schnell deutlich, wie gravierend der Verlust sowohl von Meinungs- als auch Religionsfreiheit ist und zu welchen Einschnitten in den Tagesablauf permanente Repressalien führen. Die Protagonisten des Romanes fühlen sich immer mehr eingeengt, alle Handlungsstränge zielen zu dem Tag des Aufstands. Die Tage davor geraten immer mehr in den Fokus aller Beteiligten.
Im Anhang erläutert Titus Müller den historischen Kern seines Romanes, für den er wie immer akribische Recherchen durchgeführt hat. Er schildert auch den Kampf des Regimes gegen die Junge Gemeinde, der Jugendbewegung der Kirchen. Seine Romanfigur des Wissenschaftlers Marc König wurde inspiriert von dem wahren Leben des Gerhard Schmidt aus Halle.
Ein Roman, der ein Licht wirft auf ein entscheidendes Kapitel der deutsch-deutschen Geschichte. Atmosphärisch dicht und bei allem, was sie auszuhalten haben, dennoch von jenem kleinen Zauber durchleuchtet, der die Protagonisten trotz ständiger Rückschläge zum Durchhalten verleitet. Titus Müller ist ein großartiger Geschichtenerzähler: Am Ende meint man beinah, selbst dabei gewesen zu sein.