Blutbahn-Interview in der Speyerer Morgenpost am 07.01.2012

Pit Vogel und Harald Schneider in Aktion

Serienmörder verkleidet sich als Teufel

Harald Schneider über die Schauplätze seiner Palzki-Romane und seine Liebe zum Krimi

Im Februar erscheint der neue Roman von Harald Schneider. "Blutbahn" ist ein "Rhein-Neckar-Pfalz Krimi" mit dem Kriminalhauptkommissar Reiner Palzki von der Kriminalinspektion Schifferstadt, der im Kochen absolut talentfrei ist. Wir haben mit dem Autor über diesen Roman gesprochen und dabei erfahren, dass bereits im Juli 2012 Band 7 und Band 8 der Reihe um Kommissar Palzki erscheinen wird. Fest steht auch, dass im Februar 2013 der zehnte Band erscheinen wird. Ein überaus produktiver Autor ist also der 1962 in Speyer geborene und heute in Schifferstadt lebende Autor, der als Betriebswirt in einem Medienkonzern arbeitet und für den das Schreiben von Kriminalromen eine Passion ist.

Speyerer Morgenpost: Worauf freuen Sie sich mehr in diesem Jahr: ihren runden Geburtstag oder den neuen Palzki-Roman?
Schneider: Meine Geburtstage feiere ich schon seit Jahren nicht mehr. Ich freue mich sehr auf die Palzki-Krimis, die mir viel Spaß beim Schreiben machen.

Speyerer Morgenpost: Ihr Krimis haben immer nur Ein Wort-Titel z. B. "Ernteopfer", "Wassergeld", jetzt "Blutbahn". Sind diese "Ein-Wort-Titel" obligatorisch oder können Sie ihren Roman z. B. auch "Blutbahn in der Vorderpfalz" nennen?
Schneider: Die Palzki-Krimis erscheinen im Gmeiner-Verlag und in der zeitgenössischen Reihe werden grundsätzlich "Ein- Wort-Titel" bevorzugt. Ich finden das sehr einprägsam und das passt auch zur Palzki-Serie.

Speyerer Morgenpost: Ihr neuer Roman heißt "Blutbahn". Können Sie uns schon etwas über den Inhalt verraten?
Schneider: Es geht um den Themenkomplex S-Bahn-Rhein- Neckar. Ein als Teufel verkleideter Serienmörder ersticht anscheinend wahllos Fahrgäste in der S-Bahn-Rhein-Neckar. Die Fahrgäste heißen mehr oder weniger alle Teufelsreute. Der erste Tote, Willibald Teufelsreute, ist ein kürzlich pensionierter Vorarbeiter der S-Bahn Werkstatt Ludwigshafen. Teufelsreute war ein ziemlicher Prozesshansel, der keinem Rechtsstreit aus dem Weg ging. Seine früheren Bekannten sind froh, dass er das Zeitliche gesegnet hat. Weitere Themen sind Beutekunst und Hans Purrmann-Bilder. Viele Hans-Purrmann-Bilder sind nach dem Ersten Weltkrieg verschollen.
Mehr möchte ich über den Roman nicht verraten.

Speyerer Morgenpost: Ihr letzten Romane spielen in einer Mannheimer Brauerei oder in einem Freizeitpark. Wie kommen Sie auf die Schauplätze? Haben Sie eine Brauereibesichtigung gemacht und dann kam die Idee, dort einen Roman spielen zu lassen?
Schneider: Ich versuche mir Orte auszudenken, an dem viele Leute sind und der sehr bekannt ist in der Region. Beim Holiday-Park-Roman "Erfindergeist" habe ich den Holiday-Park Geschäftsführer Wolfgang Schneider angemailt und ich habe am gleichen Tag noch eine Antwort bekommen. Er hat mich zum Pizzaessen eingeladen und dann haben wir die Sache rund gemacht.
Beim letzten Roman "Räuberbier" habe ich gedacht: das Eichbaum Bier kennt man und das wird viel getrunken. Ich habe die Eichbaum-Brauerei angeschrieben und nach kurzer Zeit kam eine Zusage von der Marketing-Abteilung der Brauerei. Ich habe mit denen mein Expose abgestimmt und dann lief das Ding. Die Kooperation mit der Eichbaum-Brauerei war sehr fruchtbar. Die haben das Hörspiel "Bierleiche" produziert, das eine kostenlose Beilage in 30.000 Bierkästen war. Palzki ist durch diese Kooperation rechtsrheinisch bekannter geworden. Das war ein sehr guter Nebeneffekt.

Speyerer Morgenpost: Wußten Sie von den unterirdischen Gängen unter der Brauerei?
Schneider: Ich habe eine tolle Betriebsbesichtigung in der Eichbaum-Brauerei bekommen. Da wird auch erklärt, dass die Brauerei an diesem Standort schon über 100 Jahre steht. Es gab ein Dutzend kleinerer Brauereien in Mannheim, die unterirdisch mit Gängen verbunden waren und teilweise noch sind - bis vor zum Neckar und unter der Klinik. Dort haben sich die Brauereichefs nachts zum Besäufnis getroffen. Vor ein paar Jahren hat man eine Person in der Brauerei gesucht und die Feuerwehr hat in diesen Kellern und Gängen im Vollschutz suchen müssen.

Speyerer Morgenpost: Wie entsteht so ein Buch? Schreiben Sie die Geschichten am Wochenende oder schreiben Sie nach Feierabend jeden Tag eine Stunde? Schreiben Sie das Buch an einem Stück weg?
Schneider: Grundsätzlich steht am Angang ein Expose, das zwei oder drei Seiten hat. das stimme ich mit dem Kooperationspartner ab und dann geht es los. Ich schreibe, wenn die Kinder im Bett liegen und ich im Büro Ruhe habe. Ich schaue so gut wie nie Fernsehen. In anderen Haushalten läuft abends das Fernsehen, ich nutze die Zeit abends zum Palzki schreiben. Ich schreibe gewöhnlich am Stück. In drei bis vier Monaten hat der Roman die Rohreife und kann in das Lektorat.

Speyerer Morgenpost: Bevor Sie die erste Zeile schreiben haben sie den ganzen Roman im Kopf?
Schneider: Ich habe das Expose. Gewöhnlich weiß ich nicht, wie die Geschichte richtig ausgeht. Ich habe eine grenzlose Fantasie, und ich würde mir etwas kaputt machen, wenn ich mich arg beschränken würde am Anfang. Mir fallen beim Schreiben viele Sachen ein, z. B. die running gags, die mit der Zeit erst in den Roman einfließen.

Speyerer Morgenpost: Gibt es von Seiten des Verlages eine Auflage, die ihnen vorschreibt, wieviele Bücher sie verkaufen müssen, damit sie ein nächstes Buch schreiben können?
Schneider: Jetzt nicht mehr, aber man kann davon ausgehen, dass bei einem mIttelständigen Verlag etwa 3000 Exemplare verkauft werden müssen, um den "Break even"-Punkt zu erreichen. Das ist bei meinen sämtlichen Werken der Fall.

Speyerer Morgenpost: Was lesen Sie eigentlich für Kriminalromane?
Schneider: Ich bin ein Vielleser was Krimis und Sachbücher angeht. Ich lese zehn Krimis pro Monat, zum Großteil Regionalkrimis und Krimis aus ganz Deutschland. Was ich nicht so mag sind die skandinavischen Krimis, die sind mir zu pessimistisch. Ich lese derzeit Markus Imbsweilers "Butenschon". Mir gefallen außerdem die Krimis von der Monika Geier und die Kluftinger-Romane. Letztere sind fast schon Pflichtprogramm.

Speyerer Morgenpost: Es gibt eine große Vielzahl an Kriminallkomissaren, eine Flut von Regionalkrimis. Glauben Sie das dieser Boom irgendwann einmal abebbt?
Schneider: Es ist die Frage, welche Ausrichtung es haben wird. Vor 20 Jahren hat der deutsche Krimiautor nichts gegolten, Im Moment boomt er. Den Tod der Regional-Krimis hat man vor fünf Jahren schon vorausgesagt. Ich denke, dass es noch eine Vielzahl von Jahren laufen wird und es eine Spezialisierung gibt. Vielleicht sprechen wir in fünf bis zehn Jahren nicht mehr vom Regionalkrimi, sondern vom Themenkrimi Wirtschaft oder ähnliches.

Speyerer Morgenpost: An wievielen Termine im Jahr sind sie wegen Palzki unterwegs?
Schneider: Etwa 20 Veranstaltungen im Jahr, unter der Woche abends oder am Wochenende.

Speyerer Morgenpost: Sie haben das Krimifestival der Metropolregion Rhein-Neckar 2011 organisiert...
Schneider: Claudia Senghaas, Programmleiterin vom Gmeiner-Verlag, Claudia Schmid, Autorenkollegin aus Mannheim, und ich haben das organisiert. Das war ein so großer Erfolg, dass wir das Festival Ende März 2013 wieder veranstalten. Wir haben uns mit Eva Pfitzner, die hauptberuflich Leseveranstaltungen mit Autoren macht, professionelle Verstärkung geholt. Sie wird mit uns das Festival organisieren. Die Eröffnungsveranstaltung ist im Congresszentrum in Frankenthal.Das Festival dauert etwa zehn Tage.

Speyerer Morgenpost: Es gibt Schriftsteller, die ihren Serienhelden loswerden wollten. Arthur Conan Doyle ließ zum Beispiel Sherlock Holmes in eine Schlucht stürzen, um keine Romane mehrüber ihn schreiben zu müssen. Können Sie sich vorstellen, dass sie Palzki-Reihe irgendwann aufgeben?
Schneider: Ich habe Ideen für vorneweg 20,30 Palzkis. Es kann sein, dass ich irgendwann keine Lust mehr habe, Palzki-Romane zu schreiben, aber wenn dann erst in ferner Zukunft. Es gibt Autorenkollegen, die hören irgendwann einmal auf mit dem Hauptdarsteller und fangen mit einem anderen Kommissar an.

Speyerer Morgenpost: Wie autotobiografisch sind die Palzki-Romane?
Schneider: Sie sind nicht autobiografisch, beinhalten aber viele Dinge, die ich erlebe. Ich habe eine Datei im Computer, in dem ich skurille oder intererssante Sachen und Erinnerungen mit aufnehme. Ich bin ein Vielleser und intensiver Zeitungsleser und es mangelt mir nicht an Themen, die ich aufgreifen kann.

Speyerer Morgenpost: Gibt es eine Illustration von Palzki?
Schneider: Bisher nicht und ich kann mir das im Moment auch nicht vorstellen. Wenn man Palzkis Aussehen durch eine Illustration vorgeben würde, würden man vielen Leute die Illusion nehmen. Wenn ein Romna verfilmt wird, ist man oft unzufrieden, weil man sich das ganz anders vorgestellt hat - nicht nur weil man das Buch in 90 Minuten komprimieren muss, sondern weil man die Darsteller nicht unbedingt damit identifiziert mit dem, was man sich nach dem Lesen vorgestellt hat.

Speyerer Morgenpost: Wollen Sie irgendwann ausschließlich vom Schreiben leben?
Schneider: Es träumt jeder Autor davon, vom Schreiben leben zu können, aber wenn man bedenkt, dass es 80.000 Neuerscheinungen pro Jahr auf dem deutschen Buchmarkt gibt, dann ist es sehr unwahrscheinlich, davon leben zu können. Es ist nicht nur das Können, das über den Erfolg entscheidet, sondern es gehören auch Glück und Zufall dazu. Man muss zum richtigen Zeitpunkt ein Thema haben, das gerade in ist, wenn das Buch erscheint. Dann muss sich irgendwie etwas verselbständigen und was das ist das, weiß auch kein Großverlag. Sonst würde jeder Großverlag geplante Bestseller abliefern, was nicht funktioniert.

Am Sonntag, 26. Februar wird das neue Palzki-Buch "Blutbahn" im Spiegelsaal des CongressForums Frankenthal vorgestellt. Das Buch wird dann hörspielartig vertont. Pit Vogel, mit dem Schneider die Arbeitsgemeinschaft "Klang und Mord" bildet, wird kleinere Sprechrollen (von Dr. Metzger etc.übernehmen). Beginn ist um 11 Uhr. „Blutbahn" erscheint bereits Mitte Februar.

Am Donnerstag, 16. Februar 2012 um 19.30 Uhr ist der Premiereabend "Blutbahn" mit Harald Schneider, musikalisch unterstützt durch Pit Vogel in der Stadtbücherei Schifferstadt, Rehbachstraße 2. (chs)

Originalquelle: Speyerer Morgenpost (mit freundlicher Erlaubnis der Rechteinhaber)