Blutgeld und Organhandel

Die iranische Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin Niki Karimi beim Filmtalk in Mannheim. Foto: © Jürgen Schmid / Kriminetz

Als der Film »Soote Payan« (Final Whistle) beginnt, der auf dem 61. Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg als Deutschlandpremiere gezeigt wird, ist die Tat bereits geschehen, der Fall aufgeklärt und das Urteil bereits gesprochen. Doch der Zuschauer weiß noch nichts davon. Denn zunächst geht es nur darum, eine Schauspielerin zu finden.

Als die für einen Nachdreh vorgesehene Statistin Maliheh nicht am Drehort erscheint, lernt die iranische Dokumentarfilm-Regisseurin Sahar Rahimi (gespielt von Niki Karimi, die gleichzeitig Regie führte und außerdem das Drehbuch schrieb) nach und nach deren Lebensumstände kennen: Ihre Mutter wurde wegen des Mordes an ihrem Stiefvater, der Maliheh vergewaltigen wollte, zum Tod durch den Strang verurteilt. Und die Familie kann das Blutgeld nicht aufbringen, durch dessen Zahlung an die Hinterbliebenen des Opfers nach islamischem Scharia-Recht das Urteil aufgehoben werden könnte. Maliheh hat daher beschlossen, eine Niere zu verkaufen. Sahar Rahimi versucht, Maliheh zu helfen, gerät dadurch aber in Konflikt mit ihrem Ehemann Saman (Produzent der Serie, für die der Nachdreh benötigt wurde), der findet, dass sie das alles nichts angeht …

Filmgespräch mit Niki Karimi

Während für viele Deutsche zuerst die Todesstrafe und das bei uns unbekannte »Blutgeld« im Mittelpunkt des Filmes zu stehen scheint (zumal sich im Laufe des Films herausstellt, dass Maliheh ihren Stiefvater in Notwehr selbst umgebracht hat und ihre Mutter sie nur beschützen will), verdeutlichte die 1971 in Teheran geborene Regisseurin Niki Karimi im Filmgespräch, dass für sie vor allem die Frage des Organhandels im Vordergrund gestanden habe und dass vor allem arme Leute sich gezwungen sähen, ihre Organe zu verkaufen, um ihre Probleme zu lösen. Das zweite große Thema sei das Dilemma eines jeden Dokumentarfilmers: »Darstellen oder Eingreifen«. Sollte ein Dokumentarfilmer einfach seine Arbeit tun oder stattdessen eingreifen und versuchen, dem Opfer, über das er berichtet, zu helfen?

Gefragt nach der politischen Botschaft des Films meine Niki Karimi, jeder Zuschauer müsse diese für sich selbst entscheiden. Sie habe nur eine Geschichte erzählt, von der sie während einer Recherche zu einem Dokumentarfilm über Frauen im Gefängnis erfahren habe und die sich tatsächlich so ereignet habe.

Niki Karimi, ist im Iran eine sehr bekannte Schauspielerin und hat als Regisseurin bereits zwei Spielfilme bei den Festivals in Cannes bzw. in Rom präsentiert.

Newcomer of the Year für Soote Payan (Final Whistle)

»Soote Payan« (Final Whistle) gewann auf dem 61. Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg den Hauptpreis der Jury: »Newcomer of the Year«. Die dreiköpfige internationale Jury, bestehend aus der Schauspielerin Karoline Eichbaum, der Chefin der finnischen Filmproduktionsförderung Kaisu Isto und dem argentinischen Produzenten Adrian Solar begründete ihre Entscheidung folgendermaßen:

»Der Hauptpreisträger zeigt uns in einem hervorragenden Porträt, wie unser eigenes Leben sich ändert, wenn wir den Versuch unternehmen, ein anderes Leben zu retten. Es ist ein mutiger Film, der deutlich macht, dass niemand glücklich oder befreit sein kann, wenn ein Leben verloren geht. Als ein verzweifelter Hilferuf nach Vergebung wird uns klar, dass uns die Suche nach Vergebung menschlicher macht, als die Suche nach Rache.« (Quelle: Filmfestival)

Szenenfoto aus Soote Payan (Final Whistle). Foto: Filmfestival