Im Gespräch mit Anja Berger: „Meine Figuren sind Marionetten“

Anja Berger

Die Baslerin Anja Berger landete mit dem Roman „Unscheinbar“ 2013 einen E-Book-Bestseller, möchte nun den Printmarkt erobern und hört nur Cooles über Berlin. Für BERGLINK traf sich Urs Heinz Aerni mit ihr zum Gespräch.

Aerni: Ihr Roman „Unscheinbar“ entführt zum Teil in die Welt der Sagen. Wie kommt eine junge Autorin dazu?

Berger: Eigentlich entwickelte sich die Idee aus dem vorherigen Buch „Wenn die Wahrheit nicht ruht“. Das Buch spielt in Grächen im Schweizer Kanton Wallis und hätte eigentlich Elemente des dortigen Sagenweges aufgreifen sollen. Die Geschichte entwickelte sich dann aber ganz anders. Doch die Idee, mit alten Schweizer Sagen, wovon das Land der Sagen ja unzählige hat, zu arbeiten, blieb. Mit „Unscheinbar“ bekamen sie dann den nötigen Rahmen.

Aerni: Der Todesfall Ihres Vaters löste bei Ihnen das Schreiben aus. Ist für Sie das Formulieren eine Art Ventil, die Ereignisse in der Welt zu verarbeiten? Die Welt besser zu verstehen?

Berger: Auf jeden Fall. So ergibt es sich manchmal, dass sich durch das Einarbeiten von Diskussionen und Meinungen, mein Blickwinkel auf Dinge und Aussagen verschiebt, sich meine Ansicht verändert. Außerdem sind die Figuren meine Marionetten. Auf sie kann ich Einfluss nehmen, wie ich ihn auf die Welt da draußen meist nicht habe oder zumindest nicht derart ausgeprägt. Ich kann mich an ihnen austoben, ohne jemandem etwas anzutun – es sei denn, man empfindet das Lesen meiner Bücher als Qual.

Aerni: Ihr Roman spannt den Bogen zwischen Thriller und einer Liebesgeschichte. Was war der Auslöser? Die Liebe oder die Spannung?

Berger: Sowohl als auch. Ich persönlich mag Liebesgeschichten, in denen er toll aussieht, aber stur und verschwiegen ist, bis sie auftaucht. Eine Frau die verletzlich, aber dennoch taff und meist ebenso gutaussehend ist. Kitschig, aber ein Klischee, wie es nicht nur Konsalik, sondern auch Nora Roberts erfolgreich verwendet. Ich steh aber auch auf blutigen Mord und Totschlag, manchmal gepaart mit krachender Action. Warum also die beiden Themen nicht zusammenführen?

Aerni: Schreiben Sie – unter uns – um die Wette mit bekannten Autorinnen und Autoren?

Berger: Ich schätze, nacheifern wäre der passendere Ausdruck. Wettbewerb ist gleichbedeutend mit Konkurrenzverhalten. Um mich allerdings mit dem Who is Who messen zu können, müsste ich wohl auf deren Stufe stehen. Hierfür reichen meine Absatzzahlen und der Absatzmarkt aber bei weitem nicht aus.
Aber der Traum vielleicht einmal bei den ganz Berühmten mitzumischen bleibt dennoch.

Aerni: Kompliment, Ihr Buch landete auf der Bestsellerliste der E-Books auf amazon.de; wann darf man mit Ihrem vierten Roman in einem großen Verlag rechnen?

Berger: Danke. Es gibt davon auch Printausgaben, diesen Markt gilt es aber noch zu erobern. Nun, am vierten Roman arbeite ich derzeit noch und die Verlagssuche läuft demnächst an. Je nachdem, wie geschickt sich mein Agent anstellt, erscheint das Buch dann früher oder eben später bei einem Verlag.

Aerni: Schreiben Sie als Baslerin auch bewusst für den Deutschen Markt, für die Deutschen Leserinnen und Leser?

Berger: Klar, ich will sie alle! Nur scheint mir, schrieb ich nicht bewusst genug für den Deutschen Markt, wie mich einige Kommentare Deutscher Leser lehrten. Sie störten sich nämlich wirklich extrem ab dem Fehlen des ß in meinen Büchern. Was ich anfangs ehrlich gesagt nicht ganz ernst nahm, haben wir Schweizer dieser Regel doch seit geraumer Zeit nicht mehr, stellte sich als echtes Bedürfnis heraus. Ich wer’s mir merken!

Aerni: Was bräuchte es, damit Sie auch mal in Prenzlauer Berg eine Lesung geben?

Berger: Eine Einladung und ein Hotelzimmer!

Aerni: Was könnten Basler von Berlin lernen?

Berger: Gelassenheit und vielleicht ein wenig Bescheidenheit. Zugegeben, ich war noch nie in Berlin. Aber was ich von der Stadt hörte, setzte sie ganz oben auf meine „Zu-Besuchen-Liste“. Die Menschen dort scheinen jedenfalls trotz, oder gerade wegen, der stummen Zeugen der denkwürdigen Stadtgeschichte freundlich, umgänglich und ziemlich cool zu sein.

Info: Das Interview führten wir damals beim ersten Krimi "Unscheinbar". Inzwischen sind weitere Titel von ihr im Knaur Verlag erschienen: "Die Farben des Bösen" und "Spieglein, Spieglein".