Jürgen Vogel ist »Der weiße Äthiopier«

Der Schauspieler Jürgen Vogel spielt die Hauptrolle im Film »Der Äthiopier«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Ein Rührstück aus dem Gerichtssaal. Der Film »Der weiße Äthiopier« beginnt mit einem archaischen Polizeieinsatz: Ein Bankräuber wird festgenommen. Wenige Meter entfernt von der Bank, die er gerade mit seiner Spielzeugpistole überfallen hat. Und er leistet keinerlei Widerstand, noch versucht er wegzulaufen. Es handelt sich um Frank Michalka (gespielt von Jürgen Vogel), der gerade Freigang aus dem Gefängnis hat, wo er eine fünfjährige Haftstrafe wegen Bankraubs absitzt. Er redet nicht, weder mit seinen Mithäftlingen noch mit der Polizei oder seinen Verteidigern. Er ist völlig unfähig zu kommunizieren. Sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für seinen Pflichtverteidiger Dr. Christoph Weilandt (Thomas Thieme) ist die Sache klar: Wiederholungstäter. Dem ist nicht zu helfen. Da ist jeder Aufwand, der in seine Verteidigung investiert wird, nutzlos – zumal es bei anderen Kunden des Herrn Anwalts um lukrative Millionendeals geht.

Einzig die junge Referendarin Sophie Kleinschmidt (Paula Kalenberg) hängt sich voll in den Fall rein. Und es gelingt ihr, Michalka zum Reden zu bringen: Allein in seiner Zelle mit einem Aufzeichnungsgerät. Und seine Aussage ändert alles, sowohl für die Verteidiger als auch für die Richterin und die Schöffen, die schließlich sogar für seinen Heimflug nach Äthiopien sammeln, wo er inzwischen eine Familie hat und glücklich ist. Denn als er sein Leben in Deutschland, das eine einzige Serie von Demütigungen war (wie der Film in eindrucksvollen Bildern zeigt) nicht mehr ausgehalten hat, ist er mit der Beute aus dem ersten Bankraub aufs Geratewohl davongelaufen und in Äthiopien gelandet, wo es ihm gelungen ist, ein neues, glückliches Leben aufzubauen – bis ihn die deutsche Bürokratie wieder eingeholt und zurück nach Deutschland ins Gefängnis gebracht hat.

Von der Kurzgeschichte zum Spielfilm

Der Film, der derzeit auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen gezeigt wird, wurde nach der Kurzgeschichte »Der Äthiopier« von Ferdinand von Schirach gedreht, die in dem 2010 erschienenen Kurzgeschichtenband »Verbrechen« enthalten ist, und basiert auf einem realen Fall aus der der Praxis des Strafverteidigers von Schirach. Sechs weiter Geschichten aus diesem Band wurden übrigens ebenfalls verfilmt und waren als TV-Serie bereits im ZDF zu sehen.

In »Der Äthiopier« kontrastiert Regisseur Tim Trageser die für Frank Michalka kalte und grausame Welt in Deutschland mit der warmherzigen und mitfühlenden Dorfgemeinschaft in Äthiopien, was nicht zuletzt in den Farben des Films zum Ausdruck kommt. Denn das Leben in Äthiopien wird immer wieder in die Gerichtsverhandlung eingeflochten, wenn die Referendarin (Michalka ist weiterhin unfähig zu reden) die Geschichte erzählt, die Frank Michalka in Äthiopien erlebt hat. Und dazu gehört auch, dass er die Beute aus dem Bankraub für die Gemeinschaft verwendet und damit praktische Entwicklungshilfe geleistet hat. Dem ganzen Dorf geht es heute deutlich besser als vor der Ankunft von Michalka.

Eine Welt wie im Märchen

Der Film lebt von der völlig offenen Art der Menschen in Äthiopien, mit anderen Menschen auf gleicher Augenhöhe umzugehen auch – wenn sie aus einem völlig anderen Kulturkreis stammen. Und dass das nicht nur in dem Film so ist, bestätigten Regisseur Tim Trageser und Schauspieler Jürgen Vogel, die zur Vorstellung von »Der Äthiopier« auf die Parkinsel nach Ludwigshafen gekommen waren, im anschließenden Filmgespräch. Mehre Wochen drehten sie in Äthiopien mit einem äthiopischen Team und lernten dort die Menschen recht gut kennen. Besonders schön sei das gemeinsame Essen zusammen mit dem gesamten Team und allen Komparsen gewesen, bestätigte Jürgen Vogel, der auch eindrucksvoll schilderte, dass es in Äthiopien durchaus üblich ist, sich gegenseitig zu füttern, wie es auch in dem Film gezeigt wird. Allerdings sei Vorsicht geboten, denn die Speisen sind zuweilen höllisch scharf.

Auch freuten sie sich, dass die Hütten, die eigens für den Film aufgebaut worden waren, nach Abschluss der Dreharbeiten von den Bewohnern gerne angenommen wurden und inzwischen alle bewohnt seien.

Schauspieler Jürgen Vogel mit Regisseur Tim Trageser, Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Jürgen Vogel macht Selfies mit seinen Fans beim Festival des Deutschen Films. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Filmgespräch mit Julia Teichmann (Moderatorin), Tim Trageser und Jürgen Vogel. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Tim Trageser und Jürgen Vogel berichten von den Dreharbeiten zu »Der Äthiopier«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz