Ein melancholischer Gangsterboss: Helium

Regisseur Eché Janga stellte auf dem Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg seinen Film »Helium« vor. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Einen melancholischen Gangsterboss zeigt der niederländische Regisseur Eché Janga in seinem Film Helium, der auf dem internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg im internationalen Wettbewerb gezeigt wird.

Ein verdichteter Gangsterfilm

Es handelt sich um einen Gangsterfilm, der die Atmosphäre dieses Genres verdichtet und dabei auf alles Unnötige verzichtet, wie z.B. die Handlung, meinte Festivaldirektor Dr. Michael Kötz zur Einführung des Films. Ganz so ist es freilich nicht: Zu Beginn des Films verlässt der 52-jährige Gangsterboss Frans Weeling (gespielt von Hans Dagelet) Amsterdam und versteckt sich zusammen mit zwei seiner Getreuen, John und Elias, auf der Insel Texel in einem weitgehend verlassenen Bungalowpark. Denn es gibt Ärger mit den Nicaraguanern, die ins Geschäft drängen. Und bis diese Auseinandersetzungen geklärt sind, will sich Frans lieber aus der Schussline zurückziehen.

Gespenstischen Atmosphäre

Viel zu tun gibt es auf der im Winter menschenleeren Nordseeinsel allerdings nicht: Fernsehen, Schwimmbad, Sauna und Spaziergänge durch die Dünen. Und so findet sich Frans in einer gespenstischen Atmosphäre wieder, in der Lethargie um sich greift, in der ihm die Fähigkeit abhanden kommt, beherzt durchzugreifen und in der er beginnt, über sein Leben nachzudenken. Geschaffen wird diese atmosphärische Dichte insbesondere durch die großartigen Bilder von Kameramann Tibor Dingelstad (besonders beeindruckend: der nächtliche Regen) und natürlich die Tatsache, dass in dem Film nicht viel gesprochen wird. Die Kommunikation zwischen Frans, John und Elias beschränkt sich auf das Allernötigste. Auch wie die Geschäfte in der Hauptstadt laufen, erfährt Frans nur über extrem kurze Telefonate. Der Film würde wahrscheinlich auch als Stummfilm gut funktionieren.

Als dann die Einigung mit den Nicaraguanern da ist, kehren die drei nach Amsterdam zurück, was aber an der bedrückten Stimmungslage des Films nicht viel ändert: Denn die Nicaraguaner werden umgelegt und nun versuchen die Marokkaner das Geschäft zu übernehmen. So hält sich Frans, der mehr und mehr die Kontrolle über seine kriminellen Geschäfte verliert, weiterhin im Hintergrund und kümmert sich hauptsächlich um die Maus, die in seiner neuen Wohnung eingezogen sind, besucht Freunde, seine Frau und seinen Sohn und versucht, sich darüber klar zu werden in welche Richtung sein künftiges Leben gehen sollte. Fans wird gewahr, dass er sich in einer grundlegenden Lebenskrise befindet und dass ihm Geld und Macht plötzlich nichts mehr bedeuten. So ist er auch nicht in der Lage zu reagieren, als seine Weggenossen einer nach dem anderen aus dem Weg geräumt werden, bis schließlich auch die Maus von der Katze erlegt wird …

Spannende Langeweile

Obwohl in dem Film nicht viel passiert wird durch die scheinbar langweiligen und doch außergewöhnlichen Einstellungen (Straßen, die öde, winterliche Landschaften, Gesichter und nicht zuletzt der Leuchtturm, der doch nicht in der Lage ist, eine Richtung vorzugeben) eine faszinierende Spannung erzeugt, bei der sich der Zuschauer fragt, worauf das alles hinauslaufen wird …

Im anschließenden Filmgespräch verriet Regisseur Eché Janga, der den Philosophen Spinoza sehr verehrt, dass es ihm bei diesem Film vor allem um den Sinn des Lebens ging. Das Genre des Gangsterfilms wählte er vor allem deshalb, weil der Gangster in seinem Handlungsspielraum grundsätzlich viel freier ist als andere Menschen, die sich an Gesetze halten müssen. Doch grundsätzlich könnte dieser Film auch von einem Metzger handeln, was für den Zuschauer freilich nicht so spannend gewesen wäre.

Ein großartiger Film über die unausgesprochenen Innenansichten eines alternden Mannes, der unversehens in eine Lebenskrise gerät.

Weitere Informationen zum Filmfest unter: internationales Filmfestival Mannheim Heidelberg

Frans Weeling (Hans Dagelet) denkt über sein Leben nach. Foto: © Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg