Sieben Fragen an Andreas Gruber

Das Foto zeigt Andreas Gruber. © fotowerk aichner.

Andreas Gruber studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien. Der Autor lebt mit seiner Familie in Grillenberg südlich von Wien. Er gibt auch Schreibkurse und publiziert über den kreativen Prozess des Schreibens.

Seine Bücher wurden unter anderen dreimal mit dem Vincent Preis und dreimal mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Andreas Gruber ist 2016 für den Leo-Perutz-Krimi-Preis der Stadt Wien nominiert.
Der Wiener Versicherungsdetektiv Peter Hogart ermittelt in den beiden Romanen Die Schwarze Dame und Die Engelsmühle, und der Leipziger Ermittler Walter Pulaski in Rachesommer und Racheherbst. Zuletzt erschienen die Romane um den niederländischen Profiler Maarten S. Sneijder Todesfrist, Todesurteil und Todesmärchen.

Für Kriminetz beantwortete Andreas Gruber sieben Fragen.

Kriminetz: Du schreibst Krimis und Thriller, deine literarischen Wurzeln liegen im Genre Horror. Würdest du dich selbst als „netten Mann von nebenan“ bezeichnen?

Andreas Gruber: Natürlich bin ich das, auch wenn ich Horrorfilme schaue, Romane von Tim Curran lese und Heavy Metal höre. Abgesehen davon ist mein Leben ganz normal und unspektakulär. Meine Frau und ich spielen mit unseren Nachbarn regelmäßig zu sechst Karten-Poker, Texas Hold’em mit einem Einsatz von zwei Euro. Meistens verliere ich, aber bis jetzt ist dabei noch niemand erschossen worden. Wenn ich mit dem Notebook im Wintergarten sitze und schreibe, winke ich den Wanderern zu, die in unserer Sackgasse vorbeimarschieren, die in einen Forstweg mündet, der in die Berge führt – bis jetzt kam noch jeder lebend zurück. Außerdem haben wir fünf Katzen – und Katzenhalter sind sowieso keine bösen Menschen. Hin und wieder verschwinden halt Hunde in unserer Gegend …

Kriminetz: Hat dir, als du ein Kind warst, jemand Märchen vorgelesen?

Andreas Gruber: Nein, die habe ich selbst gelesen. Zuerst von den Gebrüdern Grimm, danach die Alpen- und Donausagen und später die Erzählungen von Tausend und eine Nacht und die Nibelungen und Griechischen Göttersagen. Von da war es dann nicht mehr weit zu den Romanen von Stephen King. „Brennen muss Salem“ war mein erster richtiger Roman, und der hat mich ziemlich gepackt.

Kriminetz: Dein aktueller Thriller heißt „Todesmärchen“. Magst du etwas vom Inhalt verraten?

Andreas Gruber: Das ist der dritte Fall des kiffenden, Bücher klauenden, zynischen niederländischen Profilers Maarten S. Sneijder, der an der Akademie des deutschen Bundeskriminalamts in Wiesbaden den Nachwuchs unter seine Fittiche nimmt. Seine beste Schülerin war – obwohl er das nie zugeben würde – die Münchner Kripoermittlerin Sabine Nemez. Nun hat Sabine fertig studiert und arbeitet mit Sneijder im Team. Was, dieser Kotzbrocken und dieses menschenverachtende A***loch arbeitet im Team? Ja, er wird dazu gezwungen. Und gemeinsam bekommen sie es mit Piet van Loon zu tun, der seit fünf Jahren im Hochsicherheitstrakt für geistig abnorme Rechtsbrecher auf der Insel Ostheversand im Knast sitzt. Denn in Bern, Rotterdam, Regensburg und Wien passieren schreckliche Morde, die sehr an Piet van Loons alte Mordreihe erinnern, und er wird zur Schlüsselfigur bei den Ermittlungen.
Kriminetz: Dein Ermittler Maarten S. Sneijder ist polizeilicher Fallanalytiker beim BKA, wie du grade erklärt hast. Warst du mal in Wiesbaden zur Recherche?
Andreas Gruber: Eine Woche lang, und zwar bevor ich Band 2 der Sneijder-Reihe „Todesurteil“ geschrieben habe. Da studiert Sabine Nemez an der Akademie, und Sneijder nimmt mit seinen Studenten ungelöste Mordfälle durch. Dabei entdeckt Sabine einen Zusammenhang zwischen einigen ungelösten Fällen, und so kommt die Handlung in Gang. In Wiesbaden durfte ich mir die verschiedenen Locations des BKA ansehen, das Hauptgebäude, die Akademie und durfte mit vielen Ermittlern sprechen. Da habe ich Stoff für viele weitere Romane mit nach Hause genommen.

Kriminetz: Arbeitest du mit einer Literaturagentur zusammen? Und falls ja, worin liegen die Vorteile?

Andreas Gruber: Seit 2007 werde ich von der Münchner Agentur AVA von Roman Hocke vertreten, wo auch Wulf Dorn, Veit Etzold, Ursula Poznanski und Sebastian Fitzek unter Vertrag sind. Der Vorteil liegt einfach darin, dass die Agentur und ich den Exposé-Stoff gemeinsam erarbeiten, besser mit den Verlagen verhandeln können und es auch Deals für Übersetzungen mit dem Ausland gibt. Das und den dazugehörigen bürokratischen Aufwand könnte und wollte ich auch gar nicht allein stemmen.
Von Autorenkollegen höre ich zwar oft den Satz „Ich brauche keine Agentur, das mache ich alles allein, außerdem müsste ich denen 15 oder 20 Prozent von den Einnahmen zahlen.“
Aber da sage ich nur, eine gute Agentur ist dieses Geld allemal wert. Außerdem investiere ich die dadurch für mich gewonnene Zeit in meine Schreibarbeit – und das ist mir das Wichtigste.

Kriminetz: Beim Lese-Flashmob des Syndikats bei der Criminale in Marburg durfte ich mich – neben dir stehend – von deiner Stimmgewalt überzeugen. Es entstand der Eindruck, aufzutreten mache dir viel Spaß. Stimmt das – machst du gerne Lesungen?

Andreas Gruber: Ja, ich halte wahnsinnig gern Lesungen. Erstens komme ich in Kontakt mit den Lesern, was mir wichtig ist, und zweitens lerne ich dadurch neue Städte kennen, die ich als Locations in die Handlung einbaue – denn Sneijder & Nemez müssen als BKA-Ermittler viel reisen. Langweilig wird mir bei den Lesungen selbst nie, denn ich lese dabei nicht 70 Minuten lang immer wieder denselben Text. Vielmehr erzähle ich über meine Bücher. Ich lese nur etwa ein Viertel der Zeit, den Rest plaudere ich über die Entstehungsgeschichte der Romane, über die Zusammenarbeit mit dem Verlag und erzähle Anekdoten über die Recherchen. Danach folgen Gespräche mit dem Publikum und Signieren der Bücher.

Kriminetz: Was war deine „verrückteste“ Lesung?

Andreas Gruber: In einer Wiener Sternwarte habe ich auf einem brüchigen Holzstuhl unter dem Fernrohr gesessen, der während der Lesung den Geist aufgegeben hat. Im großen Saal des Salzburger Literaturhauses auf der Bühne mit Mikrofon vor einer einzigen Person war auch ziemlich merkwürdig. Tja, und dann noch die Weihnachtslesung in Berndorf, bei der ich mit den Musikern mit roter Zipfelmütze anschließend auf der Bühne gerockt habe. Das war das erste Mal, dass die Zuhörer lautstark „Zugabe“ gebrüllt haben. Die verrückteste Lesung wird aber vermutlich am 26. Oktober 2016 in Herzogenrath sein, wo ich einen Krimipreis erhalte, nämlich die Herzogenrather Handschelle, denn da werde ich mit Handschellen auf der Bühne lesen.

Kriminetz: Vielen Dank, Andreas Gruber, für die Beantwortung der sieben Fragen!

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Andreas Gruber mit KollegInnen beim Lese-Flashmob des Syndikats bei der Criminale in Marburg 2016. Links neben ihm: Kriminetzredakteurin & Syndikatskollegin Claudia Schmid (siehe vorletzte Frage). Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz