Sieben Fragen an Barbara Saladin

Das Foto zeigt Barbara Saladin. Foto: © Yves Binet

Die Autorin, Journalistin und Redakteurin Barbara Saladin lebt in der Nähe von Basel in der Nordwestschweiz. Sie hat mehrere Kriminalromane und zahlreiche Kurzgeschichten und Kurzkrimis veröffentlicht. Zudem schrieb sie ein Sachbuch und ein Drehbuch und war Projektleiterin eines Schweizer Kinofilms sowie Mitautorin eines Satirestücks, das in Basel im April uraufgeführt wurde.

Im Jahr 2008 lernte Barbara Saladin durch das Krimi-Stipendium Tatort Töwerland, das mit einem Schreibaufenthalt auf der deutschen Nordseeinsel Juist verbunden ist, die Ostfriesischen Inseln kennen, wohin sie seither immer wieder zurückkehrt und wo auch mehrere ihrer Bücher spielen.

Während der Criminale 2013 in Bern wurde sie in das Sprecherteam der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur, das SYNDIKAT, gewählt.

Für Kriminetz beantwortete Barbara Saladin sieben Fragen.

Kriminetz: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl als Sprecherin des SYNDIKATS. Weshalb hast du dich zur Wahl gestellt?

Barbara Saladin:
Der Austausch mit Autorenkolleginnen und –kollegen ist mir sehr wichtig. Es gibt viele Themen in unserem Beruf, bei denen wir nur gemeinsam unsere Position stärken können. Ein aktuelles Beispiel ist die Debatte rund ums Urheberrecht. Gerade weil Schreiben ein eher einsames Handwerk ist, ist es wichtig, dass man sich organisiert, vernetzt und austauscht. Und zudem ist es auch immer eine Freude, an Criminalen andere Autoren zu treffen, mit ihnen zu fachsimpeln, neue Projekte anzureissen oder auch einfach nur gemeinsam zu feiern. Zur Wahl habe ich mich gestellt, weil mir das Syndikat in den paar Jahren meiner Mitgliedschaft sehr viel gebracht und viele Türen geöffnet hat. Ohne das Syndikat und gewisse seiner Mitglieder wäre ich nie dorthin gekommen, wo ich jetzt stehe, und darum gebe ich gerne auch etwas zurück. Als Schweizerin und U40 vertrete ich zudem zwei Minderheiten unter den Krimischriftstellern, und Minderheiten zu vertreten ist nie schlecht.

Kriminetz: Macht es einen Unterschied, in der Schweiz oder in Deutschland zu leben und deutschsprachige Krimis zu schreiben?

Barbara Saladin: Vieles ist gleich, aber ein paar Unterschiede gibt es schon: Das Hoch des Regiokrimi, das Deutschland erlebt und das vielen meiner deutschen Kollegen volle Lese-Agenden beschert, steckt in der Schweiz eher noch in den Kinderschuhen. In welchem Land ich als Autorin lebe ist allerdings weniger entscheidend als die Frage, in welchem Land mein Verlag lebt. Die Auflagen der meisten Schweizer Verlage sind viel kleiner als die der deutschen, was aber angesichts des potentiellen Publikums auch nicht weiter verwunderlich ist: In der Schweiz leben vier Millionen deutschsprachige Menschen, in Deutschland sind es über zwanzig Mal mehr.

Kriminetz: Im Jahr 2009 wurdest du im Rahmen einer Tourismusmarketing-Aktion zur „Botschafterin der Ostfriesischen Inseln in der Schweiz“ gewählt. Was fasziniert dich an dieser Gegend?

Barbara Saladin: Das Meer. Das Watt. Die Weite. Auf den Ostfriesischen Inseln habe ich quasi den geographischen Gegenpol meiner Schweizer Heimat – deren Landschaft ich ebenfalls sehr liebe – gefunden. Mittlerweile ist es ein kleines Nachhausekommen, wenn ich wieder auf den Inseln bin, und es haben sich über die Jahre gute Freundschaften gebildet. Ebenfalls fasziniert mich die Art, wie die Menschen dort mit der Natur leben, die einen unmittelbareren Einfluss auf den Alltag hat und dadurch präsenter ist als an vielen anderen Orten Mitteleuropas. Meer und Wetter bestimmen das Leben, und die Gezeiten diktieren den Rhythmus, da kommst du nicht dagegen an, egal was du tust. Dies führt zu einer Abgeklärtheit und Gelassenheit bei den Bewohnern, die ich als sehr angenehm empfinde. Auf den Inseln habe ich zudem den nötigen Abstand von meiner journalistischen Arbeit und anderen Projekten. Das ist gut für Inspiration und Konzentration.

Kriminetz: Du bist Redakteurin bei einer Nordwestschweizer Lokalzeitung. Hast du auch dort mit Mord und Totschlag zu tun?

Barbara Saladin: Sehr selten. Die jährlichen Tötungsdelikte im Verbreitungsgebiet „meiner“ Zeitung lassen sich an einer Hand abzählen, und Serienmörder hatten wir bis jetzt auch noch keine bei uns. Natürlich ist die Kriminalität nicht gleich null, und hin und wieder gibt es etwas darüber zu berichten, aber normalerweise schlage ich mich mit anderen gesellschaftlichen Themen, Politik oder Kultur herum – und habe so immer wieder mit spannenden Menschen und Dingen zu tun, die ich sonst nie getroffen hätte und die sich durchaus versatzstückweise literarisch-kriminalistisch verbraten lassen.

Kriminetz: Hat der Tag deiner Geburt (Freitag, der dreizehnte) dich bei deiner späteren Entscheidung für das Genre Krimi beeinflusst?

Barbara Saladin: Nein, das ist bloss ein hübscher Zufall. Ich bin nicht abergläubisch – mit einem solchen Geburtsdatum wäre das auch wenig förderlich fürs Leben. Dass ich Krimis schreibe, war sowieso nicht eine bewusste Entscheidung, ebenso wie ich nicht bereits als Kind beschlossen habe, Schriftstellerin zu werden. Ich habe zwar immer schon geschrieben, aber lange Zeit wollte ich Bäuerin oder Tierforscherin werden. Bei der Ausbildung wählte ich den Weg des geringsten Widerstands und wurde Sekretärin, obwohl ich schon immer wusste, dass ich nicht in einem Büro arbeiten und mir diktieren lassen will, was ich zu schreiben habe. Davon kam ich mittlerweile glücklicherweise los und konnte als Teilzeitangestellte in den Journalismus quer einsteigen. Von meiner kaufmännischen Ausbildung kann ich heute noch in einer Sache profitieren: ich beherrsche das Zehnfingersystem. Das Genre Krimi hat sich dadurch ergeben, dass ich gerne spannungsvolle Bücher lese, und deshalb war es nur logisch, dass ich auch spannungsvolle Bücher schreibe.

Kriminetz: Du hast auch einen Reiseführer mit Insulanerporträts über Baltrum verfasst. Wo verbringst du deine Urlaube am liebsten?

Barbara Saladin: Die Urlaube im klassischen Sinn sind bei mir dünn gesät. Meistens haben meine Reisen irgendwas mit einem neuen Projekt oder Lesungen zu tun. Natürlich fahre ich oft an die Nordsee – und dort vor allem nach Juist und Baltrum. Den ersten Urlaub seit Langem, den ich einfach des Urlaubs wegen machte und weder zum Recherchieren noch zum Schreiben brauchte, waren drei Wochen Island im vergangenen Jahr. Diese Landschaft bietet sich zwar ebenfalls an, Krimis zu schreiben, aber es gibt genug isländische Krimiautoren, die ihr Metier durchaus beherrschen und ihr Land natürlich besser kennen als ich.

Kriminetz: Woran arbeitest du aktuell?

Barbara Saladin: Momentan schwebe ich, was einen Roman angeht, etwas im luftleeren Raum: Vor einem halben Jahr habe ich ein Taschenbuch mit Tiergeschichten – also keine Krimis! – fertig geschrieben, das im April bei Rowohlt herausgekommen ist („Die Möwenhochzeit und andere tierische Inselgeschichten“). Im vergangenen Jahr habe ich als Jurymitglied beim Friedrich-Glauser-Preis unzählige Krimis von Kolleginnen und Kollegen gelesen und in der Soko Bern mitgeholfen, die diesjährige Criminale zu organisieren. Dazu kamen mein erstes Satirestück für die Bühne, an dem ich mitarbeitete, und einige kleinere Dinge. Deswegen hatte ich bis vor kurzem wenig Kapazität, mir Gedanken über ein neues längeres Projekt zu machen. Nun aber stehen „nur“ noch eine Handvoll Kurzkrimis für Anthologien an, und ich bin motiviert, wieder mit etwas Grösserem loszulegen. Allerdings bin ich erst in der Konzeptions- und Verhandlungsphase – etwas Spruchreifes gibt es noch nicht.

Vielen Dank, Barbara Saladin, für die Beantwortung der Fragen.

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