Sieben Fragen an Edith Kneifl

Die österreichische Schriftstellerin Edith Kneifl wird bei der Criminale im Mai 2018 mit dem Ehrenglauser ausgezeichnet. Foto: © Marlene Mautner

Edith Kneifl, Dr. phil., lebt und arbeitet als Psychoanalytikerin und freie Schriftstellerin in Wien. Als erster Frau wurde ihr 1992 der Friedrich-Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des Jahres zuerkannt. Ihre Romane wurden in mehrere Sprachen übersetzt, zuletzt: »Mattinata Triestina«, edition Aracne, Rom 2011.

Die Verfilmung ihres Romans »Ende der Vorstellung« (Filmtitel: »Taxi für eine Leiche«, Regie: Wolfgang Murnberger) wurde als bester Fernsehfilm des Jahres mit der ROMY 2003 ausgezeichnet. Hörbuch: »Der Tod ist eine Wienerin«, gelesen von Monika Bleibtreu, HörbuchHamburg, 2007.

2018: Ehrenglauser für ihr literarisches Schaffen im Bereich Kriminalliteratur sowie für ihr Engagement für die deutschsprachige Kriminalliteratur.

Veröffentlichungen: 22 Kriminalromane und ca. 70 Kurzgeschichten; Herausgeberin der Wien-Anthologien beim Falter Verlag, Wien, zuletzt: „Tatort Hauptstadt“, 2017.

Jüngste Romane: »Endstation Donau« (2014), „Totentanz im Stephansdom“ (2015), „ Tot bist du mir lieber“ (2016), „Der Tod liebt die Oper“ (2017), „Der Tod ist ein Wiener“ (März 2018), alle erschienen im Haymon Verlag, Innsbruck.

Für Kriminetz beantwortete Edith Kneifl sieben Fragen.

Kriminetz: Sie werden bei der Criminale des Syndikats im Mai 2018 mit dem Ehrenglauser für Ihr literarisches Schaffen im Bereich Kriminalliteratur sowie für Ihr Engagement für den deutschsprachigen Kriminalroman ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Edith Kneifl: Vor etwa einem Jahr sagte ich zu Wiener Freunden, dass der einzige Preis den ich gerne noch bekommen würde, der Ehrenglauser sei, dass ich aber befürchte, diesen höchstens posthum verliehen zu bekommen. Sie können sich daher sicher vorstellen, dass ich zu Tränen gerührt war und es kaum glauben konnte, als mir Jürgen Kehrer, der Sprecher der Jury, diese wunderschöne Nachricht telefonisch mitteilte.

Übrigens bin ich, glaube ich, schon wieder die erste österreichische KriminalschriftstellerIn, die diesen renommierten Preis verliehen bekommt. Allerdings nicht die erste Frau im deutschen Sprachraum.

Kriminetz: Sie haben schon im Jahre 1992 den Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des Jahres erhalten. Sie waren damit die erste Autorin, die diesen Preis erhielt. Was hat diese Auszeichnung damals für Sie verändert?

Edith Kneifl: Der Friedrich-Glauser-Preis hat mir nicht nur zu großen Verlagen für meine nächsten Kriminalromane verholfen, sondern auch meinem Selbstvertrauen sehr gut getan. Wie viele Schriftsteller und Schriftstellerinnen war ich am Anfang meiner Karriere ziemlich unsicher. Außerdem freute ich mich sehr, dass ein Kriminalroman in dem es um eine Liebesbeziehung zwischen Frauen geht und in dem ein 18 Seiten langer innerer Monolog vorkommt (beides damals höchst ungewöhnlich für einen Krimi) mit diesem Preis ausgezeichnet wurde.

Kriminetz: Der Titel Ihres neuen Kriminalromans, der im März erscheinen wird, lautet „Der Tod ist ein Wiener“. Das klingt, mit Verlaub, a bisserl nach Wiener Schmäh. Wie halten Sie es selbst damit?

Edith Kneifl: Vor allem in meinen Kriminalromanen mit dem Schauplatz Wien spielt der Schmäh immer eine wichtige Rolle. Zu Wien gehört für mich eben eine Portion schwarzer Humor. Im neuen Roman „Der Tod ist ein Wiener“ (frei zitiert nach dem großen österreichischen Komponisten, Sänger und Dichter Georg Kreisler „Der Tod, das muss ein Wiener sein…“) bleibt einem allerdings manchmal das Lachen im Hals stecken.

Kriminetz: Wollen Sie verraten, worum es in „Der Tod ist ein Wiener“ geht?

Edith Kneifl: Vereinfacht gesagt, wie immer um Liebe, Gier, Neid, Eifersucht und tödliche Rache. Wichtig war mir dieses Mal, die schrecklichen Zustände in der österreichischen Psychiatrie von der Nazizeit bis in die späten 1970er Jahre zu beschreiben.

Auch die Kunst und Architektur der Jahrhundertwende, Egon Schiele, Gustav Klimt und der große Architekt der Moderne, Otto-Wagner, spielen eine gewisse Rolle. In diesem Roman vereint sich also mein Interesse an Wien um 1900 (siehe meine historischen Wien-Krimis) mit meiner langjährigen Arbeit mit psychisch kranken Menschen.

Adeles große Liebe, eine russische Malerin, landete in den 1970er Jahren in der Psychiatrie am Steinhof. Sie wurde dort vergewaltigt und brachte eine Tochter zur Welt, die sie gleich nach der Geburt zur Adoption freigab. 42 Jahre später beauftragt die mittlerweile todkranke alte Wiener Kunsthändlerin Adele meine Ermittlerin Magdalena Musil, die Tochter ihrer Freundin ausfindig zu machen, da sie dieser Frau ihre Villa im Wienerwald und all ihre Kunstwerke vermachen möchte. Adeles Verwandte wehren sich mit allen Mitteln gegen diesen Plan … Mehr wird nicht verraten!

Kriminetz: Sie haben neben Ihren Romanen sehr viele Kurzgeschichten veröffentlicht. Was schätzen Sie an der kurzen Form besonders?

Edith Kneifl: Ich habe immer wieder längere Zeit in den USA verbracht und dort meine Liebe zu den Kurzgeschichten von Margaret Atwood, Alice Munro, Ernest Hemingway u.v.a. entdeckt. Mittlerweile halte ich dieses Genre für eines der schwierigsten. Leider werden im deutschen Sprachraum Kurzgeschichten, laut Aussagen von Verlegern und Buchhändlern, weniger gern gelesen. Das hielt mich jedoch nicht davon ab, mittlerweile sechzehn Anthologien mit Kurzkrimis herausgegeben und mindestens 70 Kurzgeschichten geschrieben zu haben. In der Kurzgeschichte kann man tatsächlich sein „Können“ zeigen. Gelungene Charaktere, Spannung und Milieuschilderung auf ein paar Seiten unterzubringen, das ist schon große Kunst!

Kriminetz: Sie sind als Schriftstellerin und als Psychoanalytikerin tätig. Welcher Art sind die Überschneidungen in den beiden Berufen?

Edith Kneifl: „Kriminalschriftsteller sind die Psychoanalytiker der menschlichen Schattenseiten“, schrieb einst mein berühmter holländischer Kollege Janwillem van de Wetering. Ich kann dem nur zustimmen: Gute Kriminalschriftsteller und Kriminalschriftstellerinnen sollten auch gute Detektive der Seele sein. Nichts ist für mich als Leserin langweiliger als oberflächlich beschriebene Charaktere, an den Haaren herbeigezogene Motive und blödsinniges Gequatsche.

Kriminetz: Sie haben – neben den USA – auch einige Zeit in Griechenland gelebt. Konnten Sie für sich etwas aus dem griechischen Alltag nach Wien hinüber retten und bewahren?

Edith Kneifl: Ich hoffe, dass mich die Freundlichkeit und überaus großzügige Gastfreundschaft der Griechen in meinem Verhalten Freunden und Fremden gegenüber positiv beeinflusst haben. Da ich nach wie vor ein- bis dreimal im Jahr nach Griechenland reise, kann ich den Mut, die Kraft und den Erfindungsreichtum der Menschen, die ich dort kenne, nur bewundern. Angesichts solch einer verheerenden wirtschaftlichen Situation würde ich wahrscheinlich depressiv werden. Oder auch nicht? Denn vielleicht habe ich ja auch in dieser Hinsicht viel von den Griechen gelernt.

Kriminetz: Vielen Dank, Edith Kneifl, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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