Sieben Fragen an Gina Mayer

Das Foto zeigt Gina Mayer. Foto: © Larissa Schmid

Die Schriftstellerin Gina Mayer hat mit Alle Augen auf dich einen Thriller für junge Erwachsene bei „Script5“veröffentlicht. In dem Thriller wird die Hauptdarstellerin einer Filmserie entführt. Wie in der Serie, die im Internet gestreamt werden kann, wird Myriam Bellinger das Opfer einer Entführung. Aber nun ist es kein Film mehr, sondern bitterer Ernst. Per Crowdfunding soll das Lösegeld, immerhin 2 Millionen Euro, eingesammelt werden. Dem Macher der Serie, der ewig klamm ist, scheint das in die eigene Kasse zu spielen. Zu allem Überfluss leidet Myriam auch noch am Stockholm-Syndrom und verliebt sich in ihren Enführer.

Gina Mayer war einige Jahre Werbetexterin, sie ist diplomierte Grafik-Designerin. Für ihr schriftstellerisches Schaffen wurde sie mit dem Leipziger Lesekompass 2014 der Stiftung Lesen ausgezeichnet. Nominiert war sie für den Sir-Walter-Scott-Preis 2008, den rheinland-pfälzischen Jugendbuchpreis „Goldene Leslie“ 2011, die Segeberger Feder 2013, 2014 für den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis und den Hansjörg-Martin-Preis. Sie wurde mit dem Arbeitsstipendium Literatur der Stadt Düsseldorf gefördert.

Gina Mayer lebt mit ihrer Familie in Düsseldorf.

Für Kriminetz beantwortete Gina Mayer sieben Fragen.

Kriminetz: Ist es anders, für Jugendliche als für ein Publikum jenseits der Pubertät zu schreiben? Was muss man dabei beachten?

Gina Mayer: "Alle Augen auf dich" ist ja eigentlich gar kein Jugendthriller, das Programm von Script5 richtet sich an junge Erwachsene – und mein Roman auch.
Aber ich schreibe natürlich schon auch für Jugendliche und Kinder.
Je jünger die Zielgruppe ist, desto dichter muss die Handlung meiner Meinung nach sein. Kinder verlieren viel schneller die Geduld als Erwachsene – da muss mehr passieren. Erwachsene kann man auch mal zumuten, dass sie um drei oder vier Ecken denken müssen.

Kriminetz: In „Alle Augen auf dich“ wird die Fiktion zur Realität. Plötzlich ist die Serie Wirklichkeit, die Zuschauerzahlen schnellen dadurch enorm in die Höhe. Die Vermischung von Schein und Sein, ihre Austauschbarkeit, scheint einen ganz besonderen Reiz auszuüben?

Gina Mayer: Auf mich schon! In "Alle Augen auf dich" ist ja wirklich alles anders, als es scheint. Jeder macht jedem was vor und die meisten Charaktere betrügen nicht nur den Rest der Welt, sondern auch sich selbst.

Kriminetz: Auch in der Familie des Entführungsopfers spielen Schein und Sein eine existentielle Rolle. Es ist irgendwie so eine Art Albtraumfamilie, in welcher man wie in einer Diktatur lebt. Das Diktat unterwirft jedes Mitglied des sozialen Verbandes dem Schein, der nach außen hin erzeugt werden soll. Nicht grade eine „heile Familie“?

Gina Mayer: Der Vater der entführten Myriam ist ja Pfarrer, das hat einen erheblichen Einfluss auf das Familienleben. Herr und Frau Bellinger sind ganz versessen darauf, ihrer Umgebung, der Gemeinde und der Öffentlichkeit, eine perfektes Idylle vorzuspielen. Nichts von den Konflikten und Auseinandersetzungen zwischen den Familienmitgliedern darf nach außen gelangen. Das Ganze ist irgendwie auch nachvollziehbar. Ich selbst bin als Lehrertochter in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Meinen Eltern wären auch nicht begeistert gewesen, wenn wir Kinder unsere Familienangelegenheiten überall verbreitet hätten, man stand irgendwie immer unter Beobachtung. Bei den Bellingern nimmt das natürlich extreme Ausmaße an – so war es bei uns dann, Gott sei Dank, doch nicht.

Kriminetz: Haben Sie selbst Einblicke oder Kontakte ins Filmgeschäft?

Gina Mayer: Ich kenne ein paar Schauspieler und habe auch Kontakt zu einer Filmproduktion. Zum Glück war der Rechercheaufwand in dieser Hinsicht überschaubar: Die Firma Chameleon Productions, in der Myriam Bellinger arbeitet, ist ja eher eine kleine Klitsche als eine große Filmproduktion.

Kriminetz: Jo hat mit Drogengeschäften zu tun. Das bekommt ihm ganz und gar nicht. Geschuldete Pädagogik an das jugendliche Publikum?

Gina Mayer: Sehen Sie das so? Wie oben schon gesagt, hab ich das Buch ja nicht für Jugendliche geschrieben, sondern für Erwachsene. Und Pädagogik ist das letzte, woran ich beim Schreiben denke. Jo wird ja auch nicht die Dealerei zum Verhängnis, sondern die Trinkerei. Und die Tatsache, dass er die Pillen selber schluckt, anstatt sie zu verkaufen.

Kriminetz: Was macht Gina Mayer, wenn sie nicht schreibt?

Gina Mayer: Sie geht schwimmen oder joggen. Oder sie singt. Manchmal häkelt sie auch riesige bunte Decken oder Sofakissen. Und hin und wieder geht sie in ihren Garten und sieht sich das Unkraut an, dass da wuchert, und dann geht sie schnell wieder rein.

Kriminetz: Sie haben in Ihrer Jugend ein Jahr in Neapel verbracht. Was von dort hätten Sie ganz gerne in Düsseldorf?

Gina Mayer: Das Meer!

Vielen Dank, Gina Mayer, für die Beantwortung der Fragen.

Zur Website von Gina Mayer

Kriminetz-Redakteurin Claudia Schmid traf Gina Mayer am Stand ihres Verlages bei der Frankfurter Buchmesse. Foto: © Larissa Schmid, Kriminetz