Sieben Fragen an Gisa Klönne

Das Foto zeigt Gisa Klönne. Foto: © Felix Brüggemann

Die erfolgreichen Kriminalromane der Kölner Autorin Gisa Klönne wurden in einige europäische Sprachen übersetzt. Bisher erschienen von ihr: Der „Wald ist Schweigen“, “Unter dem Eis“, “Nacht ohne Schatten“, “Farben der Schuld“ und "Nichts als Erlösung". Gisa Klönne wurde mit Preisen geradezu überhäuft. Der Verein Pro Stadtbücherei Herzogenrath überreichte ihr die „Herzogenrather Handschelle 2011“ für ihren Krimi „Farben der Schuld“. Die Kriminalpolizei Bonn ernannte sie 2010 gar zur Ehrenkommissarin. Nachdem sie 2006 mit „Der Wald ist Schweigen“ in der Sparte „bestes Debüt“ und im Jahr 2008 mit „Spaghetti nach Hurenart“ in der Sparte „beste Kriminalkurzgeschichte“ für einen Friedrich-Glauser-Krimipreis nominiert war, erhielt sie ihn im Jahr darauf für „Nacht ohne Schatten“ in der Sparte „bester Kriminalroman“. Auch das Krimistipendium „Tatort Töwerland“ der Insel Juist bekam sie bereits. Beim Short-Story-Wettbewerb der Zeitschrift "Journal für die Frau“ gewann ihre Geschichte „Stehblues Revisted“.
Gisa Klönne engagiert sich in Netzwerken, sie war zwei Jahre lang Pressesprecherin des Krimi-Autorinnen-Netzwerks „Mörderische Schwestern“ und in den Jahren 2006 bis 2008 gemeinsam mit Jürgen Kehrer und Angela Eßer Sprecherin des Autorenverbands „Das Syndikat“, dem ungefähr 700 KrimiautorInnen angehören, die deutschsprachige Kriminalliteratur schreiben. Außerdem fungiert Gisa Klönne regelmäßig als Mentorin für jüngere Kolleginnen und leitetet Schreibseminare.

Für Kriminetz beantwortete Gisa Klönne sieben Fragen.

Kriminetz: Du lebst in der Medienstadt Köln. Ist die Nähe zu Verlagen und KollegInnen von Vorteil?

Gisa Klönne: Die regelmäßigen Treffen mit KollegInnen möchte ich auf keinen Fall missen. Und ein großes Angebot von Lesungen. Natürlich stehe ich auch mit vielen KollegInnen, die nicht in Köln leben, in Kontakt. Aber ein unproblematisches Treffen für einen Abend auf ein Glas Kölsch oder Wein – das ist hin und wieder sehr stärkend und inspirierend. Das Bücherschreiben ist ja sonst über lange Phasen ein einsamer Job.

Was die Verlage angeht, spielt der Standort Köln in meinem Fall zunächst einmal keine so große Rolle, da meine Verlage in Berlin und München ansässig sind. Dennoch ist es gut, dass es Dumont, Lübbe und Emons hier gibt, denn diese Häuser tragen zu Kölns kultureller Identität bei. Ganz früher habe ich mir das Schriftstellerleben immer als ein Idyll in einem einsamen Häuschen am Meer vorgestellt. Heute weiß ich, dass ich eine Stadt um mich herum brauche – zu der eben auch einige Buchverlage, Fernsehsender, Literaturfetstivals etc. gehören.

Kriminetz: Die Kriminalhauptkommissarin Judith Krieger wirkt sehr authentisch und lebendig. Steckt in ihr auch ein klein wenig von dir selbst?

Gisa Klönne: Aber sicher! So wie in all meinen Figuren. Judith Krieger ist ein Nachtmensch wie ich, vor allem wenn sie zu viel grübelt. Auch ihr Musikgeschmack ist dem meinen recht ähnlich. Aber Manni zum Beispiel hat meinen Galgenhumor abbekommen. Und bestimmt gibt es auch noch weitere Übereinstimmungen, die mir selbst gar nicht wirklich bewusst sind. Das bleibt ja nicht aus, die Figuren entstammen ja meiner Fantasie. Und dennoch sind sie frei erfunden, nicht einfach der Abklatsch realer Personen. Schließlich ist genau dieses Schöpfen aus der Fantasie meine Aufgabe als Schriftstellerin.

Kriminetz: Du greifst in deinen Krimis gesellschaftliche Themen auf. Was muss in einem Thema stecken, damit es dein Interesse für eine literarische Bearbeitung weckt?

Gisa Klönne: Es muss mich berühren und nicht mehr loslassen. Ich fühle tatsächlich fast körperlich, wenn mich ein Thema so packt, dass es für einen Roman trägt. Es gibt ja eine Vielzahl von Ideen, Missständen, möglichen Themen die man aufgreifen könnte. Aber das allein reicht mir nicht, denn es geht mir nicht primär um die Vermittlung einer politischen Botschaft oder eines Sachstands. Es geht in der Literatur vielmehr darum, einen subjektiven Blick zu werfen, einen eigenen Zugang zu einem Stoff zu finden, einen eigenen Stil. Und dazu gehört, dass ich zu einem Thema eine Welt hinzu fantasieren kann, mit Figuren, Geheimnissen, Schauplätzen – und der dazu passenden Sprache.

Kriminetz: Deiner Website ist zu entnehmen, die Kriminalpolizei Bonn habe dich zur Ehrenkommissarin ernannt. Darfst du nun ehrenhalber eine Waffe tragen?

Gisa Klönne: Nein – und es ist auch keine Weisungsbefugnis damit verbunden. Es ist eine Ehrung, über die ich mich sehr gefreut habe.

Kriminetz: Du engagierst dich in der Nachwuchsförderung und bietest Schreibseminare für junge Autoren an. Was gibst du den jungen KollegInnen mit auf den Weg?

Gisa Klönne: Natürlich ein paar grundlegende Regeln des Schreibens und Plottens und eine konstruktive Kritik an eigenen Texten. Vor allem aber Ermutigung und Unterstützung darin, den eigenen Weg und Stil zu finden, auf sich selbst zu vertrauen und an sich zu arbeiten.

Kriminetz: Du bist Teil von Hands up! & The Shooting Stars, der „weltweit einzigen Band, in der nur KrimiautorInnen spielen“. Welchen Part hast du in der Band inne und wie kam es zu dieser spektakulären Gründung?

Gisa Klönne: Ich bin, gemeinsam mit meiner Kollegin Sandra Lüpkes, Frontfrau, also eine der beiden Sängerinnen. Wobei ich ehrlicher Weise sagen muss, dass Sandra und auch unsere sechs Jungs an den Instrumenten alle sehr viel erfahrener im Musikgeschäft sind als ich, ich bin das Greenhorn, aber solange mich niemand von der Bühne scheucht, singe ich weiter. Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass es uns gibt und dass wir seit unserer Gründung im Sommer 2011 schon auf diversen Krimifestivals gespielt haben. Denn wir können nur selten proben, weil wir in vier verschiedenen Bundesländern leben. Songabstimmungen etc., ja selbst die Gründung der Band, geschah deshalb per eMail. Und die allererste Idee zur Band war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee – nachts an der Hotelbar beim Krimifestival DIE CRIMINALE.

Kriminetz: Im Februar 2013 wird dein neues Buch „Das Lied der Stare nach dem Frost“ erscheinen. Worum geht es in diesem Roman und wie lange hast du dich damit beschäftigt?

Gisa Klönne: DAS LIED DER STARE NACH DEM FROST ist kein Krimi, sondern ein Familienroman. Ich erzähle darin von der Suche einer Musikerin nach ihrer ganz eigenen Stimme, die sie weit zurück in die Vergangenheit ihrer Familie führt. Rixa Hinrichs – so heißt meine Hauptfigur - erkennt, dass diese Vergangenheit dunkle Schatten wirft, die bis in ihr eigenes Leben reichen und es beeinflussen. Auf einer zweiten Zeitebene entfaltet sich parallel nach und nach die Geschichte von Rixas Mutter und ihren Großeltern. Es geht um Schuld und Moral und um eine große, verbotene Liebe. Und es geht um die Rolle der evangelischen Kirche im Dritten Reich. Um den Überlebenskampf zwischen Anpassung und Widerstand.

Rixa Hinrichs ist – wie übrigens auch ich – Enkelin eines mecklenburgischen Pfarrers und Teile einer jahrzehntelang durch die deutsch-deutsche Grenze geteilten Familie, ohne diesen Hintergrund hätte ich diesen Roman vermutlich nie geschrieben. Ich selbst war noch zu DDR-Zeiten unzählige Male in Mecklenburg. Ich liebe diese Landschaft. Überhaupt kam mir Mecklenburg als Kind immer sehr dunkel und still und aus jeder Zeitrechnung gefallen vor, wie ein Zauberland. Und so gibt es in diesem neuen Roman von mir durchaus einige Berührungspunkte zu meiner eigenen Biografie – man könnte wohl sagen, ich habe seit meiner Geburt dafür recherchiert. Ernsthaft mit der Konzeption und dem Schreiben habe ich jedoch erst im Jahr 2007 begonnen. Aber auch DAS LIED DER STARE NACH DEM FROST ist ein Produkt meiner Fantasie, keine Autobiografie. Es ging mir um Wahrhaftigkeit, vielmehr als um Wahrheit. Ich glaube, man kann diesen Roman lesen und in die Welt seiner Figuren eintauchen und beim Lesen denken: Ja, so könnte das früher gewesen sein.

Vielen Dank, Gisa Klönne, für die Beantwortung der Fragen.

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