Sieben Fragen an Jürgen Seibold

Das Foto zeigt den Schriftsteller Jürgen Seibold. Foto: © Stefanie de Buhr

Jürgen Seibold, 1960 in Stuttgart geboren, war Redakteur der Esslinger Zeitung, arbeitete als freier Journalist für Tageszeitungen, Zeitschriften und Radiostationen und veröffentlichte 1989 seine erste Musikerbiografie. Es folgten weitere Sachbücher für verschiedene Verlage (Heyne, Moewig, Knaur). 2007 erschien bei Silberburg sein erster Regionalkrimi, 2010 die erste Komödie. Außerdem schrieb er schon einen Thriller und einen historischen Roman. Jürgen Seibold lebt mit Frau und Kindern im Rems-Murr-Kreis.

Seine erfolgreiche Allgäu-Krimi-Reihe um den Hauptkommissar Eike Hansen erscheint im Piper-Verlag.

Für Kriminetz beantwortete Jürgen Seibold sieben Fragen.

Kriminetz: Im Silberburg-Verlag erscheinen deine Krimis um LKA-Kommissar Lindner. Der aktuelle Krimi trägt den Titel „Lindner und das schwarze Schaf“. Zu den angenehmen Erinnerungen meiner Kindheit gehört der Wanderschäfer, der am Rand meiner Stadt regelmäßig mit seinen Schafen vorbei kam. Gibt es heute immer noch Schäfer auf der Schwäbischen Alb?

Jürgen Seibold: Ja, die gibt es noch – teils als einzelne Schäfer, teils als Weidegemeinschaft. Aber der Beruf hat sich sehr stark gewandelt. So lohnt es sich zum Beispiel längst nicht mehr, die Wolle zu verkaufen. Stattdessen wird sie in der Regel entsorgt, übrigens als eine Art Sondermüll. Heute verdienen Schäfer zum einen noch etwas durch die Selbstvermarktung von Lammfleisch, und zum anderen bekommen sie Geld vom Staat für die Pflege der Landschaft. Deshalb besitzen viele Schäfer heute zusätzlich Ziegen, die auf den Wiesen auch härtere Pflanzen abfressen.

Kriminetz: Auf der Schwäbischen Alb kann es sehr abkühlen. Hast du für die Recherche in einen Schäferkarren übernachtet? Zu welcher Jahreszeit würdest du das empfehlen, falls das jemand vorhat?

Jürgen Seibold: Nein, das habe ich lieber bleiben lassen. Nicht, dass nachts noch ein Wolf vorbeischaut … Aber im Ernst: Es werden tatsächlich von einigen Höfen Schäferkarren für Übernachtungen angeboten. Mein Tipp wäre: Weil es auf der Alb, wie es heißt, immer „einen Kittel kälter ist“ als anderswo, würde ich mich dafür auf die Sommermonate beschränken.

Kriminetz: Kommissar Hansen ermittelt in deiner Krimi-Reihe, die im Piper-Verlag erscheint, im Allgäu. Die Landschaft im Allgäu wirkt so idyllisch. Kommissar Eike Hansen stammt aus Niedersachsen. Weshalb hast du dich für einen „Reigschmeckten“ entschieden?

Jürgen Seibold: Hansen ist ja nicht der erste Kommissar, der im Allgäu auf Verbrecherjagd geht. Deshalb wollte ich meine Hauptfigur als Fremden ein wenig von den Allgäuer Platzhirschen abgrenzen. Außerdem erlaubt mir dieser kleine Kniff, dass mein Kommissar denselben Blick aufs Allgäu und seine Menschen hat wie ich als Stuttgarter: von „außen“.

Kriminetz: Im Oktober erscheint bei Silberburg dein neuer Roman um Bestatter Gottfried Froelichs neuen Fall, "Völlig bedient". Verrätst du schon ein wenig daraus?

Jürgen Seibold: Oh ja, der Gottfried … Er hat‘s diesmal nicht leicht, weil es seiner Freundin Inge auf die Nerven geht, dass er die Finger nicht vom Ermitteln lassen kann. Dabei kann er (fast) nichts dafür, dass er plötzlich wieder mittendrin ist im Fall – die Eltern einer toten Studentin beauftragen ihn mit dem Begräbnis ihrer Tochter, und sie erhoffen sich von Froelich auch, dass er herausfindet, wer die junge Frau im Hinterhof einer Event-Location im Remstal ermordet hat und zwischen Müllcontainern liegen ließ. Sein greiser Bestatterkollege Sanfftleben würde ihm ja gern helfen – aber der hat diesmal ganz eigene Sorgen …

Kriminetz: Was gibt der Browserverlauf deines Computers über dich preis? Was wäre, wenn den jemand prüfen würde?

Jürgen Seibold: Ich kann nur hoffen, dass Google und die anderen Suchmaschinen in ihren Verzeichnissen vermerkt haben, dass ich Krimiautor bin. Sonst könnte der Umstand, dass ich ständig seltsame Tötungsarten, die Anwendung von Giften oder die Auswirkungen diverser Verletzungen recherchiere, durchaus mal für Ärger sorgen. Also hier noch einmal für alle ganz laut und deutlich: Ich muss das nur für meine Krimis wissen – und bin sonst ein umgänglicher und völlig ungefährlicher Zeitgenosse.

Kriminetz: Am 16. Dezember findet etwas ganz Besonderes statt, aus Anlass des 75. Geburtstags von Paul McCartney ein Beatles-Tribute-Konzert in der Schorndorfer Manufaktur. Wie bist du denn zum Singen gekommen?

Jürgen Seibold: Bis vor einigen Jahren war ich als Sänger, Bassist und Songschreiber mit diversen Bands unterwegs, danach habe ich nur noch für mich im Heimstudio Songs geschrieben und aufgenommen. Irgendwann machten einige meiner Krimifiguren Musik – Bestatter Froelich (Keyboard) hat zum Beispiel mit Freundin Inge (Bass) und meinem Rems-Murr-Kommissar Maigerle (Gesang, Gitarre) eine Band gegründet. Daraus hat sich zunächst ergeben, dass ich ab und zu einen befreundeten Musiker zu meinen Lesungen mitgenommen und später auch ab und zu allein gesungen und gespielt habe. Im vergangenen Februar fand ein Auftritt mit Band statt, von dem ich noch immer schwärme – so super waren meine Mitmusiker, und der volle Saal war natürlich auch nicht unangenehm. Mal sehen, was daraus noch wird. Im Dezember wiederum stehen mehr als ein Dutzend Bands aus der Gegend auf der Bühne, und ich habe mich für drei, vier Beatles-Songs mit dem hiesigen Musiker und Produzenten Zam Helga zusammengetan – ein einmaliges Projekt, auf das ich mich schon sehr freue.

Kriminetz: Wie wichtig ist für dich selbst die regionale Verankerung deiner Krimis?

Jürgen Seibold: In Regionalkrimis spielt auch die Gegend eine wichtige Rolle, samt Dialekt und Eigenheiten der Leute dort. Das macht Geschichten manchmal plastischer, und Lesungen vor Ort sind natürlich auch noch einmal spannender. Zudem unternehme ich manchmal Mordstouren: Da wandere ich mit Lesergruppen zu den Schauplätzen der Krimis, manchmal begleiten uns Schauspieler oder Gästeführer – das alles geht natürlich nur, wenn der Krimi regional verankert ist. Ich habe mit „Kinder“ allerdings auch schon einen Psychothriller geschrieben, in dem offen gelassen wird, in welcher Stadt das Buch spielt – und ich könnte mir gut vorstellen, dass ich das auch in Zukunft immer wieder mal so halte. Aber da gilt dasselbe wie für meine Band: Mal sehen, was draus wird.

Kriminetz: Vielen Dank, Jürgen Seibold, für die Beantwortung der sieben Fragen!

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