Sieben Fragen an Marc-Oliver Bischoff

Das Foto zeigt den Schriftsteller Marc-Oliver Bischoff. Fotograf: Matthias Kaiser

Marc-Oliver Bischoff wurde 1967 in Lemgo geboren und wuchs in einem kleinen Dorf am Stadtrand von München auf. Nach einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium verschlug es ihn zunächst an den Bodensee, in die Schweiz und dann nach Frankfurt. Heute lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern in Ludwigsburg und arbeitet als Technologieberater.

Für seinen ersten Kriminalroman Tödliche Fortsetzung wurde er mit dem Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte "Debüt" ausgezeichnet.

Bisher sind vier seiner Kriminalromane im Grafit Verlag erschienen. Marc-Oliver Bischoff schreibt außerdem für die Reihe Jerry Cotton bei Bastei Lübbe.

Für Kriminetz beantwortete Marc Bischoff sieben Fragen.

Kriminetz: Du bekamst gleich für dein Roman-Debüt „Tödliche Fortsetzung“ einen Preis. Das muss doch eine Spitzen-Motivation gewesen sein?

Marc-Oliver Bischoff: Das war es ganz sicher. Vor allem hat der Preis mir Türen geöffnet, neue Kontakte geschaffen, aus denen Lesungen, Anthologiebeiträge und wieder neue Buchverträge entstanden sind. Ohne den Preis wäre ich nicht da, wo ich als Autor heute stehe. Aber alle Schritte im Autorendasein, nicht nur die öffentlichkeitswirksamen wie Preise oder Ehrungen, haben ihre Berechtigung und (positiven wie negativen) Auswirkungen. Ich kenne AutorInnen, die nach zwei oder drei Büchern frustriert das Handtuch werfen, weil Aufwand und Ertrag in so gar keinem Verhältnis zueinander stehen. Es ist gut möglich, dass Marc-Oliver Bischoff ohne den Glauser-Preis heute ein IT-Manager wäre, der früher mal einen Krimi geschrieben hat. Glücklicherweise hat sich das anders entwickelt.

Kriminetz: Deine Krimis spielen in Frankfurt. Weshalb hast du diese Stadt als Handlungsort gewählt?

Marc-Oliver Bischoff: Die Handlung von „Tödliche Fortsetzung“ spielt zu großen Teilen im Rotlichtmilieu. Daher war klar, dass mein Debütroman in einer deutschen Großstadt stattfinden muss, die ein glaubhaftes Rotlichtviertel hat. Da boten sich Hamburg und Frankfurt an. Frankfurt kenne ich, weil ich dort einige Jahre gelebt habe und das die Recherche vereinfachte. Aber ich schreibe keine Regionalkrimis mit Ebbelwoi und Handkäs, also ist das ziemlich austauschbar. Die beiden Folgeromane hatten dasselbe Personal, es wäre ein bisschen eigenartig gewesen, die Protagonisten nun willkürlich nach Stuttgart oder Köln zu versetzen, also blieb es bei Frankfurt bzw. der Rhein-Main Region. Im übrigen ist es nicht ganz korrekt, das „meine Krimis“ in Frankfurt spielen. „Die Sippe“, mein 2016 erschienener Roman über völkische Siedler und Reichsbürger spielt in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Handlungsorte passen sich immer der Geschichte an, nicht umgekehrt.

Kriminetz: Du schreibst auch Heft-Romane in der Reihe Jerry Cotton. War das schon immer ein geheimer Traum von dir?

Marc-Oliver Bischoff: Ganz und gar nicht. Ich muss sogar zugeben, dass ich anders als meine Altersgenossen als Jugendlicher nie Jerry Cotton gelesen habe, sondern eher richtige Bücher. Es ergab sich einfach Ende letzten Jahres die Möglichkeit, in die Serie einzusteigen. Auch das war im Endeffekt eine späte Konsequenz aus dem Glauser-Preis und zeigt, wie wichtig die Vernetzung unter Autoren ist, die z.B. das SYNDIKAT als Verein der deutschsprachigen Krimiautoren fördert. Ich bin Zwilling, die sind bekanntlich ziemlich neugierig und langweilen sich schnell. Nach vier Romanen hatte ich einfach mal Lust auf etwas neues. Ob ich das überhaupt schaffen würde und ob es mir Spaß machen würde, in einem derart engen Rahmen (das Reihenexposé hat 28 Seiten gespickt mit Details) zu schreiben, wusste ich nicht. Es kristallisierte sich sehr schnell heraus, dass das Deckelchen zu Töpfchen gekommen war. Es ist ein komplett anderes Schreiben, es ist richtig professionelle Arbeit und es tut mir gut.

Kriminetz: Deine Heft-Romane haben alle Spitznamen, so hat „Operation Gold“, den du grade abgegeben hast, den Spitznamen James Bond. Kommt der Geheimagent seiner Majestät darin vor?

Marc-Oliver Bischoff: Ah, da liest jemand aufmerksam meine facebook-Posts ;-)
James Bond kommt nicht darin vor, aber die Handlung und die Antagonisten erinnern ein bisschen an den englischen Geheimagenten. Es geht um ein Flugzeug voller Gold im Wert von 1.2 Mrd USD, das der deutschen Bundesbank gehört und bei Cape Cod ins Meer stürzt. Die Handlung ist um übrigen bei einem Brainstorming mit Freunden entstanden, denen ich quasi den vorangestellten Satz als Input geliefert habe und dann nur noch fieberhaft mitnotiert, was denen so alles eingefallen ist. Das war ziemlich irre und sehr lustig. Es kommt zum Beispiel ein vor der Küste von Cape Cod im zweiten Weltkrieg gesunkenes deutsches U-Boot vor (das es tatsächlich gibt), auf so was wäre ich im Leben alleine nicht gekommen.

Kriminetz: Du betreibst den Internetblog laufdusau.blog.de. Wie groß war denn dein eigener Schweinehund, denn du überwinden musstest, um mit dem Laufen zu beginnen? Und weshalb hast du damit begonnen?

Marc-Oliver Bischoff: Den Blog „Lauf, du Sau!“ gibt es nicht mehr, aber das daraus entstandene Buch gibt es und es hat inzwischen die dritte Inkarnation erreicht (Selbstverlag, abgewickelter Verlag, jetzt beim Göttinger Werkstatt-Verlag). Mit dem Laufen zu beginnen war gar nicht so schwierig. Ich hatte mit 18 schon einen stattlichen Bauchumfang aufzuweisen, da musste ich etwas tun und mit dem joggen zu beginnen war naheliegend. Seitdem ist Langstreckenlauf ein ständiger Begleiter in meinem Leben, mal mehr (Marathon), mal weniger intensiv. Der Schweinehund meldet sich bei mir nicht vor dem Laufen, sondern währenddessen, wenn sich zum Beispiel Möglichkeiten bieten, die Strecke abzukürzen ...

Kriminetz: Wie schaffst du das zeitlich alles: „Brotjob“, Familie, Schriftstellerdasein und Laufen? Mit schwäbischer Disziplin?

Marc-Oliver Bischoff: Die zeitliche Konkurrenz zwischen Brotjob und Autorendasein wurde tatsächlich irgendwann zu einem Problem, auch wegen der gestiegenen Anzahl an Lesungen, zu denen man ja noch anreisen muss. Vor zwei Jahren habe ich meine Arbeitszeit auf 80% reduziert. Jetzt schreibe ich jeden Morgen von 8-11 Uhr und danach beginne ich mit meiner Angestelltentätigkeit, das alles mit Einverständnis meiner Firma. So klappt es gut, aber es erfordert natürlich eine gewisse Disziplin, diese drei Stunden morgens nicht ausschließlich zum Internetsurfen und Filmegucken zu verschleudern. Das Laufen lässt sich wiederum leicht in den Alltag einbinden: zwei Mal die Woche eine Dreiviertelstunde übers Feld zu rennen, das schaffen andere Leute auch. Die Zeiten intensiver Vorbereitung für einen Marathon sind bei mir gottseidank vorbei.

Kriminetz: Du warst, wie ich auch, bei der Criminale des Syndikats in Graz dabei. Was hat dir dort am besten gefallen?

Marc-Oliver Bischoff: Ich liebe die Criminale aus vielen Gründen. Zum einen ist sie wie ein großes Klassentreffen, nur eben jedes Jahr. Man trifft supernette Leute, mit denen einen ähnliche Sorgen und Freuden verbinden, und mit denen man sich auf Augenhöhe austauschen kann. Als freischaffender Autor ist die Vernetzung unheimlich wichtig. Ohne die Criminale würde ich keinen Jerry Cotton schreiben und viele Anthologiebeiträge haben sich aus Autoren- und Verlegerbekanntschaften ergeben. Zum zweiten bieten die vielen Seminare und Veranstaltungen tolle Möglichkeiten, den eigenen Horizont zu erweitern, sei es bei Lesungspraxis, bei Vertragsfragen, bei Branchengossip oder sogar für neue Autorenfotos. Drittens: die Verleihung der Glauserpreise ist jedes Jahr auf eine andere Art unterhaltend und spannend. Und viertens war dieses Jahr in Graz eine besondere Criminale, nicht nur für mich. Die AG Zukunft, deren Leiter ich im letzten Jahr war, hat das Ergebnis ihrer Arbeit vorgestellt und dazu beigetragen, dass das SYNDIKAT eine umwälzende Veränderung seiner Strukturen beschlossen hat. Nun führe ich bis zur nächsten Vollversammlung 2018 in Halle gemeinsam mit Thomas Schrage und Daniel Carinsson den Verein SYNDIKAT e.V. und wir arbeiten intensiv am Umbau. In Halle wird dann zum ersten Mal der „große“ Verein SYNDIKAT e.V. seine Arbeit in den neuen Strukturen aufnehmen. Dass das Syndikat es geschafft hat, sich noch einmal neu zu erfinden, das ist sicher mein persönliches Highlight.

Kriminetz: Vielen Dank, Marc-Oliver Bischoff, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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