Sieben Fragen an Takis Würger

Das Foto zeigt Takis Würger, dessen Roman-Debüt »Der Club« im Verlag Kein & Aber erschienen ist. Foto: © Sven Döring

Takis Würger, geboren 1985, ist Redakteur beim Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«. Im Alter von 28 Jahren ging er nach England, um an der Universität von Cambridge zu studieren. Dort boxte er als Schwergewicht für den Cambridge University Amateur Boxing Club und wurde Mitglied in verschiedenen studentischen Klubs. Im Verlag »Kein & Aber« erschien sein Roman Der Club, für den er mit dem Silberschweinpreis, den Debütantenpreis der lit.Cologne, ausgezeichnet wurde.

Als Journalist erhielt er mehrere Preise, neben anderen den CNN Journalist Award, den Journalistenpreis der Christlichen Medienakademie und den European Journalism Prize Writing for CEE.

Für Kriminetz beantwortete Takis Würger sieben Fragen.

Kriminetz: Ihr Roman "Der Club" handelt von einem Boxer in Cambridge. Sie waren selbst zum Studium in Cambridge und haben dort auch geboxt. Es hätte auch eine Reportage werden können. War es die Freiheit des Fiktionalen, die die Romanform mit sich bringt, die zu dieser Entscheidung geführt hat?

Takis Würger: Für die Geschichte, die ich erzählen wollte, war nur die Form des Romans möglich. Die Geschichte ist ausgedacht: Es gibt keine Charlotte, es gibt keinen Schmetterlings Klub, ich heiße nicht Hans und meine Mutter lebt. Diese Geschichte hätte keine Reportage werden können.

Kriminetz: Wie überzeugen Sie jemanden, der noch nie bei einem Boxkampf war, von der Faszination dieser Sportart?

Takis Würger: Im Boxring treffen sich zwei Menschen und hauen sich gegenseitig so lange gegen den Kopf, bis einer umfällt. Das macht keinen Sinn, und ich würde nicht versuchen, jemanden davon zu überzeugen, dass Boxen eine vernünftige Sportart ist. Aber mich fasziniert auch meistens eher das Chaos als die Vernunft. Boxen fasziniert mich, weil es so sinnlos ist.

Kriminetz: Bricht man sich beim Boxen zwangsläufig die Nase?

Takis Würger: Nein.

Kriminetz: Die fiktionalen Figuren im »Pitt Club« geben sich als Frauenverächter. Hans findet im Roman »viel seltsamer als diese Männer die Frauen, die das wussten und trotzdem zu den Partys kamen«. Seine Tante Alex erzählt ihm, »Du wirst im Club eine Frau finden, die alles mit sich machen lässt.« Was haben diese im Club vernetzten Männer an sich, das andere scheinbar wider jegliche Vernunft in ihren Bann zieht?

Takis Würger: Ich spreche hier über die Figuren in meinem Roman, mit dem tatsächlichen Pitt Club hat das wenig zu tun. In meinem Roman sind die Mitglieder reiche, gut erzogene, junge Männer, die es gewohnt sind, sich alles zu nehmen, was sie wollen. Dadurch wirken sie souverän und stark, ich glaube diese beiden Eigenschaften machen Menschen anziehend.

Kriminetz: Elite beinhaltet die Abgrenzung von den anderen, die nicht dazugehören. Die womöglich alles tun, um dabei zu sein und doch scheitern. Was ist es für ein Gefühl, es zu schaffen, in einen dieser elitären Clubs aufgenommen zu werden?

Takis Würger: Es ist, wie bei den meisten geschlossenen Institutionen: Wenn man drin ist, wirken sie wesentlich weniger faszinierend, als wenn man draußen steht und sich die Nase an der Scheibe platt drückt. Ein Eliteklub ist von innen dann nur noch ein Klub, in dem der Teppich schlecht gesaugt ist und wo die Gin&Tonics zwei Pfund kosten. Ich glaube, wer sich nur stark in der Gruppe oder in einem Klub fühlt, sollte sein Leben überdenken.

Kriminetz: Cambridge war der letzte Wirkungsort im Leben der Reformatoren Martin Bucer und Paul Fagius, sie waren beide aus Straßburg dorthin geflohen, als man ihnen an der damaligen Universität Lehrstühle anbot. Beim Lesen Ihres Romanes gewann ich den Eindruck, die altehrwürdige Universität Cambridge könne heute auch eine Reformation, eine Erneuerung, gebrauchen?

Takis Würger: Bucer und Fagius kenne ich nicht, deshalb kann ich nicht beurteilen, welche Bedeutung sie für Cambridge haben und hatten. Ich war nur ein Jahr an der Universität, weil ich mein Studium abgebrochen habe, deshalb möchte ich mir nicht anmaßen, entscheiden zu können, ob Cambridge eine Reformation braucht. Ich denke aber nicht. Die Snobs, die alten Klubs, die gestreiften Krawatten und Traditionen sind nur ein kleiner Teil dieser Universität. Viele meiner Freunde sind dort einfach zum Lernen hingegangen und haben in Cambridge eine gute Ausbildung bekommen, ohne sich um den ganzen Quatsch zu kümmern, mit dem ich mich so beschäftigt habe.

Kriminetz: Sie wurden für Ihr journalistisches Werk bereits mit mehreren Preisen
ausgezeichnet. Für Ihr Roman-Debüt bekamen Sie ebenfalls einen Preis. Ist es an der Zeit,
sich etwas auszuruhen?

Takis Würger: Ich habe das Glück, dass ich eine Arbeit mache, die mich zwar anstrengend finde, der ich aber auch nachgehen würde, wenn niemand mich dafür bezahlen würde. Es ist erfüllend, für den Spiegel als Redakteur arbeiten zu dürfen und Reportagen zu schreiben. Es ist ein Geschenk, dass ich diesen Roman schreiben durfte und dass der Verlag Kein & Aber ihn veröffentlicht hat. Dass ich für meine Arbeit ausgezeichnet werde, freut mich, aber ich arbeite nicht, um Preise zu gewinnen und dass ich sie gewinne, ändert nichts an meiner Lust zu schreiben. Ich bin dankbar, dass ich schreiben darf.

Kriminetz: Vielen Dank, Takis Würger, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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