Sieben Fragen an Zoë Beck

Das Foto zeigt Zoë Beck. Foto: © Victoria Tomaschko

Die Schriftstellerin Zoë Beck hat mit „Das zerbrochene Fenster“ nach „Wenn es dämmert“ , „Das alte Kind“ , “Der frühe Tod“ und „Edvard“ soeben ihren aktuellen Thriller im Bastei Lübbe-Verlag veröffentlicht. Davor erschienen einige ihrer Bücher unter dem Namen Henrike Heiland. Neben der Literatur gibt Zoë Beck als große Liebe die Musik an. Bereits mit drei Jahren erhielt sie Unterricht, gewann bald Wettbewerbe und gab Konzerte. Sie pendelt zwischen Großbritannien und Deutschland und arbeitet als freie Autorin, Redakteurin und Übersetzerin. Zoë Beck erhielt den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte „Bester Kurzkrimi“ für „Draußen“. „Das alte Kind“ war 2011 auf der Shortlist für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie „Roman“.

Für Kriminetz beantwortete Zoë Beck sieben Fragen.

Kriminetz: Du bist zweisprachig aufgewachsen, mit den Sprachen Deutsch und Englisch. In welcher Sprache träumst du?

Zoë Beck: In beiden. Das ist, denke ich, abhängig davon, was ich tagsüber öfter benutzt habe oder in welchem Zusammenhang ich gerade vor mich hinträume. Wobei Deutsch grundsätzlich natürlich dominiert.

Kriminetz: In deiner Vita ist zu lesen, du hättest schon mit drei Jahren angefangen, Klavier zu spielen. Erinnerst du dich, was der Auslöser für diesen frühen Wunsch nach musikalischer Betätigung war? Hat vielleicht in der Nachbarschaft jemand bei offenem Fenster gespielt und du wolltest das dann auch?

Zoë Beck: Der Auslöser war ganz einfach: Meine Großmutter hat uns ein Klavier gekauft – ich glaube, weil ein Klavier ihrer Meinung einfach in jedes Haus gehörte – und meine ältere Schwester bekam Unterricht. Natürlich ist man als kleine Schwester immer daran interessiert, es der großen Schwester nachzumachen, und ich spielte dann nach Gehör, was sie für ihren Unterricht üben musste. Sie fand das wohl nicht so prima …

Kriminetz: In deinem Thriller „Der frühe Tod“ zeichnest du ein gesellschaftskritisches Bild von den sozialen Missverhältnissen in Großbritannien. Du beschreibst, wie schwierig es ist, für Kinder, die in der Arbeiterschicht aufwachsen, diese Schicht zu verlassen. Ist die Gesellschaft in Großbritannien im Vergleich weniger transparent als in Deutschland?

Zoë Beck: Es gibt in Deutschland nicht umsonst Organisationen wie arbeiterkind.de. Wer in einer Umgebung aufwächst, in der es kaum Zugang zu kulturellen Angeboten gibt oder wo Fortbildungsmöglichkeiten gar nicht erst zur Diskussion stehen, wer also überhaupt erst nicht die Angebote kennenlernt und weiß, wie man seine Chancen wahrnehmen kann, der hat letztlich auch keine Chance, Talent und Intelligenz hin oder her. In Berlin war die soziale Durchmischung in den einzelnen Stadtteile meist gegeben, doch das Ansteigen der Mietpreise, die „Luxussanierungen“, die Verlegung von Sozialwohnungen an den Stadtrand, was natürlich zur Ghettoisierung führt, hilft da im Moment auch nicht wirklich.

Kriminetz: In „Das zerbrochene Fenster“ sind auch Ben und Cedric wieder dabei, welche deine Leser bereits kennen. Cedric muss nun um sein immenses Vermögen bangen, das sein Vater, wie sich herausstellt, doch nicht nur auf „saubere Weise“ zusammen gehäuft hat. Cedrics Stiefmutter, die zu Beginn im Buch ermordet wird, hat das Vermögen an sich gerafft. Es gibt keine Art von Sicherheit im Leben, nicht einmal für Superreiche?

Zoë Beck: Nein, Sicherheit gibt es nicht. Viele Menschen suchen die Sicherheit an äußeren Faktoren. Haus, Geld, Beziehung, Job … Letztlich kann nichts davon wirklich zuverlässig Sicherheit geben. Viele haben einfach nur Glück, weil ihr Haus nicht abbrennt, weil sie bis zur Rente einen Job haben, und so weiter. Und sie halten sich gar nicht vor Augen, wie hauchdünn sie möglicherweise ein paar Mal daran vorbeigeschlittert sind, dass alles einfach zusammenbricht. Die einzige Sicherheit, die man haben kann, ist man selbst, die eigenen Fähigkeiten, der eigene Wille, die Bereitschaft, auch anders zu leben, sich neu zu erfinden, wenn es sein muss. Und, sehr wertvoll und deshalb auch eben ein Glücksfall: Echte Freunde, die tatsächlich bereit sind, alles mit einem durchzustehen. Cedric hat letztlich auch nur „Glück“, und was ist das für ein Glück, dass seine Stiefmutter ermordet wird und sein Halbbruder nicht erbberechtigt sein wird – kann er da wirklich glücklich und zufrieden sein, so viel Geld zu haben?

Kriminetz: Kinder leben als Erwachsene ihr eigenes Leben und nicht das, was die Eltern für sie entwarfen. Das kann in Familien konfliktreich sein und „krimineller Stoff“. Philippa, die in einem der beiden Erzählstränge in „Das zerbrochene Fenster“ ihren verschwundenen Lebensgefährten sucht und sich immer tiefer mit der Frage nach dem Grund seines Verschwindens auseinander setzt, ist die Lieblingstochter ihrer Eltern, zumindest nach Ansicht ihrer Schwester und hat trotzdem kein entspanntes Verhältnis zu ihnen. Cedric wurde von seinem Vater nicht akzeptiert und führt trotz finanzieller Unbeschwertheit nicht wirklich ein beneidenswertes Leben. Zwischen Ben und seiner Familie steht, dass er ein Hochschulstudium hat. Kein Plädoyer für Familie?

Zoë Beck: Nur ein paar Gedanken dazu, dass ausgerechnet die Menschen, die einander am nächsten stehen (bzw. sollten), auffallend oft Kommunikationsschwierigkeiten haben.

Kriminetz: „Dein Ziel ist die Wahrheit.“ Philippa sucht den wahren Grund für das Verschwinden ihres Lebensgefährten. Gibt es so was wie „Wahrheit“ im Leben?

Zoë Beck: Ich stelle immer öfter fest, dass jeder seine eigene Wahrheit hat, und nicht wenige schaffen sich ebendiese unter beneidenswerter Missachtung von Fakten.

Kriminetz: Dürfen sich deine Leser auf einen weiteren spannenden Thriller mit Ben und Cedric freuen?

Zoë Beck: Auf weitere Bücher von mir auf jeden Fall, Ben und Cedric waren nie als durchgehende Hauptfiguren gedacht, sie kommen ja auch in den vier Büchern nicht immer aus Hauptfiguren vor. Da muss ich noch mal ausführlich drüber brüten …

Kriminetz: Vielen Dank, Zoë Beck, für die Beantwortung der Fragen.

Zur Website von Zoë Beck hier

Zum neuen Thriller gibt es eine eigene Website Das zerbrochene Fenster