Cover von: Bullenwinter
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Bullenwinter

Band 4 der Gonzo-Krimireihe
Buch
Broschiert, 180 Seiten

Verlag: 

ISBN-10: 

3837514102

ISBN-13: 

9783837514100

Auflage: 

1 (22.06.2015)

Preis: 

5,00 EUR
Schauplätze: 
Amazon-Bestseller-Rang: 3.414.442
Amazon Bestellnummer (ASIN): 3837514102

Beschreibung von Bücher.de: 

Durch seine Beteiligung an der Geiselnahme des Ex-Undercover-Polizisten Boysen gerät Gonzo in ein Komplott zwischen Stadtverwaltung, Polizeiführung und organisiertem Verbrechen. Als seine Assistentin Betty ermordet wird, beginnt er die komplizierten Zusammenhänge zu erahnen. Zusammen mit Bettys Vater und der von ihm angestellten Ermittlerin Mary Amos macht Gonzo sich auf die Suche nach dem Mörder von Betty ...

Kriminetz-Rezensionen

Ein Bullenwinter

Heinrich »Gonzo« Gonschorek, freier Kameramann im Ruhrgebiet und Protagonist der Karr & Wehner-Thriller »Geierfrühling«, »Rattensommer« und »Hühnerherbst« gerät bei einem Polizeieinsatz unversehens zwischen die Fronten: Der geschasste Undercover-Ermittler Boysen hat im Verlauf eines Sorgerechtsstreits seinen kleinen Sohn als Geisel genommen, sein Haus wird jetzt von der Polizei umstellt. Angesichts des Medienauflaufs, den er damit provoziert, will er eine Erklärung über Korruption in der Polizei abgeben. Gonschorek soll sie aufzeichnen. Die Polizei nutzt die Chance, dazu Haus zu stürmen – dabei wird Boysons Sohn erschossen, Boysen selbst kann entkommen und die Polizei setzt Gonschorek unter Druck: Nur wenn er die offizielle Polizeiversion des missglückten Einsatzes übernimmt, soll er weiter seine berufswichtigen Informationen bekommen.

Gonschorek lässt sich nur darauf ein, weil sein Vertrauter bei der Polizie, Hauptkommisssar Hassenkamp ihm dieses Angebot nahebringt. Nicht recht einordnen kann er dagegen den unmittelbar folgenden Attentatsversuch auf ihn aus einem dunklen Van heraus. Die Leute, die auf ihn schießen, sind offenbar dieselben, die vorher telefonisch seine Aufnahmen mit Boysens Statement gefordert haben – das allerdings inzwischen von der Polizei beschlagnahmt wurde.

Sein Tagesgeschäft als Katastrophenreporter leidet auch unter einigen anderen Entwicklungen: Gonzos bisherige Mitarbeiterin Betty will sich mit ihrer Kollegin Jacqueline selbständig machen und sein halbwüchsiger Sohn nervt mit seinen dauernden Geldforderungen. Bei Aufnahmen eines Fußballspiels im Gefängnis wird Gonzo Zeuge, wie einer der Strafgefangenen niedergeschlagen wird – und ein anderer Gefangener ihm unmissverständlich nahelegt, zu einem Treff auf den Ostfriedhof zu kommen.

Doch eigentlich sucht Gonzo Boysen – er stöbert ihn seinem Versteck auf und kann sich das Videoband aus dem Camcorder aneignen, auf dem Boysen zur Sicherheit sein Statement ebenfalls aufgezeichnet hat. Er verspricht Boysen, dass es ausgestrahlt wird.

Auf dem Friedhof macht er die Bekanntschaft von Il Nano, dem kleinwüchsigen Paten der italienischen Mafia in der Region. Der Tote aus dem Gefängnis ist einer seiner Söhne – und offenbar Opfer eines Bandenkrieges, der sich derzeit in der Stadt abspielt. Ein Krieg zwischen den eingesessenen Italienern und den neu hinzugestoßenen Türken, wie Gonzo aus Journalistenkreisen in der Pressekneipe ENTE bestätigt bekommt.

Der größte Schock seines Berufslebens ereilt ihn, als er für die Kurznachrichten im Lokalfernsehen einen Unfall filmt. In dem verunglückten Wagen auf der Stadtautobahn entdeckt er eine Tote, seine Assistentin Betty.

Noch kann Gonzo keinen roten Faden in den Ereignissen sehen, in die er da geraten ist: Von Kommissar Hassenkamp erfährt er, dass der schwarze Van, aus dem heraus das Attentat auf ihn verübt wurde, auch schon bei Boysens Kidnapping anwesend war und der Wagen offenbar zur Sonderkommission Organisierte Kriminalität von Gonzos altem Widersacher Kriminaldirektor Breitscheidt gehört. Inzwischen ist Boysen verhaftet worden, Gonzo soll Bilder von seiner Einlieferung ins Gefängnis beschaffen und gerät dabei in einen generalstabsmäßig organisierten, mit brutaler Waffengewalt durchgeführten Befreiungsversuch. Boysen wird dabei erschossen, offenbar gab es noch eine weitere Partei während der Schießerei, die es auf Boysen abgesehen hatte.

Dass es sich beim Tod seiner Assistentin Betty nicht nur um einen Unfall gehandelt haben könnte, wird Gonzo klar, als er die Bilder eines scheinbar harmlosen Unfalles sichtet, welche Betty noch vor den Vorfällen in Boysens Haus für einen Nachrichtenbeitrag gedreht hat: Der schwarze Van taucht wieder auf, und der Gefangene, der beim Fußballspiel niedergeschlagen wurde, ist inzwischen im Krankenhaus gestorben.

Unterstützung bei seiner Suche nach den Hintergründen von Bettys Tod findet Gonzo bei Bettys Vater, einem hohen Beamten des Verfassungsschutzes, und bei der Privatermittlerin Mary Amos, die dieser engagiert hat.

Durch Gonzos Erkenntnisse und ein paar Bruchstücke, die Bettys Kollegin Jacqueline und befreundete Journalisten zusammentragen, verdeutlicht sich das Bild des Bandenkrieges in der Stadt: Das Opfer aus dem Gefängnis gehörte zu Il Nanos Italiener-Clan und saß wegen einer Auseinandersetzung mit Türken ein. Die haben sich um den Geschäftsmann Ceyhun gruppiert, einem Nachtclubbesitzer aus der Nordstadt, der gerade als Veranstalter eines Elvis Presley-Imitatoren-Wettbewerbs Publicity sucht. Gonzo nimmt diesen Routineauftrag seiner Redaktion an und lernt dabei nicht nur Erik kennen, einen von Ceyhuns Angestellten und Vorzeige-Elvis, sondern entdeckt auch den schwarzen Van in Ceyhuns Umgebung wieder. Erik, das gibt Kommissar Hassenkamp ihm zu verstehen, ist ein Undercover-Polizist.

Dann beweist ein Verkehrsüberwachungsvideo, an das Gonzo und Mary Amos kommen, dass Betty offensichtlich ermordet wurde, auf der Stadtautobahn abgedrängt von dem schwarzen Van. Mary Amos nimmt Gonzo mit zu Erik, dem sie mit einiger Gewalt einen Teil der Wahrheit entlocken können: Bevor Boysen durchdrehte, war er bei Erik in Ceyhuns Club und dabei Zeuge eines Treffens zwischen Ceyhun, Il Nano und seinem Sohn Giorgio und der smarten Anwältin Diana Zander geworden. Als die Zander Boysen als Polizisten erkannte, wurde das Treffen abrupt abgeblasen. Giorgio, der wegen eines angeblichen Arzttermins aus dem Gefängnis gekommen war, wurde von Erik im schwarzen Van dorthin zurückgebracht – der dabei in den Unfall verwickelt wurde, den Betty filmte. Breitscheidts Order, so Erik, sei dann gewesen, Betty das Video mit den Bildern abzunehmen. Aber Erik beteuert, dass er Betty in dem Trubel vor Boysens Haus aus den Augen verloren habe und auch den Van nicht mehr benutzt habe.

Als Mary Amos und Gonzo dann auch noch sehen, dass derzeit im Club Ceyhun, Il Nino, die Anwältin Zander und der Bürgermeister der Stadt etwas verhandeln, ist klar, dass es hier um die Beendigung des Bandenkrieges geht. Die historischen Hintergründe kann der Vater von Mary Amos, ein in viele dubiose Geschäfte verwickelter ehemaliger Anwalt und Notar vermitteln: Danach hat die Stadtspitze in der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit mit dem italienischen Mob paktiert, um soziale Spannung zu verhindern und den Wiederaufbau auch mit finanzieller Hilfe zügig zu bewerkstelligen. Diese Allianz ist jetzt durch das Auftauchen der Türken erheblich beschädigt und musste nun – auch bedingt durch den Bandenkrieg – neu verhandelt werden, indem man die Türken mit ins Boot nahm.

Gonzo – und Betty – gerieten nur ins Visier, weil die Hintermänner das Video mit dem illegal auf freiem Fuß befindlichen Italiener haben wollten. Teils vermuteten sie es bei Gonzo, teils bei Betty. Deshalb schossen sie auf Gonzo und töteten Betty. Doch wer ist der Hintermann? Gonzo ahnt, dass es Kriminaldirektor Breitscheidt ist, der jetzt Gonzos Büro mit einer Durchsuchung auf den Kopf stellt und ihm dann auch unter vier Augen deutlich zu verstehen gibt, dass er seine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten stecken soll. Und auch die Anwältin Zander gehört zu den Hintermännern – das macht sie ihm klar, als sie ihm erklärt, dass sie soeben für anonyme Käufer das Haus mit Gonzos Büro gekauft hat und ihm kündigt. Die Befreiungsaktion für Boysen war ein geplanter Mord, erfährt Gonzo jetzt noch von Il Nano. Dabei hat die Polizei – also Breitscheidt – Boysen für ihre Aktion direkt in die Hände gespielt.

Damit ist fast alles aufgeklärt, aber wenig geklärt. Bettys Vater meint, dass er über seine Verbindungen sicher etwas gegen Breitscheidt ausrichten kann. Doch gegen Anwältin Zander – die offenbar nach den Vorfällen vor Boysens Haus den Polizei-Van mit Breitscheidts Einverständnis benutzte, um auf Gonzo zu schießen und auch um Betty zu töten – hat man nichts in der Hand. Nur schwer findet Gonzo mit dieser Erkenntnis ins Alltagsleben zurück, das von Weihnachtsvorbereitungen und Weihnachtsfeiern in der Journalisten-Kneipe ENTE geprägt ist. Und auch als er dann fast hautnah Zeuge wird, wie Bettys Vater in einer Rache-Aktion die Anwältin Zander in ihrem Büro aufsucht und erschießt, kann ihm dies nicht den Glauben an die Gerechtigkeit wiedergeben.

Mit »Bullenweinter« schließt das Autorenteam H.P. Karr und Walter Wehner ihre auf vier Bände angelegt »Gonzo«-Reihe ab. Während in den Krimis »Geierfrühling« und »Hühnerherbst« das bunte Medien-Panorama um den Videogeier Gonzo Gonschorek in nahezu alltäglichen oder auch mitunter ironisch überspitzen Kriminalstorys entwickelt wird, geht es in »Rattensommer« und »Bullenwinter« um düstere Polizei- und Korruptionsgeschichten, in denen die Autoren die weitverzweigten Strukturen des Verbrechens in der Großstadtgesellschaft zeigen. Weder der Polizeiapparat noch die Verwaltungsbehörden und schon gar nicht die Politik sind hier frei von Verstrickungen und Eigennutz – gegen die der Protagonist nicht als Vertreter der Gerechtigkeit antritt, sondern als hilfloser Beobachter und Chronist. Oder, wie Gonzo Gonschorek es ausdrücken würde: »Ich mache nur die Bilder.«

Rezension: © Thomas Przybilka

www.bokas.de
www.das-syndikat.com/autoren/autor/120-thomas-przybilka.html