Der Fall Collini
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34 Jahre hat Collini als unbescholtener Werkzeugmacher bei Mercedes gearbeitet. Und dann ermordet er anscheinend grundlos einen alten Mann. Ein Albtraum für Anwalt Caspar Leinen, der die Pflichtverteidigung übernimmt: Das Opfer, ein hoch angesehener Mann, ist der Großvater seines besten Freundes. Schlimmer noch, Collini schweigt beharrlich zu seinem Motiv. Leinen beginnt zu recherchieren und stößt auf eine Spur, die ihn mitten hineinführt in ein erschreckendes Kapitel deutscher Justizgeschichte ...
Ferdinand von Schirach: Der Fall Collini
„Der Fall Collini“ von Ferdinand von Schirach ist eineinhalb Jahre nach der Hardcover-Fassung nun als Taschenbuch bei Piper erschienen. Der Romanautor kommt eigentlich von einer anderen Seite, er ist Strafverteidiger.
Zu Beginn des Romanes passiert ein Mord an einem alten Mann. Der junge Anwalt Caspar Leinen erhält die Pflichtverteidigung des geständigen Täters und erhofft sich einen Karrierestart durch den Fall. Doch eine Überraschung erwartet ihn: Das Opfer ist jemand, den er von früher sehr gut kennt. Er war mit dem Enkel des angesehenen Industriellen, Hans Meyer, im selben Internat und hat mit dem oft den freundlichen Großvater besucht. Und nun wurde der Alte Opfer eines Mordanschlags, ausgeübt von dem Italiener Fabrizio Collini, der bislang nicht aufgefallen war.
Klar und präzise ohne jegliche Schnörkel schildert Ferdinand von Schirach die Personen seines Romanes. Der Autor muss nicht immer ins äußerste Detail gehen, ein flüchtiges Streifen und ein Blick genügen bei ihm, um eine Liebesgeschichte anzudeuten.
Zum Sittenbild eines Berufsstandes gerät die Beschreibung des Rechtsanwaltes Professor Dr. Richard Mattinger, der die Nebenklage in diesem Fall vertritt.
Überraschend landet der Prozess bei der Frage nach der Schuld von Tätern, die geltendes Recht in einem Unrechtsstaat ausüben. Was, wenn der Unrechtsstaat zu Ende ist? Und findige Juristen Hintertürchen für Täter in Form von Gesetzen schaffen, die vordergründig harmlos scheinen?
Ein kluger Roman nach einem fiktiven Kriminalfall von einem Autor, der mit seinen Kurzgeschichten über Fälle aus seinem Anwaltsleben Furore machte.
Der Wahn allein war Herr in diesem Land (Seite 173)
Ein junger Verteidiger bekommt seinen ersten Fall: Caspar Leinen soll den Mörder Fabrizio Collini verteidigen. Collini hat einen Industriellen im Hotel ermordet und ist geständig. Nur zum Motiv will er nichts sagen. Der Fall scheint eindeutig. Aber da erfährt Leinen, dass der Ermordete Hans Meyer ist.
Hans Meyer war der Opa seines verstorbenen Freundes in deren Familie Caspar die schönsten Jahre seiner Kindheit verbracht hat. Leinen gibt sein Mandat nicht ab, sondern will die Gründe für die Tat aufdecken. Er findet heraus, dass die Geschichte von Collini und Meyer einen grausamen gemeinsamen Nenner im Nationalsozialismus hat.
Der Leser erfährt viel über Taten der Nationalsozialisten und über die Gesetzgebung. Es macht einen nachdenklich, zu lesen, wie Gesetze geändert oder erlassen werden und was für Folgen es hat.
Die Perspektiven wechseln zwischen dem Gerichtsprozess in der Gegenwart und den Ereignissen in der Vergangenheit. So erhält der Leser nach und nach einen Überblick, wie es zu der Tat gekommen ist.
Gut gefallen hat mir, dass die beiden Anwälte Leinen und Mattinger sich nicht die Augen ausgehackt haben, sondern respektvoll miteinander umgegangen sind und die Arbeit des jeweils anderen gewürdigt haben.
Der Autor schreibt sachlich und schmückt nur dann aus, wenn es nötig ist. Der Leser wird trotzdem emotional berührt, weil der Fall Collini auf wahren Tatsachen beruht. Der Autor verarbeitet in seinen Büchern Ereignisse, die er selber bei seiner Tätigkeit als Strafverteidiger erlebt hat.
Ferdinand von Schirach packt viele menschliche Tragödien in seinen Kriminalroman: Da ist Leinen, der eine einsame Kindheit hatte und daher im Internat und bei der Familie Meyer aufwuchs, und da ist Collini, der durch den Krieg und die Nationalsozialisten seine Schwester und seinen Vater auf tragische Weise verlor.
Es ist Wahnsinn, wie viel Geschichte in so ein kleines Buch passt. „Der Fall Collini“ ist ein dünnes Buch mit 208 Seiten. Die Kapitel sind kurz, die Schriftgröße ist angenehm groß und der Text nicht zu eng, das macht das Lesen angenehm.
Ein ernster Schmöker, den ich empfehlen kann.
Justizskandal
Auf den jungen Anwalt Caspar Leinen wartet in seiner Funktion als Pflichtverteidiger ein äußerst undankbarer Fall. Der bis dahin völlig unbescholtene Fabrizio Collini tötete ohne ersichtlichen Grund den Industriellen Jean-Baptiste Meyer. Zu Leinens Entsetzen handelt es sich bei dem Opfer um den Großvater seiner Jugendliebe Johanna und sein Mandant verweigert jegliche Aussagen bezüglich seines Motivs. In dem Prozess bekommt es der unerfahrene Anwalt auch noch mit Starverteidiger Professor Richard Mattinger zu tun, so dass sich sein Anwaltsdebüt zunehmend zu einem Fiasko entwickelt. Die Situation erscheint aussichtslos, aber Caspar ist wild entschlossen, sich für die Interessen seines Mandanten einzusetzen ...
»Der Fall Collini« ist das Erstlings-Werk des mittlerweile erfolgreichen Autors und ehemaligen Strafverteidigers Ferdinand von Schirach. Er nimmt sich in seinem brisanten Fall eines Justizskandals der 70er Jahre an und verpackt diesen in einer fesselnden und aus meiner Sicht äußerst spannenden Story. Er erzählt die Geschichte in einem nüchternen aber sehr passend wirkenden Schreibstil, der die Geschehnisse authentisch und real wirken lässt. Der Leser wird quasi mit in den Gerichtsaal genommen und kann den dramatischen Entwicklungen hautnah folgen. Sehr gut beschrieben empfand ich die Gefühle und Gedanken der Protagonisten, die dieser emotionale Fall bei Ihnen auslöste. So stellte sich immer wieder die Frage von Gerechtigkeit und Pflichterfüllung, die ich auch als Leser öfters als sehr schwer zu beantworten beiseite schob.
Ich empfand die Umsetzung des Hörspiels als äußerst gelungen. Es war für mich auch eine neue Erfahrung, einem gut inszenierten Hörspiel zu folgen, nachdem ich schon einige Hörbücher genießen durfte. Das Hörspiel erzeugte mit den musikalischen Untermalungen und den unterschiedlichen Stimmen eine sehr dichte Atmosphäre und ließ mich sozusagen am Geschehen teilhaben. Gerade auch die dramatischen Momente im Gerichtssaal erzeugten die eine oder andere Gänsehaut beim Hören. Ein tolles Erlebnis.
Insgesamt bin ich begeistert von meinem Ausflug in die Hörspielwelt, gepaart von einem tollen Buch, so dass ich dieses Experiment nun häufiger wagen werde. Ich kann dieses Hörspiel nur wärmstens empfehlen und bewerte es folgerichtig mit den vollen fünf von fünf Sternen!!!
Wer ist Täter, wer ist Opfer?
Ein fünfundachtzigjähriger Industrieller wird in seinem Appartement in einem Berliner Nobelhotel bestialisch ermordet. Der Täter Fabrizio Collini ist sofort geständig, verweigert aber jegliche Aussage zum Motiv. Als sein Pflichtverteidiger wird der junge aufstrebende Anwalt Caspar Leinen bestellt. Eine einmalige Chance für diesen, sein erster großer Fall, der aber bald zum Alptraum wird, als er erfährt, dass das Opfer der Großvater seines besten Freundes ist. In seiner Erinnerung ein gütiger, liebevoller Mann, bei dem er einen Großteil seiner Kindheit und Jugend zubrachte. Trotzdem übernimmt Leinen den Fall und stößt bei seinen Nachforschungen in der Vergangenheit auf schier unglaubliche Ereignisse …
Ein packendes Stück Zeitgeschichte, das Ferdinand von Schirach hier als spannenden Kriminalfall aufbereitet hat. Der praktizierende Strafverteidiger gewährt dabei umfassenden Einblick in die Funktionsweise unserer Rechtsprechung, die Arbeit der Gerichte und die Vorgehensweise von Anwälten. Schonungslos lässt er den Leser an der Obduktion der Leiche teilnehmen und zeichnet detailgetreu die Gräueltaten im II. Weltkrieg auf. Dabei bedient er sich eines klaren und sachlichen Schreibstils, zurückgenommen und emotionslos, und dennoch mit sehr viel Tiefgang. Zwei Handlungszeiträume, Gegenwart und Vergangenheit, sind meisterlich ineinander verwoben. Empfindet man den Mörder anfangs noch als gefühlloses Monster, so hat man nach und nach immer mehr Mitleid mit ihm, wenn man die menschliche Tragödie und die Hintergründe, die zur Tat geführt haben, erfährt. Ganz unerwartet wird der Angeklagte selbst zum Opfer, das doch nur nach Sühne und Gerechtigkeit verlangt. Doch ein endgültiges Urteil kann es nicht geben – Fabrizio Collini entzieht sich der irdischen Gerichtsbarkeit …
Fazit: Eine Geschichte die aufrüttelt, beklommen macht und unter die Haut geht – ein Thema, das zu Diskussionen anregt – ein Buch das man gelesen haben muss.