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Die Hauptstadt

Roman
Buch
Gebundene Ausgabe, 459 Seiten

Verlag: 

ISBN-10: 

351842758X

ISBN-13: 

9783518427583

Auflage: 

6 (11.09.2017)

Preis: 

24,00 EUR
Schauplätze: 
Amazon-Bestseller-Rang: 221.123
Amazon Bestellnummer (ASIN): 351842758X

Beschreibung von Bücher.de: 

Der große europäische Roman Deutscher Buchpreis 2017

In Brüssel laufen die Fäden zusammen - und ein Schwein durch die Straßen.

Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an - die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das für Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend dämmert in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen; "zu den Akten legen" wäre zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller Länder Worte sprechen, die seine letzten sein könnten.

In seinem neuen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen.

Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen - für das Schwein, das durch die Straßen läuft. Und David de Vriend bekommt ein Begräbnis, das stillschweigend zum Begräbnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham.

Kriminetz-Rezensionen

Ein Bild von Europa

Zu Beginn des Romans „Die Hauptstadt“ geschieht ein Mord, der im weiteren Verlauf der Handlung in den Hintergrund gerät. Fenia Xenopoulou soll angesichts eines anstehenden Jubiläums das Image der EU-Kommission aufpolieren. Dazu spannt sie den Referenten Martin Susman ein. Für die Umsetzung von dessen Idee wird David de Vriend gebraucht, der dement in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof auf seinen Tod wartet. Als Kind ist er in letzter Minute von einem Viehwaggon gesprungen, der seine Eltern und den kleinen Bruder in den Tod führte. „Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen.“ „Die nationalen Identitäten, das war alles hinfällig … das war alles aufgehoben in einer gemeinsamen Sehnsucht, dem Wunsch zu überleben, dem Wunsch nach einem Leben in Würde und Freiheit.“ Ziel der Kommission müsse es heute mehr denn je sein, Nationalismus zu überwinden.

Kommissar Brunfaut lässt aus politischen Gründen den zu Beginn geschehenen Mord auf sich beruhen. Da steckt mehr dahinter, etwas, an das er nicht rühren darf, da es „zu groß“ für ihn ist. Das Schwein jedoch avanciert zum Medienstar. Es wird angeblich an so vielen Orten gesichtet, dass nur eine ganze Rotte dahinter stecken könnte. Was macht das mit Metaphern belegte Schwein? Es rennt weiter und lässt sich nicht fangen.

Fenia Xenopoulou möchte gerne in ihrer Karriere voran kommen, geht aber den rhetorischen Finten eines gewieften Grafen auf den Leim. Dabei soll Martin Susman doch endlich erreichen, dass „die Menschen“ die Kommission nicht nur als notwendig erachten, nein, vielmehr sollen sie sie als „sexy“ empfinden, als etwas mit Hype. Ein mutiges Unterfangen in Zeiten der Politikverdrossenheit, in denen scheidende Politiker, mit lukrativen Aufsichtsratsposten beschenkt, den dünnen Glauben daran, dass sie „Politik für die Menschen da draußen“ machen, mit einem Federstrich zerschreddern.

Robert Menasse erzählt seinen Hauptstadt-Roman in mehreren gekonnt ineinander verwobenen Handlungssträngen, analysiert dabei auf unterhaltsame Art und mit Kenntnis die Mechanik der Macht, die von „Enarchen“ gestützt wird, „sehr schlanken Männern mit unauffälligen, nicht zu teuren Anzügen, … fähig, stunden- und nächtelang zu verhandeln.“ Und er beschreibt mit genauer Beobachtungsgabe Menschen, die ihr Lebenselixier aus der Wirkung auf andere beziehen. Hinter einem großen Gebilde stecken viele kleine Puzzleteile, aus denen es sich zusammensetzt. Letztendlich steht der einzelne Mensch am Beginn der Kette – aber auch an ihrem Ende.

Der Schriftsteller wurde für seinen Roman „Die Hauptstadt“ mit dem Deutschen Buchpreis 2017 ausgezeichnet.

Eine ausgemachte Schweinerei

Ein Schwein macht die Straßen Brüssels unsicher, die EU-Kommission muss unbedingt ihr Image aufpolieren und ein Mord, der nicht stattgefunden hat, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die dahintersteckende Problematik ist tiefgründig und es bedarf einer geschickt angelegten Taktik, um dem Dilemma ein Ende zu setzen. Zwischen Bürokratie und Machtkampf, voller Tragik und Komik wird mit allen Mitteln um die Durchsetzung der jeweiligen Interessen gekämpft. Lobbyisten, Karrieristen und Heuchler, das Strippenziehen ist in vollem Gang und sorgt für so manche Überraschung, die sich immer mehr zu einer satirischen Persiflage entwickelt.

FAZIT
Ein äußerst vielschichtiger Roman, der zwischen Fiktion und Realität viele verschiedene Handlungsstränge zu einer geschickt miteinander verwobenen Geschichte verbindet, die sich zeitkritisch mit der europäischen Idee auseinandersetzt.