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Der Henker von Wien

Der fünfte Fall für Inspector Joseph Maria Nechyba. Ein Roman aus Wien im Jahr 1916
Buch
Broschiert, 274 Seiten

Verlag: 

ISBN-10: 

3839217326

ISBN-13: 

9783839217320

Auflage: 

1 (05.08.2015)

Preis: 

13,00 EUR
Schauplätze: 
Amazon-Bestseller-Rang: 365.390
Amazon Bestellnummer (ASIN): 3839217326

Beschreibung von Bücher.de: 

Winter 1916. Vor den Lebensmittelgeschäften stehen täglich Menschenschlangen. Die Versorgungslage mit Lebensmitteln ist katastrophal. Ein Schleichhändler beginnt Konkurrenten und unwillige Lieferanten auszuschalten, indem er sie aufhängt. Als im k. u. k. Kriegsministerium ein hoher Beamter erhängt aufgefunden wird, werden Oberinspector Nechyba und ein hoher Militärgendarm mit den Ermittlungen betraut. Bei der Suche nach dem »Henker von Wien« geht es Nechyba diesmal selbst fast an den Kragen.

Kriminetz-Rezensionen

Eine dunkle Zeit und ein grausamer Henker

„Hunger und Liebe sind die Triebkräfte aller menschlichen Handlungen.“
(Anatole France (1844 - 1924), eigentlich Anatole François Thibault, französischer Erzähler, Lyriker, Kritiker und Historiker, Nobelpreis für Literatur 1921)

„Der Henker von Wien“ ist der fünfte Roman aus dem alten Wien mit dem schwergewichtigen Inspektor (mittlerweile Oberinspektor) Nechyba.

Wir schreiben Oktober 1916, die Versorgungslage mit Lebensmitteln ist katastrophal. Die Menschen hungern. Das wenige, das sie um die Lebensmittelmarken erstehen können, macht nicht satt, und oft gibt es nicht einmal etwas zu kaufen. Österreich hat gleich zu Beginn des Krieges seine Kornkammer Galizien an Russland verloren. Zusätzlich straft Gott das Land auch noch mit unterdurchschnittlichen Ernten. Es gibt keine Milch, kaum Fleisch, Gemüse oder Fett. Der Bezug von Mehl ist rationiert, deshalb muss Nechyba auf sein Semmerl zum beliebten Gulasch verzichten, weil es in ganz Wien keine Semmeln mehr gibt. Und auch an Erdäpfeln wird im Gasthaus „zum Rebhuhn“ gespart und so bleibt Nechyba nichts anderes übrig als auf das Auftunken des Saftes zu verzichten.

Glücklicher sind nur jene die in diesen schwierigen Zeiten über ein eigenes Stück Land verfügen, das sich zum Anbau von Obst und Gemüse eignet. Wiener fahren zu Hamsterkäufen in ländliche Gebiete.

So ist es kein Wunder, dass der Schwarzmarkt floriert. In Hinterhöfen und –zimmern werden Lebensmittelgeschäfte durch dubiose Schleichhändler abgewickelt. Ohne Lebensmittelmarken, dafür zu horrenden Preisen. Die Konkurrenz ist groß. Einer dieser Schleichhändler, den alle nur unter dem Namen „die Quelle“ kennen, schaltet andere Händler und Lieferanten aus, indem er sie aufhängt.

In dieser schwierigen Zeit erregt ein Attentat auf Ministerpräsident Graf Stürgkh die Gemüter. Mehrere Kopfschüsse wurden auf ihn gerichtet. Zur selben Zeit wird der Prokurist des Kühl- und Gefrierhauses der Stadt Wien ermordet. Erhängt. Von der Quelle? Die Suche nach dem „Henker von Wien“ gestaltet sich als schwierig und wird auch für Nechyba sehr gefährlich...

Das neue Buch um Inspektor Nechyba ist grausamer und mitreißender als je zuvor. „Der Henker von Wien“ ist düsterer und dunkler als seine Vorgänger, entsprechend der Zeit in dem das Buch spielt. Kaiser Franz Joseph I stirbt im Alter von 86 Jahren, der Untergang der Monarchie ist greifbarer und näher als je zuvor. Gerade für Nechyba ist der Hunger und der Lebensmittelmangel besonders schlimm, kennen die Leser ihn ja als sehr gern essenden und auch kochenden Mann.

Loibelsberger versteht es, den Leser zu fesseln, und ihm den Hunger, das Leid und die Sehnsucht der Menschen nach einem besseren Leben nahe zu bringen. Das gelingt ihm vor allem durch die Erzählperspektive der jungen Marie, die sich mit dem Schleichhändler einlässt, damit ihre Mutter und sie endlich was zu essen haben. Der Wunsch, ein schönes Leben zu führen, abseits vom Schmutz und dem Hunger, treibt sie in die Arme eines skrupellosen Mannes, der sie mit Geschenken überhäuft, die ihr den Blick auf den wahren Menschen verblenden.

Der Leser leidet und hofft mit Marie mit, auch mit ihrer Mutter, die sich von ihr abwendet. Durch ihre Augen erleben wir auch den Kampf um das tägliche Brot mit, wundervoll erzählt in Kapitel 1/3. Man glaubt förmlich, auf der Strasse zwischen all den Menschen zu stehen, man riecht das frische Brot im Ankerwagen. Ein Geruch der sich mit den Fäkalien auf den Straßen und den Buttersäuregeruch der Menschen vermengt.

Gerade in Zeiten wie diesen, wo Tausende Menschen aus kriegsgebeutelten Gebieten Schutz suchen und in sichere Länder fliehen, ist es gut, sich vor Augen zu halten, dass es auch Österreich nicht immer so gut ging wie heute.

Historische Fakten und Wiener Lokalkolorit kommen auch im vorliegenden Buch nicht zu kurz. Nur an dem üblichen schwarzen Humor wird hier gespart, was durchaus verständlich ist, denn diese Zeit war alles andere als lustig. Interessant sind in diesem Teil die Rezepte, die Nechybas Frau und er auf den Tisch bringen und es sicher wert sind sie auszuprobieren, damit man sieht, dass es eigentlich nicht viele Zutaten braucht, um satt zu werden. Und einen Auftritt von Bronstein - für Fans von Andreas Pittler - gibt es auch. Interessante Randnotiz: Das Buch gibt es nur als Taschenbuch, und nicht als E-Book. Der Autor setzt sich seit Jahren für Printbücher ein und setzt damit ein Zeichen.

Fazit: Ein packender, sensibel erzählter und top recherchierter historischer Roman über eine dunkle Zeit in Österreich, die viele vergessen oder nicht erlebt haben, aus der Feder eines Autors, der sein Publikum zu fesseln vermag und sein Fach versteht. Nicht nur für eingefleischte Fans von Gerhard Loibelsberger ein Hit, sondern für jeden, der gern über den Tellerrand schaut und mehr über die Vergangenheit unseres Landes wissen will. Und natürlich auch für Krimileser.

Prädikat: Mein Top Tipp!