Himmel über London
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Die Welt, wie sie scheint In seinem neuen Roman »Himmel über London« spielt Håkan Nesser ein tiefgründiges Spiel mit der Wirklichkeit. »Wir kamen um 16.50 Uhr mit dem Heathrow Express in Paddington an.« Mit diesen lapidaren Worten beginnt der neue Roman des schwedischen Schriftstellers Håkan Nesser, der mit seiner Kommissar-Van-Veeteren-Reihe, seiner Serie um Inspektor Barbarotti und zahlreichen anderen Büchern zum Autor von Weltrang wurde. Viele Bücher des heute 63-Jährigen wurden verfilmt. Nesser gilt als Philosoph unter den Krimiautoren, ist für seine komplexen und trickreichen Charaktere und Handlungen bekannt. Und auch bereits dieser erste Satz aus dem Buch »Himmel über London«, das bereits 2011 in Schweden erschien, lässt aufhorchen. Håkan Nesser spielt ein originelles Spiel mit dem Genre Krimi Denn er erinnert an den Titel des Romans »16 Uhr 50 ab Paddington«, der aus der Feder der englischen Krimilegende Agatha Christie stammt. Die Unaufgeregtheit, die der Satz transportiert, ist - Nesser-Kenner wissen es - eine Finte. Denn im Folgenden entspinnt der Schwede ein gekonntes, hintergründiges und überaus originelles Spiel mit dem Genre, dem er seinen Erfolg verdankt, mit der Macht der Literatur und letzten Endes mit sich selbst als Autor, dem Urheber und Strippenzieher von Geschichten. Bereits in dem Erzählband »Aus Doktor Klimkes Perspektive« hatte Nesser sein literarisches Spiel mit Fragen rund um Schein und Sein getrieben. Ein Todkranker, ein Massenmörder und kaputte Armbanduhren Aber zunächst zur Handlung: Leonid Vernin ist schwerreich und schwerkrank. Der Krebs macht ihm zu schaffen. Er befindet sich in den letzten Wochen seines Lebens. Zusammen mit seiner nordamerikanischen Lebensgefährtin Maud, die er über seine Psychotherapie kennengelernt hat, reist er nach London. Dort hat er eine Zeit seines Lebens verbracht, und diese Zeit hat ihn sehr geprägt. Mit dabei: die beiden Kinder aus Mauds erster Ehe - Irina, die an einem neurotischen Hygienefimmel leidet, und der missratene Gregorius, der auf das Erbe seines Stiefvaters hofft. Allerdings hat Vernin noch zwei weitere Gäste eingeladen, von denen die anderen nichts wissen ...
Zur selben Zeit treibt in der englischen Hauptstadt ein Massenmörder sein Unwesen, der eine seltsame Angewohnheit hat: Bei seinen Opfern hinterlässt er eine kaputte Armbanduhr. Auch dies ist ein Zeichen, mit dem Nesser Signale an den Leser aussendet, Erwartungen weckt und ihn auf eine Fährte lockt. »Wer hat hier an der Uhr gedreht?« Himmel über London: klassischer Thriller und Spionagegeschichte Eine dysfunktionale Familie, die Nähe des Todes, Geheimnisse und London, eine Stadt, die von ihren Mythen, ihren Verbrechern und Geistergeschichten lebt. Dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht, macht Nesser in seiner Wortwahl deutlich. Wörter wie »Kontrollverlust«, »Sturm« oder »seltsam« künden von einer Welt, die dabei ist, aus den Fugen zu geraten. Nesser ist in seinem Element. Er baut die Bühne für einen klassischen Thriller, der sich sogar in eine Spionagegeschichte à la John le Carré zu entwickeln scheint. Nesser zieht hier wirklich alle Register seines Könnens, als Stilistiker und Dramaturg. Auch Verweise auf das Buch »Die Welt als Wille und Vorstellung« des Philosophen Arthur Schopenhauer deuten an, dass Nesser ein viel ausgeklügelteres Spiel treibt, als man es anfangs erahnt. An einer Stelle lässt er Vernin sagen: »... und ich ahnte, dass ich ein Steinchen in einem Spiel war, von dem ich mir überhaupt keine Vorstellung machen konnte.« Denn plötzlich taucht ein weiterer Charakter in der Geschichte auf: Lars Gustav Selén, ein mittelprächtiger Autor aus Schweden, dessen Geldbörse zufällig von Irina gefunden wird und der in einer seltsamen Verbindung zu Leonid Vernin zu stehen scheint. Wie Nesser schließlich zwei Handlungen mit zahlreichen Rückblenden zu einem Finale mit Paukenschlag führt, ist meisterlich und ein großes Lesevergnügen!
Ein ungewöhnlicher Roman
Ein Geburtstagsessen ist angesagt. Der todkranke und alte Leonard Vernim lädt neben seiner Lebensgefährtin vier Gäste in ein nobles Restaurant nach London ein, die Einladung beinhaltet auch Anreise und Hotel. Hakan Nesser entwirft in „Himmel über London“ nacheinander die spannenden Psychogramme exzentrischer Personen, die nicht mehr gemeinsam zu haben scheinen als eben den Himmel, der sich über ihnen spannt. Es scheint beinahe die Aneinanderreihung von Einzelporträts zu sein. Da sind neben anderen Personen Irina, die Tochter seiner Lebensgefährtin, die ihrem Waschzwang frönt und deren notorisch geldklammer Zwillingsbruder Gregorius. Ein Notar ist geladen und dann noch ein Mann, zu dem Leonard in einer Beziehung steht, über die außer ihm keiner Bescheid weiß.
Ein Serienmörder geht um in London, der seinen Opfer eine Armanduhr ums Handgelenk windet, aber das scheint nur Beiwerk zu sein. Denn eigentlich ist der Roman ein exzellent gemachtes Verwirrspiel mit verschiedenen Ebenen. Es gibt in Hakan Nessers Roman ein „Buch im Buch“, an dem Stephen G. Russell seit vielen Jahren arbeitet, eigentlich heißt er Lars Gustav Selén und ist der Sohn eines notorischen Lügners und Bahnhofvorstehers. In London spielt der Roman, immer wieder unterbrochen von Sequenzen aus der Vergangenheit. Es geht um eine verlassene Geliebte und um Spionage zwischen Ost und West. Der Spion ist so ein kleines Rädchen, dass er nicht weiß, was er warum macht. Und doch ist auch dieses kleine Rädchen so wichtig, dass man ihn in einer Villa, in deren Salon das Bild eines Schwanes mit gebrochenen Hals hängt, mit dem Tode bedroht.
Die verschiedenen Ebenen greifen derart geschickt ineinander über, dass man beim Lesen Mühe hat, sie zu unterscheiden. Mit „Himmel über London“ hat Hakan Nesser ein interessantes Buch geschrieben, das mit seinen bisherigen wenig gemein hat.