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Die verlorene Frau

Roman
Buch
Gebundene Ausgabe, 368 Seiten
Übersetzer: 

Verlag: 

ISBN-10: 

3453272897

ISBN-13: 

9783453272897

Erscheinungsdatum: 

11.05.2020

Preis: 

20,00 EUR
Schauplätze: 
Amazon-Bestseller-Rang: 287.513
Amazon Bestellnummer (ASIN): 3453272897

Beschreibung von Bücher.de: 

1961, Seaview Cottage: Die dreizehnjährige Rebecca und ihre Mutter leiden unter dem gewalttätigen Vater. In einer stürmischen Nacht pocht jemand an die Tür des abgelegenen Cottages. Wenig später sterben beide Eltern, doch die Umstände ihres Todes werden nie aufgeklärt.

2012, London: Eine junge Mutter verschwindet spurlos mit ihrem todkranken Baby. Ihre Schwester Iris, eine Journalistin, soll sie so schnell wie möglich finden. Sie bittet ihre Mutter Rebecca um Hilfe - die ihr nie von der schicksalhaften Nacht vor über fünfzig Jahren erzählt hat. Doch nur mit dieser erschütternden Wahrheit kann es Iris gelingen, das Baby zu retten …

Kriminetz-Rezensionen

Eine sehr berührende Familiengeschichte *****

Rebecca Waterhouse ist 5 Jahre alt, als ihr vom Krieg traumatisierter Vater aus der psychiatrischen Klinik, in der er die letzten Jahre verbracht hat, nachhause kommt. Nachhause, das ist die Seaview Farm an der Wittering Bay im Bezirk Chichetser in West Sussex, England. Hier hat sie mit ihrer Mutter Harriet die letzten Jahre gelebt. Nun ist ihr Vater wieder da, leider immer noch jähzornig und gewalttätig. Bis zu dem einen Abend, 8 Jahre später, als Rebecca, aufgeweckt durch einen heftigen Streit, nach unten kommt und ihre Mutter blutend am Boden findet. Ihr Vater hat sich selbst mit einer Pistole, die neben ihm liegt gerichtet.

Jahre später verschwindet Jessie, die Tochter von Rebecca, mit ihrer kleinen neugeborenen Tochter Elisabeth aus dem St. Dunstan's Krankenhaus. Vorerst spurlos. Das Fatale: die kleine Elisabeth ist schwer krank und braucht dringend Medikamente.

Im Jahr 1945 lerne ich Harriet kennen, die auf ihren Mann Josef wartet, der aus dem Krieg in der Normandie zurückkommen soll. Zusammen mit ihm findet sie eine Anstellung in einem herrschaftlichen Haus in der Nähe von London. Harriet beschreibt die Erlebnisse aus dieser Zeit in ihrem Tagebuch.

Im Jahr 1960 bin ich dabei, wie die 13-jährige Rebecca, nachdem sie ihre toten Eltern gefunden hat, von einem Polizisten stundenlang verhört wird.

Im Jahr 2014 ist Rebecca von ihrem Kinder- und Jugendfreund Harvey Roberts geschieden. Ihre Tochter Jessie, zu der Rebecca nur einen sehr losen Kontakt hat und die jetzt schwanger ist, lebt bei ihrem Vater. Ihre jüngere Tochter Iris, die sie mit ihrem zweiten Mann John bekommen hat, steckt gerade mitten in der Scheidung von ihrem Mann James.

In immer wieder wechselnden Zeiten, mit immer wieder wechselnden Protagonisten erfahre ich im Laufe der Geschichte immer mehr von Rebecca, Harvey, Jessica und Iris. Und von einer Frau, die in der Ich-Form immer mal wieder auftritt. Ihrer aller Leben ist etwas verworren, jeder hat mit sich zu tun und versuchen mit der ihrer eigenen Vergangenheit umzugehen. Besonders hat es mir hier Jessie angetan, die schon vor der Geburt ihrer Tochter Elisabeth, die sie nach ihrer Stiefmutter Liz benannt hat, Probleme hat. Ihr Mann James ist mal wieder auf Geschäftsreise im Ausland und kann so bei der Geburt nicht dabei sein. Dann plagt die junge Mutter eine schwere Wochenbettdepression und ihre kleine Tochter benötigt dringend ihre regelmäßigen Medikamente. Vor allem hindert sie dann niemand daran, in einem unbeobachteten Augenblick das Krankenhaus zu verlassen und zu verschwinden. Während der Suche nach der jungen Frau hatte ich die allerschlimmsten Befürchtungen, für sie aber vor allem auch für Elisabeth.

Aber auch die Kapitel, die in die Vergangenheit zurückgehen, sind sehr spannend und ich habe mich immer wieder gefragt, wie das alles wohl zusammenhängen mag. Nicht nur die Sichtweise von Rebecca hat mich gefesselt. Auch wenn Harriet erzählt, finde ich das sehr berührend. Ich bewundere diese Frau, die, auch wenn ihr Mann sich so stark verändert hat, nicht von ihrer Liebe abweicht.

Emily Gunnis hat hier Personen geschaffen, die sehr vielschichtig sind, die ich mir gut vorstellen kann, mit denen ich mitfiebern und mit leiden kann. Je näher ich jeden Einzelnen kennenlerne, desto mehr falle ich in die Geschichte hinein.

Auch die vielfältigen Themen, die hier angeschnitten werden, wie ungewollte Kinderlosigkeit, Wochenbettdepression, Kriegsneurosen, Vergewaltigung, häusliche Gewalt und das anhängliche Verhalten von Reportern, tragen dazu bei, dass ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte endet.

So sehr ich das Ende auch herbeigesehnt habe, das schlüssig alle losen Fäden verbindet, so traurig war ich, als ich es erreicht hatte.

Sehr schön finde ich zu erfahren, wie Emily Gunnis auf dieses so tiefgreifende Thema gekommen ist. Das verrät sie uns am Schluss der Geschichte.

»Die verlorene Frau« ist eine einerseits warmherzige, berührende, andererseits anrührende, traurige und manchmal schockierende Geschichte. Mir hat sie einige bewegende Lesestunden geschenkt. Ich vergebe eine Leseempfehlung und 5 glänzende Sterne.

Schicksale

Zum Inhalt:
Die Journalistin Iris wird von ihrer Mutter Rebecca um Hilfe gebeten, als ihre ältere Halbschwester Jessie gemeinsam mit dem neugeborenen Baby aus dem Krankenhaus verschwindet. Bald stellt Iris fest, dass der Grund dafür in der Vergangenheit liegt, die Rebecca vor ihren Töchtern verborgen, von der allerdings Jessie Kenntnis erlangt hat: Als 13-jährige musste Rebecca den Tod ihrer Eltern und das anschließende Verhör durch einen rücksichtslosen Polizisten verkraften; ein Trauma, von dem sie sich nie ganz erholt hat.

Mein Eindruck:
Dieser Roman verlangt seinen Leser/inne/n vieles ab. Zuerst einmal durch das Stilmittel, die Geschichte aus mehreren Sichten zu erzählen, so dass es eigentlich keine wirkliche Hauptfigur gibt. Dazu spielt er zum Teil in der Zeit vor Rebeccas Geburt und in ihrer Kindheit, zum anderen Teil wird nur eine gute Woche im Hier und Jetzt geschildert. Und auch die Form bietet mit Tagebucheinträgen Abwechslung zu den Kapiteln, die in der dritten Person geschrieben sind.

Gunnis brilliert mit wunderbar gebrochenen Frauenfiguren, die trotzdem alle ihr Schicksal annehmen und zu verbessern versuchen. Keiner ihrer weiblichen Charaktere ist ein Feigling, sie leiden zwar (zumeist unter Männern), aber alle versuchen das Beste aus ihrer Situation zu machen. Die männlichen Figuren fallen dagegen zumeist eindeutig ab. Entweder lassen sie sich (manchmal von Frauen) treiben oder verzweifeln und geben sich dem Alkohol oder der Gewalt hin.

Doch irgendwann ist es fast zu viel des Schlechten und man möchte so manches Mal das Personal des Romans schütteln, wenn es gar zu verbohrt, egozentrisch oder dumm reagiert. Andererseits ist das wohl menschlich. Und Menschlichkeit ist eine Stärke.

Mein Fazit:
Das starke Geschlecht ist das weibliche. Eindeutig.