Wenn Engel brennen
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Als Polizeichefin von Buchanan, dem Ort ihrer Kindheit, hat Dove Carnahan schon viel gesehen. Es ist keine kuschelige Gegend: Hier in Pennsylvania liegen vom Kohleabbau verwüstete Landstriche brach, Geisterstädte rotten vor sich hin, Menschen rackern sich ab oder haben sich längst aufgegeben, Träume blühen und welken. Oder sie verbrennen, wie das tote Mädchen in der vor Jahrzehnten geräumten Siedlung Campbell’s Run, das ein entsetzter Farmer in einer glühenden Erdspalte entdeckt.
State Trooper Nolan reißt die Ermittlung sofort an sich, doch Chief Carnahan bleibt mit dran. Auf der Suche nach dem Hintergrund der Toten bekommen sie es mit der berüchtigten Truly-Familie zu tun. Kriminell oder arbeitslos, verschworen und zerstritten - die Trulys sind Redneck-Unterschicht der schlimmsten Spielart. Und verstärken in der Polizeichefin längst überwunden geglaubte Alpträume.
Tawni O’Dell hat einen sehr eigenen Erzählton, seidig und verstörend. Ironisch und detailverliebt zieht sie in den Kosmos ihrer Figuren hinein, schlägt erbarmungslos drastische Volten und flicht unbequeme Widerhaken ins geschmeidige Gewebe ihrer Geschichte. Wenn Engel brennen ist ein sardonischer »psychological thriller« und ein Milieu-Noir, ein Pageturner-Rätsel und eine hypnotische Charakterstudie.
Mehr als ein Whodunnit
Ein totes, verbranntes Mädchen in der Erdspalte eines stillgelegten Bergwerks in einer Geisterstadt in Pennsylvania ruft Dove Carnahan, die Polizeichefin von Buchanan, auf den Plan. Die Tote, Camio Truly, ist ein junges Mädchen, das in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist. Trotz dieses von Alkoholismus und Gewalt geprägten Umfeldes war sie ambitioniert, wollte aufs College, hatte einen Job und einen Freund, der von ihrer Verwandtschaft sofort als Täter ausgemacht wird.
Gleich vorweg, es ist für mich ein Buch, das ich am liebsten sofort noch einmal lesen würde.
Die Herausgeberin Else Laudan schreibt über Dove Carnahan: »So kommen wir zu Chief Carnahan, der ersten Polizeichefin des County, einer Frau, die sich nicht mit Klischees zufriedengibt und eine Nase für die Bedeutung des scheinbar Unbedeutenden besitzt. Die genau weiß, wie sehr der Schein trügen kann, weil sie selbst nicht ist, was sie scheint. Eine Ermittlerin, auf die das Genre gewartet hat.« Dem kann ich mich nur anschließen.
Dove Carnahan hat natürlich, wie es sich für die Protagonistin eines Kriminalromans gehört, ein Trauma. In ihrem Fall ist es der Mord an ihrer Mutter, doch sie ergibt sich nicht, wie sonst im Genre üblich, Alkohol und Zynismus, sondern beschließt, etwas aus sich zu machen. Doch die Vergangenheit ist allgegenwärtig, nicht nur für sie und ihre Schwester Neely, sondern auch für ihren Bruder Champ und Neffen Mason.
Tawni O’Dells „Wenn Engel brennen“ ist zwar als Krimi deklariert, hat auch die üblichen Elemente eines solchen, doch ist es weit mehr, es ist eine Gesellschaftsstudie, die vom Niedergang einer Gegend erzählt, von alltäglichen Sexismus und von struktureller, sowie häuslicher Gewalt.
Es ist mir unverständlich wieso diese Autorin, die immerhin sechs Romane geschrieben hat, nicht von deutschen Verlagen entdeckt wurde. Gut, dass der Ariadne Verlag ein Auge für solche Schätze hat.