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Wer das Schweigen bricht

Buch
Taschenbuch, 224 Seiten

Verlag: 

ISBN-10: 

386532231X

ISBN-13: 

9783865322319

Auflage: 

4 (07.02.2011)

Preis: 

9,95 EUR
Schauplätze: 
Amazon-Bestseller-Rang: 90.151
Amazon Bestellnummer (ASIN): 386532231X

Beschreibung Verlag: 

August 1939: In den Wirren des Zweiten Weltkriegs verlieren sich sechs junge Menschen in einem Netz aus Freundschaft, inniger Liebe und tiefgreifendem Hass. Was aber hat das mit Robert Lubisch zu tun, der beinahe 60 Jahre später im Nachlass seines Vaters, einem Industriemagnaten der Nachkriegszeit, den SS-Ausweis eines Unbekannten und das Foto einer schönen Frau findet? Lubisch’ Neugierde ist geweckt: War sein Vater doch nicht so makellos, wie er immer angenommen hatte? Und wer ist die Fremde? Auf der Suche nach Antworten stößt Robert Lubisch auf die ehrgeizige Journalistin Rita Albers, die sofort eine große Story wittert. Doch die Wahrheit lockt die Geister der Vergangenheit wieder hervor und zieht grausame Folgen nach sich. Lubisch ahnt, dass die Geschichte seines Vaters noch viel dunkler ist, als er befürchtet hat. Danach ist nichts mehr, wie es einmal war.

Mechtild Borrmann wurde 1960 geboren und lebt heute in Bielefeld. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie am Niederrhein. Sie arbeitete u. a. als Tanz- und Theaterpädagogin, in der Drogenberatung und lebte auch mal eine Zeit lang auf Korsika. Im Pendragon Verlag erschienen die Romane »Mor­gen ist der Tag nach gestern« 2007 und »Mitten in der Stadt« 2009

Kriminetz-Rezensionen

Mechtild Borrmann: Wer das Schweigen bricht

Unaufgeregt beginnt Mechtild Borrmanns Roman. „Wer das Schweigen bricht“ ist bereits ihr drittes Buch im Pendragon-Verlag. Die Bielefelder Autorin wuchs am Niederrhein auf, dort, wo viele ihrer Krimis handeln. Nachdem „Wer das Schweigen bricht“ es bereits auf die KrimiZEIT-Bestenliste schaffte, wurde es 2012 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.

Robert Lubisch hat seinen Vater beerdigt und ist nun dabei, dessen Sachen zu ordnen. Dabei fällt ihm ein kleines Zigarrenkästchen in die Hände. Ein Vierteljahr lang steht das Kästchen in seinem Arbeitszimmer, bis seine Frau beim Blättern im alten Fotoalbum auf ein Bild mit ebendiesem Kästchen stößt. Robert öffnet das Kästchen.

Neben Papieren findet Robert das Foto einer schönen, ihm unbekannten Frau. Das macht ihn neugierig. Wer ist diese Frau? Birgt die Vergangenheit des Vaters ein Geheimnis? Robert stößt eine Suche nach dieser Frau an und rüttelt damit an Ereignisse, die lange zurückliegen. Eine Journalistin nimmt die Spur auf und rührt folgenschwer an diesen alten Dingen, die doch alle Beteiligten vergessen wollten. Am meisten vergessen will die betagte Frau auf Mallorca, zu der Robert das Bild führen wird. Ihre Tage werden von gleichbleibenden warmem Wohlklang bestimmt, und doch ist sie trotz dieses behüteten Äußerem, das sie sich geschaffen hat, nicht glücklich, konnte es nie mehr sein.

Der Roman erzählt in Rückblenden einfühlsam von jungen Menschen, die befreundet sind. Von den Umständen, denen sie in den letzten Jahren des Dritten Reiches ausgeliefert sind und davon, wie sie Dinge machen, die sie in einer anderen Situation vielleicht nicht gemacht hätten, wer weiß das schon. Das Leben des Einzelnen ist unentrinnbar eingebettet in einen größeren Kontext. Verschiedene Varianten des Lebens, des Überlebens werden anhand verschiedener Personen vorgeführt: Angepasste, Mitläufer, Aufmuckende, Gegner, Profiteure des Regimes. Und auch davon wird berichtet, was danach aus ihnen wurde. Wie es einige der Ärgsten schafften, ihre Fahne wieder in den „richtigen“ Wind zu hängen. Und das passiert in einer klaren, stilsicheren Sprache.

Eingebettet in den Überlebens-Alltag der Menschen in den letzten Kriegs-Jahren ist eine großartige Erzählung von Liebe, von Besitzenwollen, Zurückweisung und Verrat. „In jenem Sommer formierte sich die verheerende Kraft zurückgewiesener Liebe“. Diese verheerende Kraft wirft ihre langen Schatten in das Jahr 1998, als für Robert Lubisch alles anders wird.

Dieses Buch sollte als Schullektüre empfohlen werden!

Schweigen hilft nicht ...

Mechtild Borrmann ist ein großartiges Buch gelungen, eine gelungene Mischung zwischen Krimi und historischen Roman: es werden zwei Handlungsstränge miteinander verbunden, verwebt und verzahnt …

Ein Handlungsstrang spielt im Jahr 1998: Nach dem Tod seines Vaters löst Robert Lubisch dessen Haushalt auf. Zu Lebzeiten hatte er zu ihm ein höchst angespanntes Verhältnis, spätestens nachdem er sich entschieden hatte, nicht in dessen Firma einzusteigen, sondern Arzt zu werden. Robert findet bei der Sichtung der Unterlagen einen SS-Ausweis eines fremden Mannes und das Foto einer – ebenfalls unbekannten – attraktiven Frau, offensichtlich im Krieg aufgenommen. Roberts Neugierde ist geweckt … Wieso hat der Vater diese Dokumente solange aufgehoben? Auf der Rückseite des Fotos findet sich eine Adresse eines Fotoateliers in Kranenburg am Niederrhein. Robert beschließt, dorthin zu fahren und nachzufragen …

Der zweite Handlungsstrang beschreibt die Jugend und das Erwachsenwerden von sechs jungen Menschen in eben diesem Kranenburg in der Zeit von 1939 bis in die 50er Jahre. Im Juli 1939 versprechen sie sich: „…dass wir uns nicht aus den Augen verlieren und einer für den anderen da ist, so wie es in den letzten Jahren auch war“ (S. 47) Unter den Bedingungen des Nationalsozialismus wird dieses Versprechen jedoch bald gebrochen: Geheimnisse, Misstrauen, Verrat, Denunziation und vielfältige Formen der Liebe (wahre, zurückgewiesene, falsch verstandene usw.) machen dies unmöglich.

Wir als Leser begleiten sowohl Robert als auch die sechs jungen Menschen in ihrer jeweiligen Zeit, wir freuen uns mit den Protagonisten, leiden mit ihnen, sehen Gefahren auf sie zukommen, erkennen Lügen und hoffen auf Aufklärung. Frau Borrmann hat den Zeitgeist der Kriegszeit sehr gut eingefangen, ebenso wie das Leben in Orten „wo jeder jeden kennt“ und die landschaftliche Atmosphäre am Niederrhein so plastisch beschrieben, dass ich manchmal den Eindruck hatte, selbst in Kranenburg zu leben.

Der Spannungsbogen in beiden Handlungssträngen wird konsequent aufrechterhalten (beide sind auch durch Daten als Überschriften sehr gut voneinander zu unterscheiden), am Ende werden alle losen Enden sorgfältig verknüpft und wir als Leser können ein Gesamtkunstwerk „betrachten“, da „alles mit allem“ im Zusammenhang steht … Und die Überraschung ist perfekt geglückt!

Dem Buch vorangestellt hat die Autorin ein Zitat von Albert Camus, das ich hier (aber nicht nur hier!) sehr passend finde: „Zu denken ist die Geschichte leicht, einzusehen aber schwer für all jene, die sie am eigenen Leib erfahren.“ Gerade bei Büchern, die in der Zeit von 1933 – 1945 spielen, stellen wir uns doch häufig die Frage: Und wie hätte ich gehandelt und reagiert?

Nach „Trümmerkind“ (von dem ich ebenfalls begeistert war!) ist dies für mich der zweite Roman von Mechtild Borrmann gewesen, aber ich bin zu 100% sicher, dass ich nach und nach alle Bücher dieser Autorin lesen werde …

Also: hier eine ganz klare und überzeugte Leseempfehlung!