Das Zeugenhaus
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Opfer und Täter unter einem Dach: Schuld und Sühne 1945Im November 1945 beginnt in Nürnberg der Prozess gegen die hohen Repräsentanten der NS-Diktatur. Eine Villa am Stadtrand dient als Gästehaus für Zeugen der Anklage sowie der Verteidigung. Auf engstem Raum treffen Schuldige, Mitläufer, Opfer und solche, die sich immer arrangieren, aufeinander. Christiane Kohl recherchierte die ungeheuerlichen Vorgänge im Haus und erzählt hautnah von der dramatischen Verstrickung jedes Einzelnen in jenem Augenblick, als die Welt über Deutschland zu Gericht saß.
Eine ungewöhnliche WG
Im völlig ausgebombten Nürnberg beginnt im November 1945 der Prozess gegen hohe Repräsentanten der NS-Diktatur. Wo sollen die Zeugen des Prozesses untergebracht werden? Eine nach außen unscheinbar wirkende Villa in der Novalisstraße am Nürnberger Stadtrand wird zum Gästehaus sowohl für die Zeugen der Anklage als auch der Verteidigung. Wie auf einer Bühne treffen sich hier auf engsten Raum Schuldige, Opfer und Menschen, die es immer prächtig verstehen, ihre Fahne in den jeweils „richtigen“ Wind zu hängen. Ein Ort, an dem Erlebtes, Verlorenes und große Gefühle aufeinander prallen. Hausdame im „Zeugenhaus“ wird Gräfin Kálnoky. Die Amerikaner engagieren sie kurz nach der Geburt ihres vierten Kindes, um die Gäste zu betreuen und um auf das Klima innerhalb der illustren Gästeschar einzuwirken, denn im Haus halten sich ehemalige Gegner auf.
Dies hätte rasch zur explosiven Mischung werden können, denn dies war ein Ort, an dem „völlig verschiedene Welten ganz direkt aufeinander prallten“. Christiane Kohl erzählt eine wahre, tief bewegende Geschichte, in der es nicht nur um Abrechnung, Aufarbeitung sondern auch um Neuanfang geht. Sie traf die deutsch-ungarische Gräfin Kálnoky, die als sehr attraktiv und mehrerer Sprachen mächtig beschrieben wird, im Winter 1995 in deren winzig kleiner Wohnung in Cleveland, Ohio. Neben vielen anderen Erinnerungsstücken bewahrte die mittlerweile 87jährige Dame eines der Gästebücher des Hauses in der Nürnberger Novalisstraße auf. Ein anderes der Gästebücher hatte Christiane Kohl bereits in ihrem Elternhaus gesehen. Ein Freund ihres Vaters, Bernhard von Kleist, der Dolmetscher bei den Nürnberger Prozessen gewesen war, zeigte es ihr. Seine Ehefrau, Annemarie von Kleist, war die zweite Hausdame im Zeugenhaus gewesen.
Willkürlich zusammen gewürfelt scheinen die Protagonisten zu sein, die das Schicksal alle in dasselbe Haus spülte. Den Chef der Gestapo, Hitlers Leibfotograf, Görings Privatsekretärin, Auschwitz-Überlebende und weitere Zeugen. Viele weitere gingen in dem Haus als Gäste ein und aus, wie etwa Nina Gräfin von Faber-Castell und der Militärpriester Fabian Flynn. Am Ende des mit Fotos angereicherten Buches werden die Mitarbeiter und Langzeitbewohner des Zeugenhauses in einem Personenregister aufgeführt.
Ein äußerst empfehlenswertes Buch über ein Kapitel deutscher Geschichte. Umfangreich recherchiert, spannend und lebendig geschrieben. Sehr gut als Unterrichtslektüre vorstellbar!
„Das Zeugenhaus“ wurde fürs ZDF in überzeugender Besetzung verfilmt. Iris Berben spielt die Gräfin Kálnoky, dafür wurde deren Biografie etwas verändert. Der Kronzeuge der Anklage Erwin Lahousen, der von Alpträumen und Depressionen geplagt wird, wird dargestellt von Matthias Brandt. Tobias Moretti spielt Rudolf Diels, den Begründer der Gestapo. Henriette von Schirach, hemmungslos auf ihren eigenen Vorteil bedacht, ist mit Rosalie Thomass besetzt. Gisela Schneeberger spielt Görings scharfzüngige Privatsekretärin Gisela Limberger, deren Augen und Ohren kaum etwas verborgen bleibt. Des Weiteren wirken neben anderen mit: Edgar Selge, Udo Samel und Samuel Finzi. Der Film, der am 24.11.2014 im ZDF ausgestrahlt wurde, ich auch als DVD erhältlich. Regie führte Matti Geschonneck, das Drehbuch stammt von Magnus Vattrodt.