Alfred Bekker im Interview über »Norderneyer Dünengrab«

Ostfrieslandkrimi-Autor Alfred Bekker im Interview zu seinem neuen Buch »Norderneyer Dünengrab«.

1. Ihr neuer Ostfrieslandkrimi »Norderneyer Dünengrab« ist erschienen. Was erwartet interessierte Leserinnen und Leser?

Alfred Bekker: Bernhardine Huusbrink geht am Strand mit ihrem Hund spazieren. Der etwas unerzogene Hund entwischt ihr in die Dünen und beginnt dort an einer bestimmten Stelle zu graben …

Er findet einen Toten und damit beginnen wenig später die Ermittlungen in einem Mordfall. Dass der Tote keines natürlichen Todes gestorben ist, ist schnell klar. Jemand hat ihm einen Schlag auf den Kopf versetzt. Wie sich später herausstellt, ist die Tatwaffe der Spaten, mit dem der Mann auch im Dünensand vergraben wurde. Aber wer ist er? Wo ist seine Kleidung?

Kommissar Manno Lewert und sein Kollege Tjark Drönkemeier stehen vor einem Rätsel. Der Super-Recogniser und Privatdetektiv Wieland von Bröking glaubt, das Gesicht des Toten identifizieren zu können: Er soll ein flüchtiger Anlagebetrüger sein, der eigentlich im Ausland untergetaucht ist und nach dem Polizei und Gläubiger seit Langem vergeblich suchen.

Aber plötzlich tauchen Zweifel auf: Hat der hochbegabte von Bröking, der angeblich jedes Gesicht, das er mal gesehen hat, mit höherer Treffergenauigkeit identifizieren kann als jede Gesichtserkennungssoftware, sich vielleicht ausnahmsweise mal vertan? Die Ermittler haben es plötzlich mit bis zu drei verschiedenen Personen zu tun, die mit dem Toten identisch zu sein scheinen.
Dann geschieht ein weiterer Mord …

Der Fall bekommt eine neue Wendung.

2. Im Klappentext ist von einer Schießerei auf der Fähre die Rede – kommt etwa das organisierte Verbrechen auf die Insel?

Alfred Bekker: Genau das ist die Frage, die sich auch für die Inselermittler stellt.
Als Manno Lewert die Fähre benutzt, um nach Norderney zu gelangen, gerät er in eine Schießerei und muss entsprechend einschreiten. Zunächst erscheint es so, als ob da ein paranoider, unter Medikamenteneinfluss stehender Irrer agiert, der sich vom Rest der Welt inklusive einer an Bord befindlichen Rockergang verfolgt glaubt.

Aber spätestens, als die Mitglieder dieser Rockergang dann ungebetenerweise in Wieland von Brökings Wohnzimmer auftauchen, wird klar, dass tatsächlich alles mit allem zusammenhängt …

3. Jedes Jahr verursachen Anlagebetrüger – wie der von Wieland von Bröking identifizierte Flüchtige – Milliardenschäden. Die Opfer, die in der Emotion schnell »zugegriffen« haben, sind häufig einen Großteil ihres Vermögens los. Finden Sie, dieses Thema und was man dagegen tun kann, hätte mehr Aufmerksamkeit verdient?

Alfred Bekker: Es ist ein sehr klassisches Thema, denn es geht um unsere eigene Gier, die uns verführbar und zu potenziellen Opfern macht. Jemand verspricht das Blaue vom Himmel und man will es ihm glauben – und dann ist der Betreffende plötzlich weg und das eingesetzte Geld ist ebenfalls verschwunden. Insofern bekommen solche Fälle in der Öffentlichkeit von jeher eine sehr hohe Aufmerksamkeit.

4. Wieland von Bröking ist eine außergewöhnliche Romanfigur, ich schätze, es ist eine Herausforderung, sich in einen solchen Menschen hineinzufühlen. Brauchen Sie als Autor für die Dialoge und Szenen mit dem exzentrischen Super-Recogniser eigentlich länger als bei »gewöhnlicheren« Figuren?

Alfred Bekker: Es kommt immer darauf an, dass man in einer Figur »gut drin« ist. Dann schreiben sich die Dialoge im günstigsten Fall fast wie von selbst. Bei von Bröking ist eben das Besondere, dass er die Dinge auch ausspricht, die die meisten Leute für sich behalten würden. Seine Assistentin Jarmila muss dann immer dafür sorgen, dass das Ganze zumindest einigermaßen sozialverträglich bleibt

Letztlich ist das ein humorvolles Spiel mit dem widersprüchlichen Drama der menschlichen Existenz: Wir wollen, dass der andere ehrlich und aufrichtig ist. Aber nicht zu ehrlich und zu aufrichtig - und wenn, dann auch nur in bestimmten Momenten und gegenüber bestimmten Personen. Und wenn jemand dazwischen ist, der diese Regeln nicht so ganz einhält, sorgt das in der Realität für Irritationen – und im Roman für skurrile Situationskomik.

Das Interview wurde geführt auf www.ostfrieslandkrimi.de.