Die Banklady auf der Insel

Ebenso schick wie selbstbewusst geht die "Banklady" (Nadeshda Brennicke) ans Werk. Foto: Foto: © Studiocanal

Die riesige Maschine brummelt wie ein wackeliges Monster vor sich hin. Sie speit große bunt bedruckte Papierbahnen aus. Eine junge Frau gießt mit einer Schöpfkelle Farbe in eine Rinne und immer wieder prüft sie das Papier. Von der Arbeit an der Maschine bekommt sie rissige Hände. Nach dem ersehnten Feierabend, den die Stechuhr einläutet, geht Gisela nach Hause. Wie in den Sechzigern üblich hat die Dreißigjährige immer noch ein Zimmer bei den Eltern. Da sind der versehrte Vater und die alle bekochende Mutter, die hofft, Gisela würde endlich dem Werben ihres Kollegen Uwe (Andreas Schmidt) aus der Tapetenfabrik nachgeben. Es ist ein deutsches Nachkriegsszeanrio, das in Banklady authentisch und bei aller gezeigten Tristesse und Spießigkeit liebevoll und detailgetreu in Bildern gezeichnet wird.

Herzerfreuend ist der Anblick der VW-Käfer, die von Giselas neuem vor Vitalität strotzenden Freund Peter (Charly Hübner) aufgebrochen und kurzgeschlossen gestartet werden. Er braucht sie nämlich für seine Banküberfälle, bei denen Gisela bald zur Hauptperson und zur treibenden Figur wird. „Ich will eine Bank machen“, mault sie ihn an, als der letzte Überfall für ihr Empfinden zu weit zurück liegt. Und wie sie das macht! Aus der mauerblümelnden Fabrikarbeitern wird eine hinreißend elegante Lady, wunderbar gespielt von Nadeshda Brennicke.

Doch Peter ist nicht ehrlich zu ihr, der Charmeur hat ein Doppelleben mit Frau und Kind. Als Gisela dahinter kommt, bietet sie ihm mit dem frechen Raub der dafür benötigten Waffe direkt aus dem Polizeipräsidium das geeignete Mittel für einen letzten großen Coup. Der soll ihnen die finanziellen Mittel liefern, damit Peter oder Hermann, wie er wirklich heißt, sich endgültig entscheiden kann. Geht er mit seiner Frau und dem Sohn nach München oder bricht er aus seinem bisherigen Leben aus und flieht mit Gisela nach Capri?

Die ganze Nation rätselte damals über die Identität der raubenden Frau, denn Gisela Werler, die Banklady, gab es wirklich. Der Film stellt ihre Lebensgeschichte vor. Das Rätseln um die Banklady füllte die Presse, Gisela selbst sammelte die Ausschnitte und klebte fein säuberlich alles, was über sie geschrieben wurde, in ein Fotoalbum ein.

Die ganze Zeit über ist ihr Ermittler Fischer (Ken Duken) auf den Fersen. Wie ein amerikanischer Detective analysiert er ihre Vorgehensweise und ist wohl einer der ersten Profiler. Sein Chef Kaminski (Heinz Hoenig) ist nicht so ganz von den Methoden des jüngeren Kollegen überzeugt.

Doch beim letzten Überfall geht alles schief. Das Paar fliegt auf und landet erst vor Gericht, dann im Gefängnis. Und die ahnungslose Mutter jammert voller Selbstmitleid: „Da bleibt mir nur noch der Strick.“

Und was passierte im echten Leben mit der Liebe? Die Liebe blieb! Noch in Haft heirateten die beiden und blieben nach ihrer Entlassung zusammen.

Mit dem Film ist ein Gesamtkunstwerk gelungen, das sich auf jeden Fall anzuschauen lohnt. Und es ist eine Hommage an Träume und ein Film über die eine große Liebe, für die eine Frau einen illegalen Weg geht und alles opfert, bis hin zu ihrer bürgerlichen Existenz. Der Film hat auch lustige Szenen, etwa wenn Gisela ihrem Freund, der durchs Fenster in ihr Zimmer steigt, gegenüber vortäuscht, sie hole Wein aus dem Keller und diesen geschwind in einer Kneipe kauft. Wieder zurück erklärt sie ihre lange Abwesenheit damit, die Flasche habe ganz hinten im Regel gestanden.

Beim zehnten Festival des deutschen Films auf der Ludwigshafener Parkinsel wird der Film in der Reihe Lichtblicke im Kino gezeigt. Festivaldirektor Dr. Michael Kötz erzählte in seinen einleitenden Worten, der Film sei im Kino nicht erfolgreich gelaufen. Verdient hätte er es auf jeden Fall.

Regie führte Christian Alvart, das Buch stammt von Christoph Silber und Kai Hafenmeister. Kamera: Ngo The Cahu, Musik von Steffen Kahles, Christoph Blaser und Michl Britsch. Produktion: Syrreal Entertainment GmbH Berlin. In Koproduktion mit STUDIOCANAL, NDR und ARD Degeto.

Banklady wird am 5. Juli um 18:00 Uhr im Festivalkino 2 nochmals zu sehen sein.

Zum Gesamtprogramm des Festivals des deutschen Films in Ludwigshafen.

Übrigens: Am 11.09.2014 erscheint »Banklady« auch als DVD und als Blu-ray.