Bei Mordsharz darf Krimi auch Spaß machen! Lesungen in Bad Lauterberg mit Christoph Dittert, Jörg Klinkenberg, Roland Lange, Eva Almstädt und Klaus-Peter Wolf

Bei Mordsharz darf Krimi auch Spaß machen! Foto: © Mordsharz

„Zeig uns mal ein cooles Geräusch“, bat Christoph Dittert seinen Mitstreiter Jörg Klinkenberg am
zweiten Tag des Mordsharz-Festivals in Bad Lauterberg. Ein Geräusch zeigen? Wie soll das denn
gehen? Ganz einfach, indem Klinkenberg verschiedene Lebensmittel zerdrückt und dazu beschreibt,
wie Knochen brechen oder Dracula seinem Opfer in den Hals beißt. In der Tat ein cooles, vor allem
aber ein schauriges Geräusch. Und das war erste das Kinderprogramm am Freitag!

Der Autor vieler „Die drei ???“-Bücher Christoph Dittert hatte mit dem auch aus Kino- und
Fernsehproduktionen bekannten Geräuschemacher der berühmten Hörspielserie in diesem Jahr
einen faszinierenden Partner mitgebracht. Während Dittert die Geschichte um ein mysteriöses
Vogelwesen und ein geheimnisvolles Haus voller Aquarien las, erweckte Klinkenberg die Szenerie
zum Leben und präsentierte manche akustische Illusionen die im Hörspiel oder Film echter klingt
als das wirkliche Geräusch. Dabei wurde fast alles mit alltäglichen Hilfsmitteln erzeugt, zum Teil so
einfach, dass die jungen Zuhörer es selbst einmal ausprobieren durften und es in der Aula der
Grundschule am Hausberg bisweilen klang als galoppiere eine ganze Herde Wildpferde hindurch.

„Meine eigene Geschichte einmal so zu erleben, ist auch für mich neu und absolut toll“, schwärmte
der Autor und meinte, es könne durchaus sein, dass er seine Bücher künftig im Hinblick auf eine
Vertonung ganz anders akzentuiert. Klinkenberg hingegen erzählte, dass die ganze Welt eigentlich
bloß eine Illusion sei und sich tatsächlich in jedem Gebüsch ein Geräuschemacher verstecke, der für
das Rauschen der Blätter im Wind, Vogelstimmen und Verkehrslärm sorge. Seine faszinierenden
Beispiele ließen diese Theorie immerhin plausibel erscheinen und begeisterten so sehr, dass beide
anschließend noch sehr viele Autogramme geben mussten.

Das Abendprogramm in der vollbesetzten Königshütte konnte mit Roland Lange und Frank Bode,
Eva Almstädt und Klaus-Peter Wolf und Bettina Göschl aufwarten. Vor allem der aus Ostfriesland
angereiste Bestsellerautor Wolf wurde von vielen mit Spannung erwartet. Bei seinen Fans ist er vor
allem für einige typisch norddeutsche Figuren und deren trockenen Humor in seinen Krimis
bekannt, aber eben auch dafür, dass er sich bei Lesungen als großartiger Entertainer präsentiert. So
wurde das Mordsharz-Publikum nicht enttäuscht, zumal er gemeinsam mit seiner Partnerin Göschl
viel Persönliches aus seinem Alltag als Schriftsteller preisgab.

Wenn er schreibt, verschmelze er geradezu mit der jeweiligen Figur, erzählte er, so sehr, dass seine
Frau meint, er habe sogar einen weiblichen Gang, wenn er gerade seine Ermittlerin Ann Kathrin
Klaasen ist oder als Rupert Dinge sagt, die er sich sonst kaum zu denken traue. Göschl hatte über
diese Besonderheit ihrer Beziehung sogar ein Lied geschrieben und sang sehr zur Freude der vielen
Zuhörer „Wenn mein Mann einen neuen Krimi schreibt und mitten im Kapitel plötzlich stecken
bleibt, dann ist er eine ganz andere Person – tja, ihr lieben Frauen, wer hat das schon?“

Selbstverständlich las Wolf auch einige Stellen aus seinem aktuellen Krimi „Ostfriesenwut“, doch
auch hier wählte er nicht die schaurigen aus, sondern jene, bei denen sich sein Publikum auch dank
seiner mitreißenden und pointierten Vortragsweise schon bald vor Lachen kaum noch auf den Sitzen
halten konnte. „Er wusste, dass Männer zur Hausarbeit nicht geeignet sind; oder konnte sich jemand
Humphrey Bogart mit einem Putzlappen vorstellen“, hieß es beispielsweise über den Möchtegern-
Macho Rupert, der sich dann auch prompt beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine einen
Hexenschuss zuzog.

Auch für die Zuhörer wurde es geradezu körperlich anstrengend, denn Eva Almstädt hatte zuvor
ebenfalls die Lachmuskeln strapaziert. Ihr „Ostseefeuer“ erzählt vom neuen Pastor eines kleinen
Dorfes, der zwar bei den Jüngeren gut ankommt, von den Alten jedoch äußerst skeptisch beäugt
wird, da er all das umkrempelt, was dort schon immer so war und eigentlich auch immer so bleiben
sollte. Zwar wird dieser Pastor schon bald darauf mit eingeschlagenem Schädel in der Kirche
aufgefunden, doch der Spannung stellt die aus dem hohen Norden stammende Autorin eine ebenso
treffende wie bissige Beobachtung der Dorfbewohner gegenüber, die den Schrecken über den Mord
geradezu in den Hintergrund drängt.

„Wissen sie, wieviele Morde es im gesamten Jahr 2013 in Schleswig-Holstein gab?“, fragte sie
zwischendurch, „Es waren insgesamt 13. Da ermittelt dann bei der Polizei jeder, der mindestens
einen Kugelschreiber halten kann und alle sind froh, dass endlich mal 'was Richtiges passiert.“
Auch wenn das zynisch klingt, war zwischen den Zeilen die Liebe zu ihrer Heimat spürbar, ohne
die solche Schilderungen ja auch kaum machbar sind.

Liebe zur Heimat zeigte sich auch bei Lange, der den Abend eröffnete und zwar in einem T-Shirt
mit dem Aufdruck „Home is where your Harz is“. Mag es als Initiator von Mordharz
selbstverständlich sein oder möglicherweise eine Reaktion auf einen vieldiskutierten Zeitungsartikel
über „die Stadt der beigen Hosen“, sein Harzkrimi „Der letzte Sprung“ lässt jedenfalls keinen
Zweifel daran, dass hier doch einiges passiert und Südniedersachsen auch literarisch durchaus
interessant ist.

Gemeinsam mit Frank Bode an der Gitarre präsentierte er Szenen aus seiner Geschichte im Umfeld
des Burgtturniers in Nörten-Hardenberg, mal mit verteilten Rollen gelesen, mal mit dem
Liedermacher als Bruce Springsteen, der im Buch wie auch tatsächlich schon Gast bei dem
Springreitevent war. Vor allem die fortwährenden gegenseitigen Sticheleien der beiden machten die
Lesung zu einem äußerst kurzweiligen Vergnügen und schlugen gleich zu Beginn den frechhumorvollen
Grundton des Abends an.

Text: Christian Dolle

Auch für ein gemeinsames Foto fanden die Akteure zwischendurch Zeit. (v.l.n.r.): Frank Bode, Klaus-Peter Wolf, Bettina Göschl, Eva Almstädt, Roland Lange. Foto: © Mordsharz
Es gibt kein Geräusch, das ein Geräuschemacher nicht machen kann. Foto: © Mordsharz
Frank Bode. Foto: © Mordsharz
Eva Almstädt. Foto: © Mordsharz
Roland Lange. Foto: © Mordsharz
Klaus-Peter Wolf und Bettina Göschl. Foto: © Mordsharz