Blutholz

Auf dem roten Teppich beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen am Rhein. Links beginnend: Regisseur Torsten C. Fischer, Schauspieler Joachim Król, Schauspielerin Alina Levshin, Produzent Martin Lehwald und Redakteur Pit Rampelt. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Männer in Bärenkostümen entkleiden einen Mann, jagen ihn durch den Wald und hetzen Hunde auf ihn. Dies ist die Eingangsszene zum Film Blutholz. Verletzbarer kann man einen Menschen kaum darstellen. Jens Baumann, der Manager einer deutschen Holzfirma, verschwindet spurlos in Siebenbürgen. Hans Schüssler, gespielt von Joachim Król, wird angeheuert, um ihn zu suchen. Schüssler wurde vor Jahrzehnten von der BRD freigekauft, nachdem er beim Schmuggeln von Westware gemeinsam mit seinem damaligen Freund aufgegriffen worden war. Er wird mit einem kräftigen Schluck aus seinem Flachmann vorgestellt und charakterisiert.

Katja Schöne, gespielt von Alina Levshin, erwartet Schüssler. Dass sie ihm nicht wohlgesonnen ist, zeigt sich rasch. Für Désirée Nosbusch, an der ewig lange der Stempel »Teeniestar« klebte, ist Staatsanwältin und OB-Kandidatin Silvia Danau eine weitere vielgestaltige Rolle, in der sie ihr Können zeigt.

»Wieder zurück?«, wird Schüssler gefragt. »Hierher gibt es kein zurück«, lautet seine Antwort. Immer wieder wird Schüssler von Flashbacks gequält, stellt er sich die Frage, was damals aus seinem Freund nach ihrer gemeinsamen Verhaftung geworden ist. Er wird jedoch auf den damaligen Major der Securitate treffen.

Die Frau des vermissten Managers erforscht als Biologin für eine Stiftung den Urwald. Für alles, was als Urwald deklariert ist, herrscht im Film Abholzverbot. Es wird behauptet, die Roma haben über ihrem Dorf mehr Holz abgeholzt, als sie gedurft hätten. Deswegen sei eine Straße abgerutscht, hat Teile ihres Dorfes zerstört. Dabei kamen Menschen, darunter zwei Kinder, zu Tode. Als Schüssler in das Dorf fährt, wird ihm klar mitgeteilt: »Hau lieber ab zu deinen Deutschen, ihr habt genug Schaden hier angerichtet.« Kurz darauf traktieren instrumentalisierte Kinder sein Auto mit Steinen.

Rasch kommt der Verdacht auf Veruntreuung von EU-Geldern auf. Aber auch bei der Rückübertragung der Eigentumsrechte an den Wäldern an (vermeintliche) frühere Eigentümer geht es nicht mit rechten Dingen zu. Die Kamerafahrten über einerseits die unbesiedelten Weiten der Karpaten, andererseits über Schluchten mit beinahe senkrecht aufragenden begrenzenden Hängen geraten zum Sinnbild von Seelenlandschaften. Auch für die innere Leere von Korrumpierten, die ihre Seele für Geld verkauft haben und doch kein Glück finden. Mit prall gefüllten Taschen saufen sie ihre Schuldgefühle weg. Andere saufen vergeblich gegen ihre Traumata. »Versuche die Geschichte nicht zu verstehen, denn in dem Augenblick, wo du sie verstehst, wirst du verrückt.« Damit wird die Zuschauerschaft aus dem starken, beeindruckenden Film entlassen.

Redakteur Pit Rampelt, der selbst in Siebenbürgen geboren wurde und seine ersten Lebensjahre dort verbracht hat, erklärt, dass Rumänien über den größten Urwald Europas verfügt. Er bezeichnet die Zerschlagung des Urwaldes in den Karpaten als Umweltverbrechen, das Auswirkungen auf unser Klima in Europa hat. Auf Nachfrage sagt er, es gäbe kein reales Szenario als Vorlage für den Film. Sie waren nach Siebenbürgen gereist, aufgrund ihrer Reise wurde ein Drehbuch entwickelt. Es sei eine Herausforderung, das Film-Equipment in die bergige Gegend zu transportieren oder beispielsweise den Hauptdarsteller barfuss durch den Wald laufen zu lassen, wofür ihm »die Maske« spezielle unsichtbare Schuhe zauberte. Für den düsteren, politisch harten Stoff wurde mit Joachim Król bewusst ein Sympathieträger ausgewählt, der das Publikum mitnimmt. Rumänien sei ein spannendes, komplexes Land. Es gibt alles nebeneinander: Teure Autos aus unserem Jahrhundert neben Pferdewagen aus dem 19. Jahrhundert. Beides ist gleichzeitig im Straßenbild präsent.

Regie führte Torsten C. Fischer, das Drehbuch stammt von Alexander Buresch. Kamera: Hannes Hubach, Schnitt: Kai Minierski und Musik: Fabian Römer.

Mit Joachim Król, Désirée Nosbusch, Alina Levshin, Bogdan Ciubuciu, Alexander Beyer, Anja Schneider, Peter Franke u.a.

Blutholz wird im Februar oder März 2023 auf Arte gezeigt, der Termin für die Ausstrahlung im ZDF als Fernsehfilm der Woche steht noch nicht fest.

Das 18. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen findet vom 24. August bis zum 11. September 2022 statt. Das gesamte Programm findet ihr auf der Festivalseite Festival des deutschen Films.

Hauptdarsteller im Film »Blutholz« und Sympathieträger Joachim Król. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Alina Levshin spielt in »Blutholz« Schüsslers Ansprechpartnerin vor Ort. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Redakteur Pit Rampelt wurde selbst in Siebenbürgen geboren und verbachte seine ersten Lebensjahre dort. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Der Regisseur von »Blutholz«, Torsten C. Fischer. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Der Produzent von »Blutholz«, Martin Lehwald. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz