Fragen an Kathrin Hanke und Claudia Kröger

Kathrin Hanke (links) und Claudia Kröger (rechts) im Interview mit Taluzi (Mitte) (c) Lünebuch

Meine erste Frage ist euch sicher schon oft gestellt worden: Wie und wann habt ihr zueinander gefunden und wie muss man sich das gemeinsame Schreiben als Autorenduo vorstellen?

Kennengelernt haben wir uns Anfang 2009 über einen gemeinsamen Job. Auch da ging es bereits ums Schreiben – Claudia arbeitete damals als Redakteurin und Kathrin als Werbetexterin. Die Chemie hat sofort zwischen uns beiden gestimmt, und auch der Job ist reibungslos über die Bühne gegangen. Danach haben wir uns ziemlich spontan privat getroffen, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Gleich bei diesem ersten Treffen wurde die Idee geboren, einen gemeinsamen Krimi zu schreiben.
Was das gemeinsame Schreiben angeht, können wir nur für uns sprechen, denn wir wissen, dass andere Autorenduos es wiederum ganz anders machen. Wir teilen uns auf jeden Fall nicht im vorhinein Kapitel oder Abschnitte oder auch Charaktere auf, sondern fangen vorn an zu schreiben und schreiben dann abwechselnd die Geschichte fort. Das bringt uns am meisten Spaß und klappt für uns wunderbar. Es ist ein bisschen so wie das Kinderspiel „Oma sitzt in der Badewanne...“. Vor allem ist es wirklich total spannend, was die andere jeweils mit einem angefangenen und aufgeschriebenen Gedanken der anderen macht.

Wie muss ich mir euren Arbeitstag als Autor vorstellen? Ihr habt ja beide noch andere Berufe, oder?

Ja, Claudia verdient ihre Brötchen als Redakteurin und Kathrin als Werbetexterin. Da wir jedoch selbstständig sind, sind wir beide momentan zeitlich recht flexibel und können oft auch tagsüber parallel am Text arbeiten. Wir starten also morgens gegen 8.30 Uhr in der Regel mit einer kurzen Mail in den Tag, wenn wir beide an den Schreibtisch gehen und stimmen uns dann ab, was anliegt. Wer als erstes Zeit hat, fängt am Manuskript an, während der andere in dieser Zeit an anderen Jobs arbeitet oder Dinge erledigt wie zum Beispiel Interviews beantworten ;-). Teilweise arbeiten wir aber auch gleichzeitig am Skript und führen die Ergebnisse dann am Ende des Tages zusammen. Es findet also zwischen uns täglich ein reger E-Mailverkehr statt, und oft telefonieren wir zwischendurch, um uns abzustimmen. Gegen 18 Uhr beenden wir meist unseren wie auch immer gearteten Arbeitstag.

Kam es auch schon mal vor, dass ihr bei einer Szene eine ganz andere Meinung hattet wie es weiter gehen könnte?

Nein, nicht wirklich. Wir scheinen da glücklicherweise sehr ähnlich zu denken. Außerdem besprechen wir vorab im Groben die Ausrichtung einer Szene, bevor sie geschrieben wird, also den eigentlichen Handlungsverlauf. Alles drumherum bleibt dann kreativer Spielraum für diejenige, die die Szene schreibt.

In eurem neuen Krimi „Eisheide“ spielt unter anderem ein Serienvergewaltiger eine Rolle. Hat man da als Mutter nicht Angst, was den eigenen Kindern alles passieren kann?

Das ist kurz beantwortet: Absolut, wobei man keinen Krimi schreiben muss, um Angst um seine Kinder zu haben. Das steckt vor allem Müttern wohl im Blut, aber wem sagen wir das ...

Wenn man sich so viele Grausamkeiten ausdenkt, wie geht man da mit seinen eigenen Ängsten um?

Ehrlich gesagt haben wir darüber nicht nachgedacht, als wir mit dem Krimischreiben begonnen haben. Inzwischen haben wir aber festgestellt, dass durchaus die eigenen Ängste oft Inspiration für neue Ideen sind. In gewisser Form ist das Aufschreiben dann auch ein positiver Umgang mit diesen Ängsten, da wir uns dadurch mit ihnen auseinandersetzen.

Meine Ängste verdränge ich, in dem ich viele Bücher lese, die mich ablenken. Apropos ablenken. Weihnachtsmarktbesuche sind auch eine tolle Ablenkung. Dieses Jahr werde ich die Märchenbuden auf dem Lüneburger Weihnachtsmarkt mit ganz anderen Augen betrachten. In „Eisheide“ spielen diese Buden eine wichtige Rolle. Stimmen die Märchenbuden in „Eisheide“ mit den Märchenbuden auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt überein?

Wenn dieses Jahr nichts geändert wird ja. Auf jeden Fall stimmen die Märchenbuden mit dem Lüneburger Weihnachtsmarkt aus dem letzten Jahr (2014) überein, denn zu diesem Zeitpunkt spielt „Eisheide“, was wir übrigens damals auch in Echtzeit geschrieben haben.

Wie kommt ihr überhaupt auf solche Ideen, Hinweise in Märchenbuden zu verstecken?

Grundsätzlich entwickeln wir Ideen, wie wir auch schreiben: Wir spielen uns die Bälle zu, bis dabei der rote Faden für ein Buch entsteht – uns bringt das enorm viel Spaß. Für „Eisheide“ haben wir das beispielsweise im Flugzeug gemacht. Das war lustig, vor allem, weil die Mitreisenden nicht wussten, dass wir uns gerade eine Geschichte für ein Buch ausdenken. Wir haben ziemlich viele irritierte Blicke geerntet. Da „Eisheide“ zur Weihnachtszeit spielt, waren die Märchenbuden für uns ein Muss. Sie sind in unseren Augen etwas Besonderes am Lüneburger Weihnachtsmarkt und waren letztlich der Auslöser für die ganze Story von „Eisheide“. Dort dann auch etwas zu verstecken, hat sich dann regelrecht aufgedrängt.

Ihr erwähnt die Kneipe Schallander? Wie ist das mit den Rechten? Darf man den Namen einfach benutzen oder habt ihr vorher um Erlaubnis gefragt?

Wir sprechen die Geschäfte oder Gastronomiebetriebe, die wir gern mit dem echten Namen erwähnen möchten, immer an, bevor wir sie in einer Geschichte verwenden. Erst wenn wir die Erlaubnis erhalten – was bisher erfreulicherweise eigentlich nie ein Problem war – setzen wir den Namen wirklich ein.

In „Eisheide“ wird ein Nachtsichtgerät erwähnt. Habt ihr das Nachtsichtgerät auch mal selber ausprobiert? Wie muss ich mir die Recherche zu einem Buch vorstellen?

Nein, selber ausprobiert haben wir ein Nachtsichtgerät noch nicht, allerdings hat uns in diesem Fall jemand beraten, und so konnten wir darüber etwas genauer schreiben. Grundsätzlich ist das für uns die liebste Recherche: Selber ausprobieren oder Spezialisten zu den jeweiligen Themen ausfragen. So haben wir zum Beispiel als ständige Berater einen Chefarzt sowie eine Polizistin im aktiven Dienst – das ist auch für uns immer wieder sehr spannend.

Ich hatte das Gefühl in „Eisheide“ wurde viel geraucht! Raucht eine von euch Autorinnen? Oder hört gerade damit auf und raucht nur noch im Buch?

Es stimmt, wir schöpfen in dieser Hinsicht gewissermaßen aus eigener Erfahrung – eine von uns raucht und die andere hat unlängst aufgehört. Allerdings fällt so etwas heute wahrscheinlich auch einfach mehr auf, weil fast nirgendwo mehr geraucht werden darf. Früher war es ganz alltäglich, heute springt es einem sofort ins Auge, wenn im Fernsehen ein Raucher zu sehen ist. Natürlich wollen wir das Rauchen nicht als positive Eigenschaft darstellen, aber es passt einfach zu unserem Bild von Katharina von Hagemann. Ebenso wenig ist ausgeschlossen, dass sie irgendwann einmal beschließt damit aufzuhören …

Wie ist es mit der Ermittlungsarbeit. Wer gibt euch kriminalistische Tipps? Habt ihr Kontakte zur Polizei in Lüneburg?

Wie es der Zufall will, haben wir gerade letzte Woche privat einen Lüneburger Kommissar kennengelernt und natürlich schnell ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden ... Und ansonsten, wie schon gesagt, berät uns eine befreundete Polizistin.

Mittlerweile habt ihr ja schon einige Lesungen an verschiedenen Orten gehalten. Gab es eine Lesung die euch durch ein lustiges oder schreckliches Erlebnis besonders in Erinnerung geblieben ist?

Pauschal können wir auf jeden Fall sagen, dass wir jede Lesung bisher als absolut positiv empfunden haben, wenn wir mal von unserer extremen Nervosität im Vorwege absehen. Alle Lesungsgäste waren interessiert, freundlich, geduldig und einfach toll, das macht es für uns nicht nur leichter, sondern jede Lesung für sich zu einem einzigartigen Ereignis, denn irgendwie ist jede Veranstaltung wieder anders. Bei einer Lesung in diesem Jahr ist eine der Besucherinnen unserer Lesung während der Pause aufgrund eines Kreislaufkollapses umgekippt, es musste ein Rettungswagen gerufen werden. Das war natürlich auch für uns kein angenehmes Gefühl, denn wir mussten die Lesung fortführen, während wir das Blaulicht blinken sahen und uns natürlich gesorgt haben. Glücklicherweise ging es der Dame aber schnell wieder besser.

Das war eine unterhaltsame Lesung zu „Eisheide“. Es war ja mittlerweile meine dritte Lesung von euch, die ich mir angehört habe. Jede war anders und jede war gut. Wie bereitet ihr euch auf eine Lesung vor? Nach welchen Kriterien sucht ihr die Abschnitte, die ihr vorliest, aus? Berät euch da jemand?

Na ja, auch hier kommt wieder zum Tragen, dass wir keine Einzeltäter sind – wir beraten uns gegenseitig, was den Text angeht, den wir lesen werden. Wir versuchen dabei natürlich in erster Linie darauf zu achten, dass es für die Zuhörer spannend ist, aber auch, dass sie einen Einblick in die Story bekommen, ohne dass wir schon zu viel verraten.

Seid ihr aufgeregt? Ist die Aufregung beim Lesen oder beim Beantworten der anschließenden Fragen größer?

Oh ja, und wie! Wir haben beide extremes Lampenfieber. Am schlimmsten ist es in der Regel in den letzten zwei Stunden vor der Lesung, wobei es schon morgens beim Aufstehen ziemlich kribbelt. Nicht nur in dieser Hinsicht sind wir jedes Mal unglaublich froh, dass wir zu zweit sind. Die Aufregung verfliegt in der Regel in dem Moment, in dem wir die ersten Worte lesen. Danach ist es dann eher ein langandauernder Adrenalinschub, der uns durch die Veranstaltung trägt. Vor den Fragerunden waren wir ganz am Anfang wahnsinnig aufgeregt. Das ist heute etwas entspannter, seit wir gemerkt haben, dass wir uns darauf ohnehin nicht vorbereiten können.

Gibt es eine Erwartungshaltung die ihr an das Publikum habt?

Nein, ganz im Gegenteil, das ist eher umgekehrt. Wir fragen uns jedes Mal aufs Neue, was genau unser Publikum von uns erwartet. Bisher war unser Publikum immer großartig – freundlich, aufgeschlossen und sehr interessiert. Mehr können wir eigentlich doch gar nicht erwarten, oder?

„Eisheide“ habt ihr im Amtsgericht Lüneburg gelesen. Wie hat euch der Veranstaltungsort gefallen? Wo würdet ihr gern mal lesen?

Im Amtsgericht war es schon besonders spannend, zumal wir den Raum auch zuvor noch nie gesehen hatten. Wir haben uns riesig gefreut, dass Lünebuch uns diesen Lesungsort vorgeschlagen und ermöglicht hat, denn er passt natürlich wunderbar zu einem Krimi. Einen Wunschort wüssten wir spontan gar nicht, wir lassen uns da bisher eigentlich immer gern überraschen.

Ich habe gesehen, wie viel ihr signieren müsst. Tun euch manchmal die Finger abends weh?

;-) Nein, bisher nicht, dafür fließt, wie schon erwähnt, während dieser Zeit vermutlich viel zu viel Adrenalin durch unsere Adern. Aber ehrlich gesagt: Selbst wenn es so wäre, dann wäre es uns diese „Schmerzen“ ganz sicher wert!

Wie ist es für eure Familie und Freunde, dass ihr immer bekannter werdet?

Diese Frage haben wir direkt mal weitergegeben, aber keine Antworten bekommen. Nur fragende Blicke. Dann haben wir ein wenig gebohrt und es stellte sich heraus, dass für niemanden – weder für ein Familienmitglied, als auch für Freunde – etwas anders ist. Vor allem aber auch, weil wir uns nicht verändert haben. Das war natürlich für uns sehr schön zu hören.

Wird es nach „Eisheide“ noch einen Band mit Katharina von Hagemann und Benjamin Rehder geben?

Auf jeden Fall! Der vierte Band wird bereits Ende Januar/Anfang Februar 2016 erscheinen, und wir dürfen auch verraten, dass wir bereits die Arbeit am fünften Teil begonnen haben.

Weihnachten rückt immer näher. Was sind eure Wünsche?

Puh, tatsächlich ist das eine Frage, die wir nicht so schnell beantworten können und vor allem nicht kurz, aber wir versuchen es einmal: Auf jeden Fall haben wir keine materiellen Wünsche, wobei wir uns zugegebenermaßen immer über ein gutes Buch freuen, da wir selbst neben dem Schreiben auch sehr gern lesen. Ansonsten wissen wir beide aus eigener Erfahrung, was für ein hohes Gut Gesundheit ist, und so wünschen wir uns vor allem für unsere Lieben und für alle beste Gesundheit. Darüber hinaus verfolgen wir wie wohl jeder das aktuelle Weltgeschehen. Natürlich braucht man nicht Weihnachten für den Wunsch, dass die Situation sich verbessert, aber vielleicht ist das Fest eine Zeit, in der die Menschen einmal innehalten und ihre Gedanken und Pläne in eine weltzusammenwachsende Richtung lenken, was ja schon ein wenig mehr Toleranz und Abgeben bedeuten könnte.

Herzlichen Dank an Kathrin Hanke und Claudia Kröger, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mir meine Fragen zu beantworten. Es war sehr interessant und unterhaltsam.
Ich freue mich auf den nächsten Band und der dazu gehörigen Lesung von Euch.