Wenn alte Häuser die Geschichten all ihrer Bewohner und Bewohnerinnen erzählen könnten, würden sie ganze Bände füllen. Manch altes Haus birgt aber auch ein Geheimnis, vorzugsweise unter alten Dielen und auf Dachböden. Vor allem solche Häuser mit viel Charme und einem gewissen Renoviergunsbedarf. Genauso ist es in dem Haus, wo Kommissar Paul Brix Wolfram Koch) zur Miete bei Fanny (Zazie de Paris) wohnt. Plötzlich taucht ein alter Mann im Nachthemd auf und will das Haus anzünden. Während Brix auf den Krankenwagen wartet, blickt der alte Mann hoch zum Dachfenster, das wie ein Auge gestaltet ist, und brabbelt „Tu ihr nicht weh“. Brix geht nach oben und findet unter einer losen Holzdiele das Skelett eines Kindes. Kollegin Anna Janneke (Margarita Broich) passt auf Fanny auf, während Brix gemeinsam mit der Enkelin Merle (Luise Befort) des Verwirrten herauszufinden versucht, wer da tot auf dem Speicher lag und was die Ursache des Todes war. Im Altenheim, von wo aus der alte Herr zu Fannys Villa aufgebrochen ist, findet der Kommissar in einer aufgeschlagenen Bibel den markierten Text „denn alle haben gesündigt“.
Mit dem Haus stimmt etwas nicht. Es hat sich seine Geschichte aufbewahrt, die nun über die Protagonisten hereinbricht. Die Spur führt über den alten Mann zu einer Verstrickung von Taten, die durch einen Streich ausgelöst wurden. Welche Rolle spielte der Arzt, der das „Haus der Barmherzigkeit“ übernahm?
Es wird in dieser Folge der beliebten Reihe TATORT nicht mit Effekten des Genre Grusel gespart. Fehlt nur noch, dass Blut aus den Wasserhähnen tropft.
Zur Vorführung dieses ungewöhnlichen Filmes beim Festival des deutschen Films auf der Ludwigshafener Parkinsel waren neben den Schauspielerinnen Margarita Broich, Paula Hans (Nachtschwester) und Zazie de Paris auch die Kostümbildnerin Monika Gebauer, der Regisseur Andy Fetscher, Drehbuchautor Christian Mackrodt und die HR-Redakteure Liane Jessen und Jörg Himstedt angereist.
Beim sich an die Vorführung anschließenden Filmgespräch ging es sehr lustig zu, Margarita Broich lachte mehrmals, als sie von den Dreharbeiten erzählte. Unter anderem habe sie die Herausforderung bewältigen müssen, Angst vor einem Lehnstuhl überzeugend zu spielen.
Der Regisseur erzählte dann noch von den Schwierigkeiten beim „Tortendreh“. Es sei zwar einfach gewesen, die alte Dame zum Tortenessen zu bewegen. Sie habe einen ganzen Tag lang sehr viel Schwarzwälder Kirschtorte gelöffelt. Das war auch nicht das Problem, aber die Dame zum „Spucken“ zu bringen sei nicht so einfach gewesen, da diese die Hemmschwelle ihrer guten Erziehung überwinden musste. Diese scheint über Jahrzehnte hinweg nachhaltig gewirkt zu haben und so musste der Regisseur sich Zeit nehmen und mit ihr das Spucken üben. „Wenn Sie diese Frage stellen, zeigt mir dass, dass der Film für Sie nicht funktioniert hat“, so der Regisseur auf eine Zuschauerfrage nach einer Wunde im Gesicht der Enkelin. Der Zuschauer will bemerkt haben, dass die Wunde nicht immer exakt an derselben Stelle gewesen sei.
Auf diesen TATORT muss man sich als Zuschauer und Zuschauerin einlassen. Wie bei den meisten TATORTen mit dem Gütesiegel HR traut auch dieser sich etwas, wird etwas ausprobiert und mit dem Genre gespielt. Eines ist der HR-TATORT ganz sicher nicht: langweilige Fernsehunterhaltung, die zum Bügeln läuft. Und davon gibt es zur Genüge. Der Film sei nicht geeignet für Ü70, so fällt es an diesem Abend scherzhaft.