Gila Lustiger in Heidelberg

Gila Lustiger bei ihrer Lesung in der Stadtbücherei Heidelberg. Die Moderation des Abends oblag Dr. Erika Mursa. Foto: © Claudia Schmid, Kriminetz

Vor einiger Zeit las ich den Roman „Die Schuld der Anderen“ von Gila Lustiger: „Marc Rappaport beißt sich fest an einem siebenundzwanzig Jahre alten Fall, dem unaufgeklärten Mord an einer jungen Prostituierten. Die kam aus der Provinz in die französische Hauptstadt und hat, so ergeben die Recherchen, auch „ausgefallene“ Wünsche betuchter Kunden bedient. Marc selbst waren – anders als der jungen Frau - aufgrund seiner Herkunft und seines Intellekts alle möglichen Türen sperrangelweit offen gestanden. Er entschied sich für die Laufbahn des Journalisten. Finanziell unabhängig ist er aufgrund seines Erbes ohnehin, der Großvater lenkte einen großen Konzern. Warum beißt er sich so fest an diesem Fall der Emilie Thevenin, deren mutmaßlicher Täter nun gefasst wurde?“ So beginnt meine Rezension des Romans.

Gila Lustiger wohnt in Paris und ich hätte nicht gedacht, sie schon bald bei einer Lesung in meiner Nähe zu erleben. Und genau das ist im Rahmen der Französischen Woche Heidelberg-Mannheim geschehen. Zum 10. Jubiläum der Veranstaltungsreihe lud Dr. Erika Mursa, welche die Festivalleitung inne hat, Gila Lustiger in die Stadtbücherei Heidelberg ein. Das Programm steht im Jubiläumsjahr unter dem Motto "Liberté (Freiheit)", Egalité (Gleichheit)"..." Dr. Erika Mursa bekam kürzlich die höchste Auszeichnung, die Frankreich im Bereich der Kultur und Bildung zu vergeben hat, den Orden "Palmes Académiques".

Gila Lustiger kam also am 22. Oktober 2015 direkt aus Paris per Zug nach Heidelberg. Die Leiterin der Stadtbücherei Heidelberg, Christine Sass, eröffnete den Leseabend, den Dr. Erika Mursa moderierte. Die wollte dann auch von der Schriftstellerin wissen, weshalb sie sich für Paris als Lebensort entschieden habe. Die Liebe hat sie dort hin geführt, denn in Jerusalem, wo sie zum Studieren war, traf sie einen französischen Lyriker. Sie habe sich damals Israel als Studienort ausgesucht, weil Israel ein Land ist, in dem es kein Thema ist, Jüdin zu sein. Dort ist sie eine Deutsche geworden, so Gila Lustiger, die auch in Paris auf Deutsch schreibt.

„Die Schuld der Anderen“ erschien vor dem Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo, obwohl er sich wie eine Erläuterung der Motive der Akteure liest. Die Schriftstellerin nimmt darin eine Bestandsaufnahme Frankreichs von den Achtzigern bis Heute vor, dem Unverständnis und Entrüstung über Ausschreitungen voraus gingen, in dem Land, in dem die Partei von Marie Le Pen, Front National, zur größten Partei Frankreichs avancierte. Einer der Unterschiede zu Deutschland sei die Zentralität Frankreichs. Und es gäbe eine Elite, die sich kennt und aus sich selbst heraus nährt. Das sei typisch französisch. Gleichheit sei in Frankreich eine Chimäre. Gila Lustiger war sechs Wochen zur Recherche bei der Polizei, dann ging sie in die Vororte. In einer Industriekleinstadt stieß sie auf den Romanstoff.

Gila Lustiger fängt an zu lesen. Ihr Buch beginnt mit einem Blick auf Paris, wie man ihn als Tourist schätzt. Beim Lesen scheint sie zunächst mit den Fingern der einen Hand den Fluss der Worte zu dirigieren, den Takt vorzugeben. Gila Lustiger bei der Lesung zu folgen erfordert Aufmerksamkeit, es verlangt ein Sich-Einlassen in hoher Konzentration.

Dr. Erika Mursa lässt keinen Zweifel am Genre des Romanes und bezeichnet ihn als wirklich spannenden Krimi.

Am Ende hat das Publikum keine Fragen und eilt an den Büchertisch.

Zum Text der gesamten Rezension von „Die Schuld der Anderen“ hier klicken

Das Interview mit Gila Lustiger hier lesen

Die Leiterin der Stadtbücherei Heidelberg, Christine Sass, begrüßte die Gäste im Hilde Domin-Saal. Foto: © Claudia Schmid, Kriminetz