Interview mit Solveig Engel, Preisträgerin des Indie Autor Preises 2018

Solveig, so könnte man sagen, ist Sabine Engels Böser Zwilling. Sabine hat Physik studiert, an der Bochumer Uni und am TRIUMF-Labor in Kanada promoviert und nebenbei für Spektrum der Wissenschaft geschrieben. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Nähe von Berlin. 2013 erschien ihr erstes Kinderbuch „Mission mit Schwein“ im Baumhaus Verlag. Zu Weihnachten folgt bei Boje "Der Wichtelstreik". Ihr Evil Twin jedoch liebt Wissenschaftskrimis, in denen unterirdische Labore, einsame Sternwarten und Forschungsschiffe dazu verführen, die dunklen Flecken der Seele tiefer zu erforschen.

Hier führen die beiden ein fiktives Gespräch.

Sabine: Liebe Solveig, Neondunkel ist dein erster Thriller. Auf der Leipziger Buchmesse wurdest du dafür mit dem Indie Autor Preis 2018 ausgezeichnet. Was war das für ein Gefühl?

Solveig: Es war großartig. Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, zumal die Konkurrenz groß und sehr vielseitig war. Von Katzenkrimi bis Spionagethriller war wirklich jedes Subgenre vertreten. Und dann hätte ich beinahe noch die Preisverleihung verpasst.

Sabine: Oh, nein! Wie kam das?

Solveig: Schneechaos in Leipzig. Mein Zug aus Berlin endete in der Lutherstadt Wittenberg, etwa 70 km vor dem Ziel. Da ging dann gar nichts mehr. Und als das ansonsten recht wortkarge Servicepersonal plötzlich anfing, Freigetränke zu verteilen, ahnte ich Übles.

Sabine: An eine baldige Weiterfahrt war da wohl nicht mehr zu denken.

Solveig: Genau! Jetzt sollte ich den ersten Buchpreis meines Lebens bekommen und steckte im Zug fest. Am Ende hatte ich Glück. Ich konnte mir mit drei Leidensgenossen ein Taxi teilen, und einer meiner Mitreisenden kannte sich sogar in Leipzig aus, sodass er das Taxi um die langen Staus, die sich mittlerweile auch auf den Straßen gebildet hatten, herumlotsen konnte. Die letzten Kilometer bin ich zu Fuß halb gegangen, halb gejoggt und habe es schließlich verschwitzt aber gerade eben noch pünktlich auf die Bühne geschafft.

Übrigens habe ich während der Fahrt erfahren, dass der erste Tatort 1970 tatsächlich „Taxi nach Leipzig“ hieß.

Sabine: Wird das Taxi nach Leipzig in deinem nächsten Thriller eine Rolle spielen?

Solveig: Bestimmt! Und gerade habe ich nur die gekürzte Variante ezählt. Die Realität war noch viel aufregender. Wir werden sehen, wie ich das einbaue. Im Moment denke ich über einen neuen Thriller nach. Der wird jedoch nur zu einem Teil in Deutschland spielen. Der andere Teil spielt in einer Gegend, wo es zwar viel Schnee, aber bestimmt keine Taxis gibt.

Sabine: Spielen persönliche Erfahrungen in deinen Geschichten also eine Rolle?

Solveig: Ja! Und nein. Nein, denn Neondunkel ist natürlich nicht autobiografisch, auch wenn ich selbst Physik studiert und in einem Labor gearbeitet habe, das dem in der Geschichte durchaus ähnelt. Aber meine Mentoren erfreuen sich zum Glück bester Gesundheit. Und trotzdem steckt in meinen Geschichten immer sehr viel Persönliches. Das ist bei deinen Kinderbüchern doch nicht anders. Ich glaube, diese persönlichen Eindrücke machen ein Buch erst zu etwas Besonderem. Die Handlung kann noch so spannend sein, die Figuren noch so schillernd. Als Leser möchte man in die Geschichte eintauchen und sie nicht nur verstehen. Man will mitfühlen, die Atmosphäre in sich aufnehmen, schmecken und riechen. Diese Gefühle und Sinneseindrücke muss ich als Autor vermitteln. Und hier helfen meine eigenen Erfahrungen. Neondunkel ist so authentisch, weil ich selbst dort war. Ich weiß wie Physiker miteinander sprechen. Wie man im Labor feiert und arbeitet. Ich habe die Enge gespürt, zwischen den dicken Betonwänden und schweren Stahltüren. Ich habe mich selbst vor dem Zischen der Kühlanlage erschrocken und nach langen, ermüdenden Nachtschichten nicht einmal mehr den Feueralarm wahrgenommen. Und das spürt der Leser, vielleicht auch nur unbewusst.

Sabine: Wann können wir mit einem neuen Solveig Engel Thriller rechnen?

Solveig: Mal sehen. An Neondunkel habe ich zwei Jahre gearbeitet. Deine Kindergeschichten schreibst du natürlich deutlich schneller. Das Problem bei einem so umfangreichen Buch wie Neondunkel ist, dass immer wieder etwas dazwischen kommt. Dann ruht die Arbeit, und jeder Neueinstieg ist mühsam. Auf der anderen Seite gewinnt die Geschichte dadurch. Denn in der Zwischenzeit plane, plotte und überarbeite ich ja weiter, zumindest in Gedanken. Am Ende lohnt es sich.

Sabine: Ich werde es mit Spannung erwarten. Vielen Dank für das Gespräch.