Jan Olsen im Interview zu »Die Leiche auf der Deichkrone«

Ostfrieslandkrimi-Autor Jan Olsen im Interview zu seinem neuen Buch "Die Leiche auf der Deichkrone".

Interview zum Buch »Die Leiche auf der Deichkrone« mit Jan Olsen.

Ihr neuer Ostfrieslandkrimi „Die Leiche auf der Deichkrone“ ist erschienen. Worum geht es?

Jan Olsen: Auf dem Deich, direkt vor Ruth Fasans strohgedecktem Friesenhaus, wird von der Deichacht beim Mähen des Deichgrases eine Frauenleiche gefunden. Offenbar wurde sie absichtlich dort abgelegt, um die Hauptkommissarin auf die Tote aufmerksam zu machen. Wollte jemand Ruth Fasan mit dieser Tat herausfordern? Gemeinsam mit ihrem Partner Hagen Reese lüftet Ruth nach und nach das Geheimnis um diesen Mord an einer jungen Archäologin, die in der Nähe von Greetsiel an Ausgrabungen beteiligt gewesen war. Die Sturmflut von 1825, die sogenannte Antoniflut, spielt dabei eine wichtige Rolle.

Die „Deichacht“? Was ist das genau?

Jan Olsen: Die Deichacht ist für die Pflege und Instandhaltung der Deiche in der Krummhörn verantwortlich. Aufgabe der Deichacht ist es unter anderem, das Gras auf den Greetsieler Deichen kurz zu halten. Das ist eine kleine Besonderheit, denn normalerweise sorgen Schafe dafür, dass das Deichgras nicht zu lang wird. In Greetsiel aber würden die Schafe den zahlreichen Spaziergängern und Touristen nur im Weg sein. Die Tiere würden es sich auf den Terrassen der Cafés und Restaurants gemütlich machen oder wiederkäuend einen Verdauungsspaziergang im Hafen unternehmen. Das wäre bestimmt ein putziger Anblick, würde aber das Leben in dem kleinen Fischerdorf ein wenig durcheinanderbringen und komplizierter machen. Man denke nur an die Hunde der Gäste, und wie diese treuen Begleiter des Menschen auf die ständige Anwesenheit der Schafe reagieren. Daher hat man beschlossen, das Kürzen des Deichgrases lieber der Deichacht zu überlassen. Und wie es das Schicksal will, finden zwei der Mitarbeiter während ihrer morgendlichen Arbeit an einem Greetsieler Deich eine tote Frau.

Eine zentrale Rolle in Ihrem Ostfrieslandkrimi spielen die Sturmfluten an der Nordseeküste, insbesondere die von 1825. Möchten Sie uns dazu was erzählen?

Jan Olsen: Die Sturmflut von 1825, die auch als Antoniflut bekannt ist, hatte verheerende Auswirkungen auf die Küstenregionen der Nordsee, einschließlich Greetsiel in Ostfriesland. Diese schlimme Katastrophe ereignete sich am 3. und 4. Januar 1825 und war eine der schwersten Sturmfluten in der Region. Während der Antoniflut wurden Deiche an verschiedenen Stellen entlang der Küste von Norddeutschland zerstört und weite Gebiete überschwemmt. In Greetsiel führte die Sturmflut zu schweren Zerstörungen. Der Hafen und die Sielanlagen wurden von den Fluten förmlich verschlungen. In dem malerischen Fischerdorf und in den umliegenden Gebieten hieß es überall: Land unter! Zahlreiche Gebäude wurden beschädigt oder komplett zerstört. Es gab erhebliche Verluste von Menschenleben und Vieh.
Die Antoniflut von 1825 war ein tragisches Ereignis und führte dazu, dass anschließend die Maßnahmen zum Küstenschutz und der Deichsicherung erheblich verbessert und ausgeweitet wurden; sie trug maßgeblich zur Entwicklung des modernen Küstenschutzes mit ihren ausgeklügelten Deichsystemen bei. Seitdem wurde viel unternommen, um die Küstenlinie vor zukünftigen Sturmfluten zu schützen, was jedoch nicht immer gänzlich gelang. So ereignete sich zum Beispiel 1877 eine schwere Sturmflut, die entlang der gesamten Nordseeküste, einschließlich Ostfriesland, zu Deichbrüchen und Überschwemmungen führten. Und auch der Sturmflut von 1962 konnten nicht alle Deiche standhalten. Die »Hamburg-Flut« war eine der verheerendsten in der deutschen Geschichte und betraf auch Ostfriesland. Sie führte zu schweren Deichbrüchen und weitreichenden Überschwemmungen, die zahlreiche Todesopfer und enorme Schäden verursachten.
In dem Krimi »Die Leiche auf der Deichkrone« stoßen die Ermittler auf das Dokument einer Augenzeugin, die die Antoniflut leibhaftig miterlebt hatte und ihre Eindrücke niederschreiben ließ. Dieser bewegende Bericht trägt einiges zur Aufklärung des Mordes an der jungen Archäologin bei. Mehr sei an dieser Stelle aber nicht verraten!

Das Interview wurde geführt auf www.ostfrieslandkrimi.de.