Julia Hofelich im Interview über ihre »Linn Geller Reihe«

Blutnarbe

Liebe Julia, du hast gerade einen neuen Thriller veröffentlicht. Worum geht es in »Blutnarbe«?

Bei einem Unfall vor einigen Jahren hat die erfolgreiche Anwältin Linn Geller fast alles verloren, was ihr einmal wichtig war. Eine Narbe im Gesicht und ihr kaputtes Bein erinnern sie täglich an diesen Schicksalsschlag. Fünf Jahre später wird Betty Schneider, die damals für die Tat verurteilt wurde, aus der Haft entlassen. Linn ist bis heute nicht völlig von deren Schuld überzeugt.

Als kurz darauf Bettys Leiche gefunden wird, keimt in Linn ein alter Verdacht wieder auf. Doch dann wird Linn selbst des Mordes verdächtigt. Um ihre Unschuld zu beweisen, muss sie dem Mörder einen Schritt voraus sein und herausfinden, was damals wirklich geschah. Aber ihr Gegner ist gefährlich und zu allem entschlossen …

Das zu hören freut mich. Bisher kenne ich nur den ersten Band der Reihe, aber genau darauf habe ich gehofft. Was ist dir bei Krimis besonders wichtig?

Sympathische und kluge Ermittlerfiguren und überraschende Wendungen. Niemand darf von vorneherein ahnen, wer der Täter/die Täterin ist.

Wieviel von dir steckt in deiner Anwältin und Strafverteidigerin Linn Geller?

Linn hat eine ganz andere Biographie als ich, aber in einigen Dingen gleichen wir uns: Genau wie meiner Hauptfigur hat mir der Anwaltsberuf sehr viel Spaß gemacht. Außerdem sind wir beide sehr hartnäckig und geben nicht auf.

Was macht in deinen Augen Romanfiguren zu gelungenen Figuren?

Wenn man sie fast für sowas wie Freunde/Freundinnen hält und mit ihnen mitfiebern muss.

Willst du uns deine Meinung dazu verraten, ob ein Roman unbedingt sympathische Figuren braucht?

Ich denke, nicht unbedingt, aber wenn die Figuren nicht sympathisch sind, brauchen sie etwas anderes, für das man sie zumindest bewundert. Sie könnten z.B. klug und gerissen sein und sich für das Gute einsetzen oder zumindest humorvoll.

Woraus entwickelst du die Ideen für deine Geschichten?

Schwer zu sagen. Eines Tages sind sie einfach da. Das kann aus dem Nichts kommen, aber auch inspiriert sein durch etwas, das ich gelesen oder z.B. in den Nachrichten oder im Bus gesehen habe etc.

Wie sieht ein Tag im Autorenleben der Julia Hofelich aus? Wie, wann und wie viel schreibst du? Hast du dabei spezielle Rituale?

Wie ein ganz normaler Arbeitstag. Ich stehe so um halb sieben auf. Spätestens um acht versuche ich, am Schreibtisch zu sitzen. Ich schreibe dann, bis die Kinder aus der Schule kommen, und nachmittags und abends oft auch noch.

Nebenher muss ich noch Werbung für meine Bücher machen, Lesungen planen und halten, und außerdem unterrichte ich Kreatives Schreiben.

Rituale habe ich keine, aber wenn ich gar nicht mehr weiterweiß, spreche ich mit einer meiner lieben Schriftstellerkolleginnen/einem meiner lieben Schriftstellerkollegen. Ohne sie wäre das Schriftstellerleben nur halb so schön.

Entstehen deine Geschichten im Voraus »am Reißbrett«, oder schreibst du »drauflos« und lässt den Worten ihren Lauf? Warum hältst du deine Vorgehensweise für die Richtige?

Sowohl als auch. Da ich meine Geschichten verkaufe, bevor ich sie geschrieben habe, plane ich sie natürlich im Voraus. Ich weiß auch immer, wie sie ausgehen. Das ist aber nur eine grobe Struktur. Zwischendrin lasse ich meiner Fantasie freien Lauf und schreibe drauf los. Ich lasse mich überraschen, was als nächstes passiert. Auch handeln meine Figuren manchmal anders, als ich das anfänglich gedacht hätte …

Ich glaube, beide Methoden sind gleich gut, was das Ergebnis angeht. Wenn man gar nicht vorplant, braucht man nur eben viel länger. In einer Zusammenfassung ist ein Handlungsstrang schnell geändert – wenn ich ihn mal über zweihundert Seiten geschrieben haben, nicht mehr so schnell. Trotzdem passiert es auch bei mir immer wieder, dass ich einen schon geschriebenen Strang komplett ändern muss, weil mir beim Schreiben eine bessere Idee gekommen ist.

Schreibst du schon am nächsten Band mit Linn Geller?

Nein, aber ich denke darüber nach.

Kommentare

Linn unter Mordverdacht

Linn hat schmerzhaft gelernt, mit den Folgen eines Autounfalles vor 5 Jahren umzugehen. Da reißt der Telefonanruf von Betty Schneider, die damals für den Unfall verantwortlich gemacht wurde, alte Wunden auf. Kurz darauf wird Betty ermordet an der Stelle aufgefunden, an der damals der Unfall geschah. Und plötzlich findet sich Linn in der Täterrolle wieder. Linn sieht sich gezwungen, sich erneut mit den Ereignissen von damals auseinanderzusetzen , will sie ihre mögliche Unschuld beweisen.

Bisher wusste ich über Linns Vergangenheit nur, dass es einen schweren Unfall gab und sie ihre Stelle als erfolgreiche Wirtschaftsanwältin aufgeben musste. Nun werden die Ereignisse in Rückblicken erzählt. Linn war schön, erfolgreich, auf ihre Karriere fixiert und stand kurz davor ganz an die Spitze der weltweit renommierten Wirtschaftskanzlei zu gelangen. Nach dem dem Unfall hält sie einen ihrer Konkurrenten für den Täter. Geradezu besessen von seiner Schuld versucht sie, das zu beweisen und scheitert. Ich gebe zu, dass ich bei allem Verständnis von ihrem Verhalten unangenehm berührt war. Und nun muss sie erneut in die Vergangenheit eintauchen.

Gemeinsam mit Linn gehe ich durch einen Wald von Verrat, Lügen und Habgier, immer in der Gefahr, mich zu verirren. Jeder könnte der Täter sein. Sogar ich hatte Zweifel an Personen, die ich bisher als integer betrachtet habe.

Stück für Stück kommt die Wahrheit ans Licht und das Ausmaß an Skrupellosigkeit und Besessenheit hat mich schockiert und auch fasziniert.

Der Krimi bietet Spannung auf höchstem Niveau. Jeder Satz, jedes Wort ist mit Bedacht gewählt, um den Leser zu verwirren und auf eine falsche Spur zu schicken. Bemerkenswert finde ich, dass die Autorin dabei ohne blutige Details auskommt und allein mit Verdächtigungen und falschen Interpretationen diese fesselnde und bedrohliche Atmosphäre schafft.

Ich war regelrecht erleichtert, als der wahre Täter entlarvt wurde .

Ich kann das Buch jedem, der eine ausgefeilte und packende Geschichte liebt, ans Herz legen.