Ein kleines Stück Himmel

Verena Altenberger folgt mit ihrem Team auf Matthias Brandt als Ermittlerin im Polizeiruf 110 aus München. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz

Ein Junge, offensichtlich gequält und geschunden, taucht in München auf. Beim Zuschauen werden Assoziationen an das wohl berühmteste Findelkind Deutschlands, Kaspar Hauser, geweckt. Der Junge im Film spricht nicht, obwohl er physisch dazu in der Lage wäre. Seine Verletzungen sind teilweise alt, er wurde also über einen längeren Zeitraum hin gequält. Er ist von Angst durchsetzt. Der erst vierzehnjährige Dennis Doms spielt diesen Jungen namens Polou mit so eindringlicher Authentizität, dass sich der Gedanke aufdrängt, die Rolle wäre eigens für dieses Schauspieltalent geschrieben worden. Es war jedoch vielmehr so, dass an der Schule des Jungen ein Aushang für ein Casting angebracht wurde, auf den ihn sogar der Schuldirektor hinwies.

Der Ort, von dem die Wolken kommen ist die erste Folge des Polizeirufs 110 aus München ohne Matthias Brandt, der die Rolle des Hanns von Meuffels spielte. Nun ermittelt Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) mit ihrem Kollegen, Halbbruder und Polizeianwärter Cem (Cem Lukas Yeginer souverän komisch und very cool in dieser Rolle) und Kollegen Maurer (Andreas Bittl). Ein Team in Uniform mit viel frischem Wind. Elisabeth ist im höheren Dienst und deshalb bei Bedarf als Ermittlerin einsetzbar.

Ein Wettrennen um die Aufdeckung der Identität des Jungen setzt ein, als eine eiskalte Frau (gespielt von Lucy Wirth) auftaucht. Die sich in ihrer anachronistischen Aufmachung in Pelzmantel und Pelzmütze im Jahr 2019 auf deutsche Straßen traut. Auch sonst wirkt vieles an ihr rätselhaft und wie aus der Zeit gefallen. Bessie versucht unter Hochdruck und mit enormem emotionalem Einsatz, mehr von dem verängstigten Kind zu erfahren. Hat sie doch Grund zu der Annahme, dass noch mehr Kinder in einem Verlies ausharren. Die Dame vom Jugendamt stellt sich quer, nicht wissend, dass ihre Achillesverse kein unentdeckbares Geheimnis ist.

Dieser Film ist sehr berührend, bis hin zu dem überraschenden, jedoch sehr stimmigen Schluss. Der erinnert an den realen Fall um… aber das soll auf keinen Fall verraten werden. Unbedingt selbst ansehen!

Der Kamera von Julian Krubasik sind atmosphärische Bilder geglückt.

Der Drehbuchautor des Films, Michael Proehl, ist von Anfang an dabei auf der Parkinsel. Schon beim ersten Festival des deutschen Films präsentierte er einen seiner Filme. Nun kam der preisgekrönte Drehbuchautor mit einem Teil der Film-Crew erneut auf die Insel am Rhein. Michael Proehl erzählt in diesem Polizeiruf 110 eine Geschichte aus ungewöhnlicher Perspektive mit großen Gefühlen und ist dabei über jeglichen Verdacht erhaben, auch nur annähernd kitschig zu sein.

Regie: Florian Schwarz, Buch: Thomas Korte, Michael Proehl, Kamera: Julian Krubasik, Schnitt: Vera van Appeldorf, Musik: rossnebach / van volxem GbR, Ton: Kristofer Harris, ProduzentInnen: Annie Brunner, Andreas Richter, Ursula Worner, Redaktion: Cornelia Ackers (BR)

Die Ausstrahlung in der ARD ist für den 15.9.2019 geplant. Beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen am Rhein läuft der Film nochmals am Sonntag, 25. August sowie am Dienstag, 27. August.

Ein Interview mit Michael Proehl findet ihr hier.

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Dennis Doms spielt den Jungen namens Polou in "Der Ort, von dem die Wolken kommen" mit so eindringlicher Authentizität, dass sich der Gedanke aufdrängt, die Rolle wäre eigens für dieses Schauspieltalent geschrieben worden. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Andreas Bittl spielt im neuen uniformierten Ermittlerteam des Polizeirufs 110 aus München. Gleich in Teil eins begeht er in seiner Rolle als Kollege "Maurer" einen folgenschweren Fehler. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Katja Bürkle setzt im Film eine synchrone Hypnose ein, die eigens für diesen Polizeiruf 110 kreiert wurde. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Lucy Wirth gibt die ominöse Frau im Pelzmantel. Schießen kann sie auch! Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
BR-Redakteurin Cornelia Ackers findet die Zeiten von Hierarchien überholt und regte einen Krimi ohne Kommissar an. Sie erzählte beim Filmgespäch von Drehbüchern, an denen bis zu neun Jahren gearbeitet wird. Michael Proehl hat das Drehbuch zum neuen Polizeiruf 110 aus München in sechs Wochen geschafft. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Ankunft auf dem roten Teppich beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen: Die Film-Crew des neuen Polizeirufs 110 aus München. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Erfolgreiches Dreamteam: Drehbuchautor Michael Proehl & Regisseur Florian Schwarz. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Wohl dem Geschädigten, der an eine solche Polizistin mit außergewöhnlicher Empathie gerät! Dennis Doms und Verena Altenberger spielen die beiden, die durch die Handlung in eine ganz besondere Art von Beziehung geraten. Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz
Im Filmgespräch zu "Der Ort, von dem die Wolken kommen". Links beginnend: Josef Schnelle (Moderator), Andreas Bittl (Schauspieler), Cornelia Ackers (Redaktion BR), Michael Proehl (Drehbuchautor), Florian Schwarz (Regisseur), Cem Lukas Yeginer (Schauspieler), Dennis Doms (Schauspieler), Verena Altenberger (Schauspielerin) und Rüdiger Suchsland (Moderator). Foto © Jürgen Schmid, Kriminetz