Krimi-Duett mit Claudia Schmid und Harald Schneider

(c) Jürgen Schmid, kriminetz.de

Facebook macht es möglich!

Diese Worte schossen mir prompt durch den Kopf, als ich in meinem Postfach eine Mail von Thalia in Mannheim fand.
Ich hatte gewonnen! Was? Nun - zwei Eintrittskarten zu einer Krimi-Duett Lesung, bei der Claudia Schmid und Harald Schneider mitwirken würden. Um 20:30 Uhr sollte es losgehen, heute Abend! Während sich meine eine Hälfte über die Karten freute und schon überlegte, wer mich denn begleiten könnte, machte sich meine zweite Hälfte Gedanken zu einem möglichen Babysitter. Aber zuerst eine Begleitung finden. Dies stellte sich viel schwerer als erwartet dar. Freunde und Bekannte waren alle verplant oder hatten kein Interesse. Was also tun? Schließlich „opferte“ sich mein Mann und ein Anruf bei den Großeltern löste auch das Babysitter – Problem.

Erwartungsfroh brachen wir nach Mannheim auf. Aber was bedeutet Krimi-Duett Lesung? Die angekündigten Romane wurden von den Autoren alleine verfasst. Keine Gemeinschaftsarbeit. Wir ließen uns überraschen und machten uns zunächst auf die Suche nach einem Parkplatz.
Vor der Thalia-Filiale in Mannheim zögerte ich erst, mein Mann war noch auf Parkplatzsuche und ich hatte leichte Zweifel, hier richtig zu sein. Türen verschlossen, Beleuchtung gedimmt, war ich hier wirklich richtig? Alles wirkte menschenleer. Aber doch, da gab es einen kleinen Spalt, ein Teilelement der Glastürabsperrung stand offen. Ich ging hinein, immer Ausschau haltend nach einem Mitarbeiter. Hinter der Kasse fand ich dann schließlich eine Mitarbeiterin. Ich brachte mein Anliegen vor, als sie just nach den Abendkarten griff. Immerhin war ich richtig, jetzt galt es nur noch die gewonnenen Karten zu finden. Hektisch wühlte sie in einer Schublade auf der Suche danach. Ein Kollege kam hinzu und begrüßte mich mit den Worten: „Sie müssen die sein, die zwei Eintrittskarten gewonnen hat! Ich habe sie hier.“ War ich die Einzige, die Karten gewonnen hat?, überlegte ich, während ich die Karten in Empfang nahm. Schnell klärte ich noch den Einlass von meinem Mann und ging nach oben.

Nach kurzer Orientierung fand ich vorbereitete Sitzreihen in der Kinder- und Jugendbuchabteilung. Es waren auch schon einige Zuhörer da. Ich war definitiv richtig.
Nach einer kurzen Weile, in der ich mir die Auslagen in der Abteilung noch anschaute, bot eine Mitarbeiterin den Zuhörern Wein an. Ich bin keine leidenschaftliche Weintrinkerin und genieße nur ab und an mal ein Gläschen. Auch an diesem Abend sprach ich diesem Genuss, aus Rücksicht auf meinen ohnehin schon missgelaunten Magen, nicht zu. Doch wurde dieses Angebot von den anderen Zuhörern gerne und gut genutzt. Die bis dahin verkrampfte Stimmung lockerte sich merklich, Gespräche kamen auf und es kamen noch weitere Zuhörer dazu. Einige kannten sich, so dass sich Grüppchen in den Sitzreihen bildeten.

Auch mein Mann traf endlich ein und wir suchten uns mittig einen Platz, bei dem ich bei der vorhandenen Stuhlordnung einen direkten Blick auf den aufgebauten Tisch hatte. Ein für mich perfekter Platz. Neugierig sah ich mich um. Die Stühle waren in unterschiedlichen Farben. Man hatte Regale auf Rädern zur Seite geschoben und so Platz für die Bestuhlung geschaffen. Eine Wand zum Treppenbereich bildete den Hintergrund. In die Mitte der Wand war ein Sichtfenster für Auslagen eingelassen. Leider wurde es vom „Guinnessbuch der Rekorde 2014“ geziert. Auch das Buch „Ripley's Einfach unglaublich 2014: Total vernetzt“ fand dort Platz. Für den Abend etwas unpassend. Mir hätte es besser gefallen, dort die Bücher der beiden Autoren zu sehen, statt den ganzen Abend mit diesem Hintergrund konfrontiert zu werden. Die Bücher der Autoren, aber auch nur das aktuellste jeweils, lagen auf einem unscheinbaren kleinen Tisch rechts neben dem Tisch für die Autoren.

Die Spannung stieg, die Mitarbeiter sammelten sich und einer verschwand. Schnell noch ein Posting bei Facebook absetzen und dann ging es auch schon los. Der eine Mitarbeiter hatte sich umgezogen und gab eine kurze Einleitung. Selbstbewusst trat Claudia Schmid vor, ihr Kollege Harald Schneider folgte ihr.

Die Vorstellung der beiden Autoren übernahm kein Mitarbeiter der Thaila-Filiale, sondern die Autoren selbst. Gegenseitig verloren sie einige kurze Worte zu dem anderen und gaben dann bekannt, dass sie während der Lesung stehen bleiben würden.
Ungewöhnlich, dachte ich zunächst, aber wieso nicht?! Wenn es für sie so am angenehmsten ist? Dass dieses Vorhaben noch einen anderen Hintergrund hatte, ahnte ich zunächst nicht.

Dann nahm Claudia Schmid rigoros den Tisch und schaffte sich erst einmal Platz. Harald Schneider beeilte sich, ihr zu helfen. Gemeinsam rückten und schoben sie Tisch und Stühle beiseite und hätten auch gewiss vor der Wand nicht halt gemacht, wäre diese nicht so ein robuster Gegner gewesen.
Schließlich hatten sie sich ihren Leseraum geschaffen und es konnte los gehen. Schnell noch einen Schluck Wasser nach der anstrengenden Arbeit.

Claudia Schmid zückte ihr neustes Werk „Mannheimer Todesmess“, das im Juli im Gmeiner Verlag erschienen ist. Die Lesung konnte beginnen, vielmehr der Dialog. Beide Autoren wollten gemeinsam aus beiden Büchern lesen. Dabei übernahm Harald Schneider die Rolle des Staatsanwalts Thorsten Demsch. Aber auch dem Sohn der Hautprotagonistin Melanie Härter und anderen männlichen Figuren lieh Harald Schneider seine Stimme.
Mit einem sehr seltsamen Prolog fing Claudia Schmid an zu lesen. Ich hatte das Buch bisher noch nicht gelesen und wurde mir unsicher, was ich davon zu halten hatte. Doch dann endete der Prolog und das Wechselspiel zwischen Claudia Schmid und Harald Schneider begann. Jetzt war mir auch klar, warum die beiden stehen blieben. Sie brauchten schlicht den Platz und die Bewegungsfreiheit. Lebhaft, interessant und irrsinnig witzig trugen beide die ausgesuchten Textstellen vor. Sie schafften es, dass der Abend eher einer Komödie glich statt eines düsteren Krimiabends. Zugleich machten sie mich neugierig auf das Buch und es wanderte auf meiner Leseliste weiter nach oben.

Eine kurze Pause folgte, in der sich die Autoren auch mal setzten und ihre Stimmen ölten. Das gleiche konnten die Zuhörer tun, wurde der Hals doch bei dem ein oder anderen vom Lachen etwas rau. Wieder gab es weißen und roten Wein zu trinken, die Autoren durften sich mit Wasser begnügen. Als eine Zuhörerin sich dazu äußerte, gab Harald Schneider zu, dass er sowieso lieber Bier statt Wein trinken würde. Ein Sakrileg! Vor allem für einen Pfälzer.
Dann konnte es weitergehen und auch bei Harald Schneider gab es wieder dieses Wechselspiel. Dazu hatte er kurzerhand seine Figur des Dienststellenleiters Klaus P. Diefenbach – kurz KPD genannt – in K(C)laudia P. Diefenbach umgetauft. Claudia Schmid würde u.a. diese Rolle lesen und Harald Schneider seinen Text entsprechend anpassen. Oft klappte es, doch manchmal rutschte ihm dann doch wieder ein „er“ oder ein „Chef“ heraus, auf das er dann von Claudia Schmid mit einem freundschaftlichen Ellenbogenschubser aufmerksam gemacht wurde.

Auch hier gingen beide Autoren in ihren jeweiligen Rollen regelrecht auf, neckten sich, wurden mal lauter mal leiser, je nachdem wie es die Situation im Text erforderte. Sehr lebhaft vorgetragen, war ich doch an mancher Stelle froh, nicht in der ersten Reihe zu sitzen. Claudia Schmid schaffte es sogar, das Publikum an einer Stelle mit einzubeziehen und so lauschten alle gespannt dem Text und seiner Entwicklung.
Viertel vor zehn neigte sich der Abend dann langsam aber sicher seinem Ende zu. Fragen kamen keine auf und die Autoren kündigten noch weitere Projekte und Lesungen an, machten Werbung für ihre Website und gaben bekannt, dass sie ihre Bücher auch noch signieren würden.

Das war das Stichwort zum Aufbruch. Viele der Zuhörer verschwanden recht fix in Richtung Ausgang. Einige nahmen sich Bücher und ließen sich diese signieren. Auch wurde das ein oder andere Wort noch mit den Autoren gewechselt. Das Buch von Claudia Schmid hatte ich schon, daher griff ich zum Werk von Harald Schneider und lies es mir signieren. Ein paar kurze Worte noch zu Claudia Schmid und schon waren mein Mann und ich auf dem Heimweg.
Mein Mann ist keine große Leseratte und es grenzt schon an ein Wunder, wenn er mehr als ein Buch im Jahr liest. Zu Lesungen begleitet er mich eigentlich nur, wenn er die Autoren kennt. Dass er also heute Abend mitkam, rechnete ich ihm hoch an. Von daher freute ich mich, als er meinte, er habe sich gut amüsiert und es habe ihm sehr gefallen.

Auch ich war begeistert von dem Abend gewesen. Schon so manche Lesung habe ich miterlebt, aber diese Form war mir bisher noch unbekannt gewesen. Zwei verschiedene Autoren, die eine Freundschaft und ein gemeinsamer Verlag verbanden, richten gemeinsam eine Lesung aus, bei der sie in einem Rollenspiel aus ihren Büchern vortrugen – das war neu für mich.
Ich ließ auf der Heimfahrt den Abend noch einmal Revue passieren. Manchmal merkte man deutlich den Dialekt von Harald Schneider, aber er passte sehr gut zu den Romanen mit Lokalkolorit. Mit seiner melodischen Stimme hauchte er jeder vorgetragen Figur einen eigenen Charakter ein. Aber auch Claudia Schmids Vortrag stand nicht im Schatten. Allerdings fand ich hier den schauspielerischen Anteil ausgeprägter als den stimmlichen.

Beide hatten jedenfalls ihr Ziel, zumindest bei mir, erreicht. Ich hatte mich herrlich unterhalten, viel gelacht und geschmunzelt und war nun neugierig auf die beiden Romane, die ich sicher schon bald lesen werde.
Wie Harald Schneider schon in seinen Schlussworten so treffen sagte:
Statt eines trübsinnigen Abends bei unsäglichem Fernsehprogramm, wurde hier ein unterhaltsamer Abend mit zwei tollen Krimiautoren geboten. Eindeutig die beste Medizin gegen das triste Herbstwetter!

Bild (c) Jürgen Schmid, kriminetz.de