Michaelis lässt in Kempen ermitteln

Buch-Cover Der Killer von Kempen

Der Düsseldorfer Schriftsteller lässt seinen Kommissar Eddi Kulmbacher zum vierten Mal ermitteln.

Der Autor Jan Michaelis, Jahrgang 1968, wurde in Heilbronn geboren, er lebt in Düsseldorf.

Das Buch: »Der Killer von Kempen«, Engelsdorfer Verlag, ISBN 978-3-96940-354-9, 65 Seiten, 7 Euro.

DÜSSELDORF. »Wir erzählen alle gerne Geschichten«, sagte Eddi Kulmbacher. »Wir hören auch gerne gute Geschichten. Ist es die richtige Geschichte, kann sie dich sogar einen Mord begehen lassen.« Mit diesen Sätzen beginnt der Regio-Krimi »Der Killer von Kempen«. Es ist eine Kriminalerzählung von Jan Michaelis. Der gebürtige Heilbronner Autor lässt einen Serienmörder in Kempen am Niederrhein morden. Die malerische Altstadt bietet der Mafia einen Rückzugsraum. Jedenfalls in der literarischen Vorstellungskraft von Michaelis. Das Büchlein im Handtaschenformat Din A6 kommt wie ein schickeres Reclamheft daher und lässt sich in einer Stunde lesen.

Der Stil ist präzise und eingängig. »Ich lege Wert darauf, dass das leicht und locker wirkt, das ist aber wie beim Seiltanz der Akrobaten besonders schwer«, sagt der Autor, »deshalb bin ich sehr froh, eine verlässliche und vertraute Lektorin in Marianne Evrard zu haben.« So ist die Geschichte tatsächlich scheinbar leichte Kost mit Tiefgang und Ironie. Der Autor selbst schmückt das Cover. Mit Panamahut an einen Baum gelehnt guckt er grimmig wie ein Mafiosi. Das Buchcoverfoto ist am Buttermarkt in Kempen aufgenommen worden. Im Hintergrund erkennt man das Kino »Kempener Lichtspiele«. Ob Michaelis sich mit dem Kommissar Eddi Kulmbacher ein Alter Ego geschaffen hat? Immerhin ermittelt Kulmbacher in seinem ersten Fall noch in Heilbronn, der Geburtsstadt von Michaelis. Doch im vierten Fall ist er wie der Autor in Nordrhein-Westfalen angekommen.

Die weiteren Kriminalerzählungen mit Kulmbacher spielen alle in der Heimat des Autors und dieser nutzt seine Kenntnisse über Neckarwestheim und Weinsberg für viel Lokalkolorit. Kulmbacher ist inzwischen pensionierter Kommissar und kommt eigens für den Fall in Kempen aus dem wohlverdienten Ruhestand zurück. Ein Cold Case muss durch ihn aufgeklärt werden, denn die neue Regierung will ungeklärte Mordfälle doch noch zu Ende ermittelt wissen.

Der Fall hat ein Muster. Denn es sind fünf ausländische Erntehelferinnen ermordet worden und eine heiße Spur führt nach Kempen. Kulmbacher ist fast ein Einzelgänger, doch hier in Kempen muss er mit der örtlichen Polizei zusammenarbeiten.

Die Geschichte erscheint abenteuerlich, ist aber an den authentischen Fall des NSU angelehnt. Aber Michaelis nutzt auch Ironie und würzt die Geschichte mit Gesellschaftskritik an den Arbeitsbedingungen von osteuropäischen Erntehelfern. Die Stadt Kempen ist aber als Ort nicht nur Hintergrund, sondern mit ihren Eigenarten sowohl für die Tat und die Verdeckung derselben, wie auch für die Lösung des Falles bestimmend.

Jan Michaelis ist seit 25 Jahren selbständig als Autor und Publizist. Er war Filialleiter einer Buchhandlung in der Düsseldorfer Altstadt, bevor er sich selbständig gemacht hat. Heute ist er der Regionalsprecher des Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Gruppe Region Düsseldorf. Er übt wechselnde Brotberufe in Teilzeit aus, um sich seinen Lebensunterhalt etwas regelmäßiger zu gestalten. Auf solch einer Teilzeitstelle sprachen ihn Arbeitskollegen an, die in der Stadt am Niederrhein wohnen und sagten: »Schreib einen Kempen-Krimi!« Mit der Coronasituation kamen Zeit und Hilfe von außen. Die Corona-Hilfen für Künstler förderten mit zwei Stipendien die Arbeit am Buch.

Jan Michaelis hat einen Ruf, gut zu recherchieren, so sagt er: »Ich habe mir im Internet alles über Kempen angeschaut und bei der Handlung die Orte festgelegt, die ich brauchte, damit sie die Handlung vorantreiben, dann fuhr ich nach Kempen und suchte gezielt diese Orte und fand sie auch.« So spielt ein leerstehendes Ladenlokal auf der Ellenstraße in der Geschichte eine Rolle, ebenso der Caravan-Stellplatz am Schwimmbad. Die Recherchereise mit Frau und den zwei Arbeitskollegen aus Kempen war dann ein Rundgang in der Stadt am Niederrhein.

Die gründliche Recherche ist ein Markenzeichen von Michaelis nicht nur in seinen 18 Bänden mit Kriminalerzählungen und Erzählungen, sondern auch in seinen fünf Kinderbüchern und zwei Romanen. Gegebenheiten, die tatsächlich örtlich zu finden sind, verschmelzen mit erfundenen Geschichten zu einem neuen Ganzen. Der Autor sagt: »Das darf nicht aufgepfropft sein, so als könnte es irgendwo spielen, sondern es muss miteinander verzahnt sein.« Der ortskundige Leser entdeckt so die Situation neu, der ortsunkundige Neuling erhält geradezu einen kleinen ersten Reiseführer an die Hand. »Das Böse bleibt im sicheren und bekannten Raum«, sagt Jan Michaelis. Und erklärt so den Boom der Regionalkrimis mit der Mischung aus Vertrautheit und Nervenkitzel. »Gute Geschichten sind eben gefragt.«