Mordsharz wurde mehrsprachig. Max Bentow, Jenny Rogneby und Nicole Neubauer lasen in Goslar

Die Kaiserpfalz in Goslar: Lese-Station des Mordsharz-Festivals. Foto: © Mordsharz

International und mit einer Deutschlandpremiere präsentierte sich das Mordsharz-Festival am
Samstag in der Kaiserpfalz in Goslar. Die in Äthiopien geborene und in Schweden aufgewachsene
Jenny Rogneby stellte ihren Bestseller „Leona – Die Würfel sind gefallen“ vor und war die Autorin
mit der längsten Anreise, aber auch dem wenigsten Text in der fünfjährigen Geschichte des
Krimifestivals.

Rogneby las den Prolog ihres ersten Romans auf Schwedisch, dann jedoch übernahm die
Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Julia Nachtmann, da skandinavische Sprachen im Harz nun
einmal nicht so verbreitet sind. Nachtmann war dabei keinesfalls eine Art Zugeständnis an die
Internationalität, sondern wusste ihre geschulte Stimme einzusetzen, um der ungewöhnlichen
Geschichte, die mit dem von einem siebenjährigen Mädchen begangenen Bankraub beginnt, noch
mehr Ausdruck zu verleihen.

Jenny Rogneby kam anschließend im auf Englisch geführten Interview mit Christoph Lampert
wieder zu Wort und berichtete von ihrer Arbeit als Ermittlerin, der Idee zu diesem ungewöhnlichen
Krimi und dass sie ihren Job schließlich aufgegeben hatte, um sich ganz dem Schreiben zu widmen.
Vom Hype, den das Buch auslöste, der Zusage des Verlags für eine Trilogie und den an Hollywood
verkauften Filmrechten wurde sie dann allerdings doch überrascht. „But, of course, I'm happy about
this success“, fügte sie hinzu, natürlich freut sie sich über den Erfolg.

Auf den ersten Blick deutlich weniger spektakulär wirkte zuvor die Lesung von Max Bentow aus
seinem Thriller „Das Dornenkind“. Er setzte sich an den Tisch, schlug sein Buch auf und las. Ohne
Kommentare zwischendurch, ohne Erläuterungen zur Handlung, er las einfach nur. Allerdings ist
Bentow wie auch Julia Nachtmann gelernter Schauspieler, weiß seine Stimme einzusetzen und
wusste offenbar auch um die Wirkung seiner Geschichte, die sich schon bald zum dramatischen
Duell zwischen seinem Ermittler und einem perfide vorgehenden Serienkillers entwickelt.
Reduziert auf seinen Text und seine Stimme zog er die Zuhörer vollkommen in seinen Bann und
bewies eindrucksvoll, welche Kraft Literatur haben kann. Natürlich hörte er schließlich auch an
einer besonders spannenden Stelle auf und machte durchaus den Eindruck als ob er den geweckten
Hunger des Publikums nach dem Bösen insgeheim genoss. Er selbst genoss anschließend noch das
weitere Festival und blieb bis zur letzten Lesung für dieses Jahr mit Nicole Neubauer.

Auch für sie sei es die letzte Lesung aus ihrem Erstling „Kellerkind“, verriet die Autorin, denn ihr
zweites Werk steht sozusagen in den Startlöchern. „Darum ist es auch für mich besonders
emotional“, erläuterte sie, während sie ihre drei Ermittler in einigen Kapiteln vorstellte und deren
Eigenheiten aufzeigte. Gerade die dunklen Seiten ihrer Figuren seien ihr wichtig, sagte sie und
betonte: „ich möchte die Geschichte jeder einzelnen Figur beleuchten. Sie liegen mir so am Herzen,
die sitzen bei mir am Küchentisch.“

In ihrem Krimi bekommen es die Kommissare allerdings mit einem Jungen mit blutverschmierten
Händen zu tun, so dass sie klären müssen, ob er etwas mit dem brutalen Mord einige Stockwerke
über dem Keller zu tun hat, in dem er gefunden wurde. Das Buch zeichnet sich durch die besonders
kühle Atmosphäre aus, während die Autorin ihre Geschichte nicht kühl, sondern sehr persönlich
präsentierte und auch mehrfach betonte, wie sehr sie sich über die Einladung zu Mordharz gefreut
hatte.

Grund zur Freude hatten auch „der Pate vom Brocken“ Christoph Lampert, „der Schreibtischtäter“
Roland Lange und „die Buchhehlerin“ Susanne Kinne, denn in diesem Jahr waren ausnahmslos alle
Veranstaltungen gut besucht, viele Autoren übertrafen die ohnehin hohen Erwartungen und – was
überhaupt das wichtigste ist – die Gäste waren begeistert und konnten mit Gänsehaut, aber
glücklich dem Heimweg durch den dunklen, geheimnisvollen und auch im kommenden Jahr wieder
mörderischen Harz antreten.

Text: Christian Dolle

Jenny Rogney, Christoph Lampert und Julia Nachtmann. Foto: © Mordsharz
Nicole Neubauer. Foto: © Mordsharz
Max Bentow. Foto: © Mordsharz