Volker Schlöndorff hat Friedrich Anis Roman Der namenlose Tag für das ZDF adaptiert. Friedrich Ani erhielt für diesen Roman den Deutschen Krimi-Preis. Volker Schlöndorff, der vor wenigen Wochen bei einem langen Filmgespräch beim Festival des Deutschen Films auf der Ludwigshafener Parkinsel hautnah zu erleben war, schrieb das Drehbuch und führte Regie. Volker Schlöndorff drehte, nach einer Regieassistentenzeit bei Louis Malle und Jean-Pierre Melville, 1964 seinen ersten Film "Der junge Törless". Für "Die Blechtrommel" (1979) bekam er im Jahr 1980 den Oscar.
Die Figur des mittlerweile pensionierten Hauptkommissars Jakob Franck, der stets eine abgewetzte braune Aktentasche bei sich trägt, spielt in Der namenlose Tag Thomas Thieme. Er scheint sich am Griff dieser Tasche festzuhalten, wenn er sich auf den Weg begibt, um Todesnachrichten zu überbringen. Genau das war seine Aufgabe bei der Kripo. Der Film zeigt ihn zu Beginn, wie er an zahlreichen Türen klingelt, um seine Nachricht anzubringen.
Devid Striesow führt einmal mehr eine Facette seiner Schauspielkunst vor. Wie in jeder seiner Rollen ist er auch in dieser sehr überzeugend. Als Vater des toten Mädchens taucht er bei dem pensionierten Kommissar auf und bittet ihn, endlich die Wahrheit ans Licht zu holen und damit "einen toten Fall zum Leben zu erwecken". Jakob Franck hatte damals der Mutter die Nachricht vom Tod der Tochter überbracht und sie danach einige Stunden lang im Arm gehalten, stehend in der Diele ihres Hauses, das ihr Mann, der Hosenverkäufer, durch Krummlegen finanzierte. Jahre später ist nun auch die Mutter tot, erhängt, genauso wie die Tochter. Der Vater glaubt immer noch nicht an einen Suizid der Tochter und will das nun endlich aufgeklärt wissen.
Was ist wahr, was ist bloß Gerücht? Der angepasste Ludwig Winther hat sich ein Gerüst als nach außen hin langweiliger Durchschnittsmensch aufgebaut, das ihn wie ein Exoskelett aufrecht hält. Vieles wird getuschelt, genial vermischt sich das, „was hätte sein können“ mit der Wahrheit, der der pensionierte Kommissar mit Beharrlichkeit auf der Spur ist und dem der Film in Rückblenden nachgeht. Winther duldete keine Abweichungen vom „normalen“ Leben, vermutlich, weil er es nicht verstand und es aus seinem eigenen Leben nicht anders kannte, als dass er sich immer anpasste und das tat, von dem er dachte, es würde von ihm genauso erwartet. Aber hat das wirklich irgendwer von ihm erwartet oder unterlag er damit einer Selbsttäuschung? Selbst als seine Familie auseinanderfällt, das große Klaffen zwischen Schein und Sein unübersehbar wird, fällt es ihm in all seiner Hilflosigkeit schwer, seinen Schutzmantel „Normalität“, oder das, was er dafür hält, loszulassen. Er scheint wie eine Art Homo Faber der Jetztzeit, der die nicht begreift, die er liebt und die letztlich an ihm zugrunde gehen.
Jakob Franck nähert sich der unerwarteten Lösung mit Beharrlichkeit - durch Fragen, Zuhören und Nachdenken. So kommt er leise, beinahe zärtlich ans Ziel – gänzlich ohne Actionszenen und „Show-Down“.
Neben Thomas Thieme und Devid Striesow spielen noch mit: Ursina Lardi, Christian Kuchenbuch, Jochanah Mahnke, Tina Engel, Jan Messutat und andere. Kamermann: Tomas Erhart, Schnitt Julia Oehring, Kostümbildnerin Heike Hütt. Der namenlose Tag ist eine Produktion der PROVOBIS Film - einem Unternehmen der TELLUX Gruppe - im Auftrag des ZDF. Produzenten sind Jens C. Susa und Martin Choroba. Die Redaktion lag bei Elke Müller und Wolfgang Witt.
Kriminetz sah diesen absolut sehenswerten Film mit überzeugenden Darstellern beim 66. Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg in den Campbell Barracks in der Heidelberger Südstadt. Der Sendetermin im ZDF ist für den 5.2.2018 geplant.