Politthriller aus Syrien und Irak: »Das Milan Protokoll«

Peter Ott stellte seinen Politthriller »Das Milan Protokoll« auf dem Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg vor. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

In dem Politthriller »Das Milan Protokoll«, der derzeit auf dem Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg zu sehen ist, arbeitet die deutsche Ärztin Martina (Catrin Striebeck) für eine deutsche Hilfsorganisation in einem Flüchtlingslager in der Nähe von Dohuk im kurdischen Nordirak. Die kurdischen Peschmerga kämpfen hier gegen den Islamischen Staat. Auch der syrische Bürgerkrieg ist nicht weit. Und so fährt Martina, die neben Deutsch und Englisch auch fließend Arabisch und Kurdisch spricht, auch immer wieder über die Grenze nach Syrien, um dort Bürgerkriegs-Kämpfer der syrischen Kurden zu behandeln. Als sie gebeten wird, sich um eine junge deutsche Kämpferin zu kümmern, die bei Kämpfen mit dem Islamischen Staat schwer verletzt worden ist, wird die Ambulanz, mit der sie die Deutsche aus Syrien abholen und ins Krankenhaus nach Dohuk bringen will, von dem IS nahestehenden Sunniten überfallen. Als diese nicht finden, wonach sie suchen, wird Martinas Fahrer erschossen und sie selbst entführt.

Der Politthriller von Regisseur Peter Ott, der auch das Drehbuch geschrieben hat, spielt auf mehreren Zeitebenen, die ineinander verwoben werden. So ist es für den Zuschauer nicht immer ganz klar, auf welcher Ebene man sich gerade befindet, was die Spannung steigert. Andererseits weiß man aber auch sehr bald, dass Martina diese Gefangenschaft überleben wird. Denn zwischendurch gibt es immer wieder Szenen, in denen Martina im deutschen Konsulat in Erbil von einem Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (Christoph Bach) befragt wird.

Die Entführer behaupten immer wieder, dass sie nicht zum IS gehören, aber eine Verbindung scheint trotzdem zu bestehen. Sehr schnell wird eines klar: Dass so gut wie nichts klar ist. Die politischen Verhältnisse sind sehr diffizil, unüberschaubar und viele mischen hier mit. Keiner kann keinem trauen und selbst die Entführer sind sich nicht einig. Ganz abgesehen von den Gruppen, mit denen sie in Kontakt stehen. Jeder hat seine eigene Agenda, wobei auch die Ärztin nicht ausgeschlossen werden kann.

Ein zentrales Thema ist dabei immer wieder ein Milan-System, eine hochtechnisierte Panzerabwehr-Rakete, die so leicht ist, dass man sie quasi einem Rucksack transportieren kann. 2014 wurden von der Bundesrepublik Deutschland Milan-Systeme an die Kurden im Nordirak geliefert, um sie beim Kampf gegen den IS zu unterstützen. Und genau so ein System soll Martina nach Syrien geschmuggelt haben.

Der Zuschauer begleitet nun Martina auf ihrer Odyssee nach der Entführung durch verschiedene Verstecke ihrer Entführer und erlebt die Ängste und Albträume der Ärztin mit, aber auch ihre Bemühungen, da wieder lebend herauszukommen. Denn auch bei den Entführern muss abgewogen werden, wer denn nun ein eingeschworener Feind ist und wer als potenzieller Helfer in Frage kommen könnte.

Es wird deutlich, dass Regisseur und Drehbuchautor Peter Ott sich im Grenzgebiet zwischen Irak und Syrien bestens auskennt und viel über die unübersichtlichen Konfliktlinien im Mittleren Osten weiß. Dieses detaillierte Wissen führt im Film aber dazu, dass der Zuschauer sich teilweise etwas alleingelassen fühlt, da es ohne Hintergrundwissen fast unmöglich ist, die einzelnen Personen den diversen Geheimdiensten oder den Stammesmilizen zuzuordnen.

Insgesamt ein sehr interessanter Film über die politische Lage im irakisch-kurdisch-syrischen Grenzgebiet. Als Thriller allerdings nur bedingt geeignet, da der Ausgang von Anfang an klar ist und die Gefahren und Ängste der Ärztin den Zuschauer nur bedingt mitzureißen vermögen.