»Rauhnächte«: Folge 1 der neuen Serie »Der Dänemark-Krimi«

Marlene Morreis spielt die Streifenpolizistin in »Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz

Mitten in der Wildnis des Naturschutzgebiets erwacht eine Frau (gespielt von Anne Kanis) und kriecht zu einer Pfütze, um zu trinken. Sie ist mit einer Kette an einem Pfahl angepflockt und kann sich nur in einem sehr engen Umkreis bewegen. Sie sieht schlimm aus und ist geschwächt. Sie hat wohl schon einige Tage und Nächte hier verbracht. Plötzlich fällt ein Ast von einem Baum. Es gelingt ihr, den Ast zu erreichen und damit einen Stein zu sich heranzuziehen. Mit dem Stein bearbeitet sie das Schloss ihrer Fessel und es gelingt ihr tatsächlich, sich zu befreien. Der Zuschauer atmet auf! Noch mal gut gegangen!

Auf dem Polizeirevier der einstigen Wikingerstadt Ribe ist die Hölle los: Die »Wilde Jagd« ist in vollem Gange und auf dem Revier tummeln sich jede Menge gruselig verkleideter und angetrunkener Menschen. Außerdem ist das Revier völlig unterbesetzt. Die gewissenhafte Streifenbeamtin Ida Sörensen (Marlene Morreis) ist in ihrer zweiten Schicht, die sie nur deshalb übernommen hat, weil ihr ältere Kollege Magnus Vinter (Nicki von Tempelhoff) so gerne bei dem wilden Treiben dabei sein wollte. Eigentlich war geplant, mit ihrem Mann gemeinsam zu kochen und einen gemütlichen Abend zu verbringen. Aber nun muss sich Ida erst mal um die Festgenommen und die Anliegen der anderen Besucher kümmern, die – da sie angetrunken sind – meist schwer verständlich bzw. gar nicht zu verstehen sind. Und so schickt sie auch eine Frau, die kaum reden kann und »Ich hatte nichts zu trinken« stammelt, mit der Bemerkung weg, dass es auch hier nichts zu trinken gäbe …

Am nächsten Morgen wird sie telefonisch aufs Revier beordert und von ihren Kollegen Magnus Vinter und der Kommissarin Frida Olsen (Katharina Heyer) mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Sie habe die seit mehreren Tagen vermisste Smilla Vestergaard weggeschickt, das vermutlich erste Opfer eines sadistischen Serienmörders, das fliehen konnte. Denn in der Gegend treibt seit zwei Jahren ein Mörder sein Unwesen, der Menschen entführt und im Wald verhungern lässt. Und das Schlimmste ist: Seit ihrem Besuch auf dem Polizeirevier ist Smilla schon wieder verschwunden. Eine groß angelegte Suche wird eingeleitet, die aber, wie Magnus Vinter schon zu Beginn vermutet, nichts bringt. Denn wer einmal in den Wäldern ist, wird nicht mehr gefunden. Als Beispiel nennt er einen zufälligen Leichenfund von vor zwei Jahren, bei dem eine unbekannte Tote gefunden wurde, die dort seit zwanzig Jahren gelegen hatte.

Ida Sörensen macht auch sich selbst schwere Vorwürfe und setzt ohne Rücksicht auf Zuständigkeiten alles daran, ihren fatalen Fehler wiedergutzumachen und Smilla Vestergaard zu finden. Anders als die eigentlich zuständige Kommissarin Olsen sieht sie einen Zusammenhang zwischen der Mordserie und der unbekannten Leiche von vor zwei Jahren und beginnt dementsprechend zu ermitteln …

In dem extrem spannenden Krimi mit seiner intensiven Atmosphäre und den faszinierenden Landschaftsaufnahmen geht es allerdings um mehr als nur den Serienmörder. Sehr subtil wird auch das Thema Karrierismus und der Kampf gegen die ignorante Männerwelt beschrieben. Denn Frida Olsen ist nicht freiwillig in Ribe. Sie wurde ganz gezielt auf den eigentlich hoffnungslosen Fall angesetzt und braucht dringend Erfolge, um in ihrem Job bestehen zu können. Dementsprechend schlecht ist auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Polizistinnen.

Bei »Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte« handelt es sich um die erste Folge einer neuen ARD-Krimireihe in Dänemark, die in der Zeit der Rauhnächte (ca. 1. Advent bis Heilige Drei Könige), also einer Zeit der Magie und der Zauberei, aber auch der Rückbesinnung und ausgelassener archaischer Feste spielt. Das Drehbuch stammt von Timo Berndt, Regie führte Christian Theede. Der Film läuft auf dem Festival des Deutschen Films in den Wettbewerben um den Filmkunstpreis Ludwigshafen und um den Rheingold-Publikumspreis.

Lustigerweise taucht der Begriff „Rauhnächte“ im ganzen Film nicht einmal auf, was dem Filmteam allerdings erst nach der Fertigstellung auffiel, wie Degeto-Redakteurin Birgit Titze im anschließenden Filmgespräch verriet. Gedreht wurde tatsächlich in dem dänischen Städtchen Ribe, das nach Birgit Titze die älteste dänische Stadt ist. Mit ihrer mittelalterlichen Prägung und dem dortigen Aufeinandertreffen heidnischer und christlicher Bräuche war das die ideale Kulisse für den Film. Weitere Drehorte waren laut Regisseur Christian Theede, der aus Flensburg stammt und sich daher recht gut in Dänemark auskennt, die Insel Rømø und eine Halbinsel ganz im Norden von Dänemark, wo die Landschaftsaufnahmen entstanden.

Weiter erzählte Christian Theede, dass die Rolle der Hauptdarstellerin nach einem Casting besetzt wurde, bei dem Marlene Morreis - die Nordische Philologie studiert hat, zwei Auslandssemester in Schweden verbrachte, Schwedisch spricht und sich bestens mit der nordischen Mentalität auskennt - besetzt wurde, weil sie die Rolle der schwachen Heldin, die über sich hinauswächst und alles gibt, von allen Kandidatinnen am emotionalsten und besten gespielt hat.

Nachdem Cutter Martin Rahner erklärt hatte, wie er im Schnitt Spannung und Tempo aufbaut, indem er verschiede Szenen aus unterschiedlichen Kameraperspektiven kombiniert und Szenen, die nicht wirklich funktioniert haben, einfach weg lässt, wurde Marlene Morreis nach der Szene mit dem Hund zum Schluss des Films gefragt und verriet, dass diese Verfolgungsjagd über mehrere Tage an unterschiedlichen Orten gedreht worden ist und nur durch den Schnitt wie aus einem Guss wirkt. Aber sicherlich stünde diese unheimlich anstrengende Szene, bei der sie im Eiltempo die Dünen rauf und runter rennen musste, nicht auf ihrer Liste der Top 10, die sie gerne wieder drehen möchte.

Der Film »Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte« wird am Donnerstag, 07.10.2021 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.

Auf dem Roten Teppich beim Festival des Deutschen Films: Cutter Martin Rahner, Degeto-Redakteurin Birgit Titze, Produzentin Michaele Nix, Regisseur Christian Theede, und Hauptdarstellerin Marlene Moreis präsentierten »Rauhnächte«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Christian Theede führte Regie bei »Rauhnächte« der ersten Folge der neuen ARD-Krimireihe »Der Dänemark-Krimi«. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Beim Filmgespräch zu »Rauhnächte« waren Cutter Martin Rahner, Produzentin Michaele Nix, Redakteurin Birgit Titze, Hauptdarstellerin Marlene Moreis, Regisseur Christian Theede, und Moderatorin Julia Teichmann. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz