Rolf Uliczka im Interview über seinen neuen Krimi »Skippertod in Neßmersiel«

Ostfrieslandkrimi-Autor Rolf Uliczka im Interview zu seinem neuen Buch »Skippertod in Neßmersiel«

1. »Skippertod in Neßmersiel« heißt Ihr neuer Ostfrieslandkrimi. Würden Sie uns mit eigenen Worten erzählen, worum es in Ihrem neuen Buch geht?

Rolf Uliczka: Medienberichten der letzten Zeit zufolge bedrohen Cyber-Angriffe inzwischen nicht nur Privatleute, sondern besonders auch Behörden, Unternehmen und sogar die digitalen Steuerungen der Offshore-Windkraftanlagen. Der ermordete Gonzalo Hofmann war nach Ostfriesland gezogen und solchen Angriffen auf der Spur. Er selbst nannte sich Cyber-Sheriff, dabei hatte er schon in seiner Zeit als Informatikstudent mit einem Freund selbst als Hacker für Auftraggeber aus dem Darknet gearbeitet. Sein Tod nimmt die Leserinnen und Leser auf eine spannende, facettenreiche und turbulente Reise mit.

2. An welchen Schauplätzen spielt die Handlung Ihres neuen Krimis?

Rolf Uliczka: Natürlich warten wieder romantische Sonnenauf- und untergangsbilder an der ostfriesischen Wattenmeerküste auf meine Leserinnen und Leser. Schauplätze des Geschehens sind der Fährhafen zur autofreien Insel Baltrum und die Marina des Nordsee-Yacht-Clubs Neßmersiel e. V. (NYCN), dessen 1. Vorsitzender Johannes Feldmann und dessen Hafenmeister Christian Borchert tragende Rollen in der Geschichte übernommen haben.

Für die »Friesische Freiheit« und für alle Friesen ist historisch der Dienstag nach Pfingsten der höchste Feiertag. Wir nehmen mit Femke und ihrem neuen Lebenspartner Phil an dem jährlichen Treffen der Friesen in Aurich-Rahe am Upstalsboom teil und erfahren Interessantes über die historischen Hintergründe. Außerdem machen wir mit Femke und Phil einen kleinen Bummel durch die Auricher Innenstadt.

Wir streifen Hamburg als weltweit agierenden Logistikstandort, telefonieren mit Argentinien und die Spur führt uns auch bis zur Ostseeinsel Fehmarn. Rein zufällig ist Lensahn, der etwa dreißig Kilometer entfernt liegende Waldkurort am Rande der Schleswig-Holsteinischen Schweiz, der Ort, in dem ich mit meinen Eltern im Haus meiner Großeltern eine sonnige Kindheit verbringen durfte. Da wundert es auch sicher nicht, dass dieses Haus in der Jahnstraße heute noch steht und dass meine inzwischen 102-jährige Mutter eine gebürtige »Augustin« ist und mit Vornamen Irmgard heißt. Wie es sich manchmal doch so fügt.

3. Dem Klappentext nach zu urteilen, scheint das Mordopfer eine vielseitige Persönlichkeit gewesen zu sein. Wie würden Sie Gonzalo Hofmann in einem Satz beschreiben?

Rolf Uliczka: Mit einem Satz würde man seiner außergewöhnlichen Persönlichkeitsstruktur sicher nicht gerecht. Er war nicht nur schnell auf der Datenautobahn unterwegs, sondern auch mit seinem Porsche auf der Straße und seinem über sechshundertfünfzig PS-starken Speedboot auf dem Wasser. Wenn es ihn packte, dann waren Vorschriften für ihn nur der Hinweis, dass es außerhalb der Regeln erst richtig spannend werden und den richtigen Kick bringen konnte. Genau das brachte den eigentlich sehr sympathischen, smarten und gut aussehenden Halbargentinier in eine verzwickte Partnerschaft, wobei man ihm dabei noch nicht einmal böse Absichten unterstellen konnte.

4. Gonzalo ist ein »Neu-Ostfriese«. Stimmt es, dass Neuankömmlinge es in der Regel nicht so leicht haben, sich in die ostfriesische Gemeinschaft zu integrieren?

Rolf Uliczka: Nach meinen Erfahrungen aus beruflich bedingten zwölf Umzügen quer durch unsere Republik muss ich sagen, eher das Gegenteil ist der Fall. Hier habe ich selbst es erlebt, dass die Nachbarschaft uns mit einem Willkommenskranz über unserer Haustür empfing. Bier und Korn wurden auf dem Bollerwagen mitgebracht und damit hatten die Nachbarn schon beim Kranzbinden an den Vortagen fleißig vorgeübt. Meine Frau und ich lernten sehr schnell die Bedeutung des »Ersten Nachbarn« kennen, der sich um solche Begrüßungszeremonien, das Aufstellen von großen geschmückten Schildern bei runden Geburtstagen und Ähnliches kümmert.

Allein die Tradition, neue Nachbarn mit einem Willkommenskranz zu begrüßen, hat bei mir die Frage ausgelöst: Warum ist mir so etwas noch in keiner anderen deutschen Region begegnet? Gefunden habe ich zwei zugleich auftretende Unterscheidungsmerkmale, die in Ostfriesland anzutreffen sind: die Sturmflut und die vielen Moore.

Die Sturmflut drückt das Wasser bis weit ins Innenland, sodass auch dort noch die Wasserläufe eingedeicht werden müssen. Daher gilt hier der plattdeutsche Spruch: »Wullt du nich dieken, mutt du wieken!« (Willst du nicht deichen, musst du weichen.) Dem reichsten Grundbesitzer nützte es nichts, wenn einer seiner ärmeren Nachbarn seinen Deich nicht pflegte, dann stand auch das Haus des Reichen unter Wasser, wenn der »Blanke Hans« auf die Küste traf. Und Moore entwässert auch keiner alleine. Das heißt, auch ein neuer (fremder) Nachbar wurde schon seit Jahrhunderten allein aus diesen Gründen ganz schnell in die ostfriesische Gemeinschaft integriert.

Für mich könnte das eine Erklärung dafür sein, dass Ostfriesen auch Menschen aus anderen Bundesländern gerne bei sich in der Nachbarschaft aufnehmen. Unzählige ehemalige regelmäßige Nordseeurlauber wohnen heute auf einem Altersruhesitz in Ostfriesland, wo sie in der Zeit ihres Berufslebens immer Urlaub gemacht haben.

Das Interview wurde geführt auf www.ostfrieslandkrimi.de.