Der Schillerpreis der Stadt Mannheim für Emine Sevgi Özdamar

Petra Olschowski, Landes-Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Preisträgerin Emine Sevgi Özdamar, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz. Foto: © Claudia Schmid

Die Stadt Mannheim vergibt alle zwei Jahre den Schillerpreis und ehrt damit Persönlichkeiten, die »durch ihr Schaffen zur kulturellen Entwicklung in hervorragender Weise beigetragen haben«. Der Preis, der im Jahr 1954 gestiftet wurde, erinnert an das Wirken des jungen Schriftstellers, der 1792 in einem Deutschland der Kleinstaaten nach Mannheim floh. Theaterintendant Reichsfreiherr Wolfgang Heribert von Dalberg ließ das Werk des Sturm und Drang-Dichters »Die Räuber« am Nationaltheater uraufführen. Das befand sich damals freilich noch an einem anderen Platz, nämlich gegenüber dem Schloss. Nach dem Krieg wurde es an neuer Stelle wieder aufgebaut. Da es jüngst wegen umfangreicher Umbauarbeiten für fünf Jahre geschlossen wurde, fand die Preisverleihung in der Kunsthalle Mannheim statt. Ein Ort, der durch die großzügige Spende des Ehepaares Josephine und Dr. Hans-Werner Hector völlig neu gestaltet wurde.

Am 27. November 2022 wurde Emine Sevgi Özdamar mit dem Schillerpreis der Stadt Mannheim geehrt. Sie besuchte die Schauspielschule in Istanbul, wo sie auch aufgewachsen war. Mitte der siebziger verließ sie die Türkei und ging nach Berlin und Paris. Sie arbeitete mit Regisseuren wie Benno Besson, Matthias Langhoff und Claus Peymann zusammen. Sie übernahm Filmrollen und Theaterstücke, Romane und Erzählungen. Emine Sevgi Özdamar hatte sich als Laudator den Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier gewünscht. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Verwaltung und Politik waren Luzia Braun, Prof. Dr. Lothar Müller und Dr. Insa Wilke in der Jury.

Zunächst würdigte Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz die Preisträgerin. Laut der Satzung des Schillerpreises werden mit ihm Persönlichkeiten ausgezeichnet, die durch ihr »Werk von bedeutsamen Rang zur kulturellen Entwicklung in hervorragender Weise beigetragen haben«. Emine Sevgi Özdamar erfüllt dies beispielhaft. »Ihre Literatur ist ein herausragendes Beispiel transkultureller Literatur wie sie seit über 20 Jahren regelmäßig in Mannheim, Ludwigshafen und Frankenthal einen Ort findet.«

»Liebe Gäste, vor allem aber, liebe, verehrte Emine Sevgi Özdamar, es ist mir eine ganz besondere Ehre und eine große Freude, heute an diesem Tag, an dem Sie die Stadt Mannheim mit dem Schillerpreis ehrt, die Laudatio zu halten.« Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier bescheinigt der Schriftstellerin eine poetische Kraft, mit der sie in ihren Bann zieht und gibt einen Überblick über ihre Biographie, in der sie Grenzen überwand und bezeichnet ihren Roman »Ein von Schatten begrenzter Raum« als fulminantes Erinnerungswerk, in dem sie mit der Sprache etwas ganz Neues entstehen lässt, »mit Ihrer sehr eigenen, funkelnden poetischen, traurigen und sehr komischen, kurzum Ihrer überbordenden Sprache!«

Und dann tritt mit Emine Sevgi Özdamar eine Frau ans Mikrofon, die alleine schon mit ihrer Ausstrahlung und Stimme die Gäste verzaubert, und sie dann mit Geschichten aus ihrem Leben, getragen mit mitmenschlicher Wärme und Humor, vollends für sich einnimmt und unter Beweis stellt, dass sie diesen Preis mehr als verdient hat. Ihr Onkel war es, der einst der Mutter empfahl, dem begabten Mädchen Klassiker der Literatur zu kaufen. Darunter befand sich »Wilhelm Tell« ein Werk von Friedrich Schiller. Oft habe sie mit ihrem Bruder eine der Hut-Szenen nachgespielt und dem Hut den Gruß verweigert. Dieses alte, sichtlich viel gelesene Exemplar, hat sie mitgebracht.

Die Preisverleihung gipfelt in einem emotionalen Höhepunkt, als das Orchester des Nationaltheaters Mannheim scheinbar aus allen Ecken der Kunsthalle strömt, der Leiter sich aus den Reihen des Publikums erhebt und die Seinen souverän orchestriert, während sich oben auf der Empore der Opernchor des Nationaltheaters aufstellt. »Freude, schöner Götterfunken« klingt es atmosphärisch schön und kraftvoll im gesamten Haus und für diesen Moment vergisst man die ineinander übergehenden Krisen der letzten Zeit, die unser Dasein überschatten und lebt nur in diesem Augenblick. Und da ist sie, entfaltet sich ganz: Diese Kraft, die Worten und der Musik zu entströmen vermag.

Glückwunsch an Emine Sevgi Özdamar zu diesem Preis!

Emine Sevgi Özdamar bei ihrer Dankesrede in der Kunsthalle Mannheim, als sie mit dem Schillerpreis der Stadt geehrt wurde. Foto: © Claudia Schmid
Während das Orchester sich im unteren Raum verteilte, stellte sich der Opernchor des Nationaltheaters auf der Empore auf. Das Resultat war ein einmaliges Klangerlebnis für die Gäste! Foto: © Claudia Schmid