Andy Neumann wurde 1975 in Neuwied geboren. Er begann 1995 seine Kommissarsausbildung beim Bundeskriminalamt und war anschließend neun Jahre lang als Ermittler im Terrorismusbereich tätig. Von 2008 bis 2010 absolvierte er das Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für den »Bund Deutscher Kriminalbeamter« veröffentlichte er zahlreiche wortstarke Stellungnahmen und gab Interviews, u. a. für Spiegel Online, die Welt und Bild online. In seiner Freizeit ist er leidenschaftlicher Musiker. Er arbeitet in leitender Funktion beim Bundeskriminalamt im Bereich Staatsschutz und lebt mit seiner Familie im Rheinland.
Mit seinem aktuellen Buch »Es war doch nur Regen!?« nimmt Andy Neumann die Leserinnen und Leser mit in die Situation der Flut über das Ahrtal. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 brach eine Katastrophe über die beschauliche Weinregion herein. Zurück blieben Schlamm, unfassbares Leid und viele Jahre harter Arbeit, die den Bewohnern nun bevorstehen. Der Autor macht auf sehr persönliche Weise deutlich, welche Kämpfe die Bewohner des Ahrtals durchstehen mussten. Feinsinnig und mit einer Prise Humor, insbesondere aber von einem klaren Willen geprägt: weitermachen. Das Buch eroberte sich auf Anhieb einen Platz auf der Spiegel-Bestsellerliste.. Im Gmeiner-Verlag ist bereits sein Thriller »Zehn« erschienen.
Für Kriminetz beantwortete Andy Neumann sieben Fragen.
Kriminetz: Dein Buch »Es war doch nur Regen!?« ist in nur sieben Wochen entstanden. Was hat dich zu diesem »Ritt« getrieben?
Andy Neumann: Zuerst einmal eine fixe Idee, würde ich sagen. Ich hatte ja bereits in der Flutnacht damit begonnen, meine Erlebnisse über Facebook zu protokollieren, als Tagebuch quasi. Das Feedback dort war sehr positiv, und ich bekam früh die ersten Nachrichten, ich solle doch ein Buch daraus machen. Aus einer Laune heraus rief ich eines nachmittags dann den Marketing-Chef meines Verlages an und fragte, ob der Verlag Interesse hätte. Unter der Bedingung allerdings, dass nicht nur ich, sondern auch der Verlag nichts an dem Buch verdient. Der Verlag ging, bis zu einer sehr stattlichen Auflagenhöhe, mit, gab mir aber nur sieben Wochen Zeit, denn es war klar: Wenn, dann musste es schnell gehen, um die Aufmerksamkeit für das Thema, die naturgemäß schnell nachlassen würde, noch mitnehmen zu können. So wurde dann in der Tat noch ein »Ritt« draus. Ich bin sehr froh, dass ich es neben all dem Stress am Haus trotzdem irgendwie hinbekommen habe.
Kriminetz: Was fehlt deiner Ansicht nach momentan am meisten in der Unterstützung der Betroffenen der Flutkatastrophe?
Andy Neumann: Das ist sehr leicht: verlässliche Entscheidungen und eine klare, strukturierte Kommunikation der politischen Entscheidungsebenen, von den Orten über die Kreisstadt und den Kreis bis hin nach Mainz. Und nicht etwa, wie selbst erlebt, völlige Fehlinformationen zu relevanten Themen selbst bei Bürgerversammlungen. Das macht die Leute kirre. Zweitens bedarf es einer sehr klaren Festlegung der Kommunen auf effektiven Hochwasserschutz. Hier gibt es bereits erste Entscheidungen, die klar in die gegensätzliche Richtung weisen. Auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger, die das Ganze dann selbst ausbaden dürfen, weil es dadurch am Ende wenig Hoffnung gibt, dass die neuen, sehr breit ausgedehnten Hochwasserzonen (mit deutlichen Einschränkungen der Bürgerinnen und Bürger) je wieder schmaler werden könnten.
Kriminetz: Thema Klimaschutz. Was wünschst du dir von unseren Regierenden?
Andy Neumann: Ich bin ja leider Realist und weiß, dass da wenig zu holen sein wird, auch die Ampel wird sich extrem schwertun, in der Realpolitik die Dinge umzusetzen, die sich aus der Opposition heraus immer schnell fordern lassen. Ich wünschte mir allerdings auch dort sehr klare Entscheidungen und Vorgaben, die die Bevölkerung auch mitnehmen – und irgendwie finanzierbar sind, um das soziale Ungleichgewicht nicht noch weiter zu stärken. Denn am Ende hilft uns der ganze Klimaschutz nicht, wenn damit das Land mehr und mehr gespalten wird. Von den Menschen wünsche ich mir allerdings, davon unabhängig, ein viel bewussteres Verbraucherverhalten (angefangen bei den Jugendlichen, die zwar gern auf meine Generation schimpfen, uns beim Konsum aber um Lichtjahre abhängen). Wir alle können Klimaschutz betreiben, das fängt am eigenen Haus, im eigenen Garten, im eigenen Kühlschrank an!
Kriminetz: Du hast das Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster absolviert. Über welches Thema hast du deine Abschlussarbeit geschrieben?
Andy Neumann: Sehr sperrig und wirklich nur für »Genießer«: Der Umgang mit dem Strafverteidiger als Ermittlungsbeamter. Mit historischer, verfassungsrechtlicher und strafprozessualer Herleitung des Themas. Es gibt ein paar Veröffentlichungen dazu in Fachzeitschriften und einer Festschrift der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik. Muss man aber nicht gelesen haben, wenn man kein Ermittler ist.
Kriminetz: Mit »Zehn« hast du, ebenfalls im Gmeiner-Verlag, einen Thriller über einen Serienkiller veröffentlicht. Was war der Anlass für dich, zumindest in der Fantasie, die Seiten zu wechseln?
Andy Neumann: To cut a long story short: Weil mich das Böse, so wie die meisten Menschen, nicht nur abstößt, sondern ein Stück weit auch fasziniert. Und wie langweilig ist es, als Strafverfolger in die Kriminalbeamten einzutauchen? Eben! Aber der Versuch, aus der Perspektive eines völlig durchgedrehten Serienmörders zu schreiben, das hatte einen enormen Reiz! Klar, manche Szene konnte ich erst am Wochenende nach einem guten Rotwein schreiben, oder auch drei. Aber ich finde, es hat sich gelohnt.
Kriminetz: Wird es einen weiteren Thriller aus deiner Feder geben?
Andy Neumann: Das ist eine ebenso gute wie schwierige Frage. Bis vor kurzem hätte ich das vehement verneint. Ich verdiene meine Brötchen ja nicht als Autor, und Zeit ist kostbar. »Zehn« ist allerdings auf eine Fortsetzung hin angelegt, und es ist nicht so, dass ich die Story dazu nicht im Kopf hätte. Da muss ich aber leider ganz platt sagen: es müsste sich lohnen! Der Verlag und ich werden da sicher nächstes Jahr noch mal drüber sprechen, als Bestsellerautor hat man ja schon mal bessere Möglichkeiten, so ein Buch wirtschaftlich erfolgreich herauszubringen, als das bisher der Fall war. Also: mal schauen!
Kriminetz: Du bist Beamter beim BKA, hast Familie, schreibst Bücher, machst Musik und gibst momentan viele Interviews. Hast du ein ganz spezielles Zeit-Management?
Andy Neumann: *lacht* Wir vergessen hier noch, dass ich ein Haus habe, das sich erneut in der Bauphase befindet. Aber ja, ich habe ein Zeitmanagement, es lautet »Tu, was irgendwie geht, werde allem und allen so gut gerecht wie irgend möglich, achte auf Deine Familie und zuletzt irgendwann auch auf Dich selbst«. Bisher ging das immer ganz gut, wenn auch nicht immer zu voller Zufriedenheit meiner Frau, das verhandeln wir oft sehr hart aus.
Aber es ist ein Fakt, dass ich derzeit so viele Dinge und Gelegenheiten absage wie noch nie in meinem Leben. Selbst mein Tag hat nur 25 Stunden. Leider!
Andy Neumann im Gmeiner-Verlag:hier klicken.