Sieben Fragen an Anne Grießer

Das Foto zeigt die Schriftstellerin Anne Grießer.

Die Schriftstellerin Anne Grießer wurde 1967 in Walldürn geboren, studierte Bibliothekswesen, Ethnologie, Volkskunde und Literaturwissenschaft in Stuttgart, Freiburg und Köln. Nach einigen Ausflügen in die seriöse Berufswelt lebt sie heute ihre kriminelle Ader auf dem Papier und auf der Bühne aus. Als Autorin (Kurzgeschichte, Roman, Hörspiel, Theater), Herausgeberin und Krimi-Entertainerin schwingt sie in Freiburg die Feder und so manches blutige Theaterrequisit. Sie veranstaltet u.a. interaktive Wein- und Bierkrimis, Badewannen-Lesungen und Krimiwanderungen im Schwarzwald. Sie ist Mitglied bei den Mörderischen Schwestern und im Syndikat.

Für Kriminetz beantwortete Anne Grießer sieben Fragen.

Kriminetz: Weshalb hast du dich beim Schreiben für das Genre Krimi entschieden?

Anne Grießer: Kein anderes Genre bietet mir so vielfältige Möglichkeiten und lässt mich so tief in fremde Lebenswelten eintauchen. Vom Beziehungsdrama (natürlich mit Todesfolge) über die Gesellschaftsstudie, den Thriller, mit Einblicken in menschliche Abgründe, bis hin zum sogenannten Wohlfühlkrimi, bei dem das Humoristische überwiegt – all das läuft unter dem Begriff Krimi. Und da ich mich nicht gern auf eine einzige Richtung festlege, ist das perfekt für mich. Meine letzten beiden Romane waren beispielsweise historische Krimis, bei denen ich die Geschichte meiner Odenwälder Heimat aufgearbeitet habe. Ich stamme aus dem Wallfahrtsort Walldürn, in den bis heute jedes Jahr viele tausend Menschen pilgern. Die Geschichte dieser Wallfahrt – und alles, was dazugehörte (Aberglaube, Hexenverfolgung) bot natürlich sehr viel kriminelles Potential. Aber auch eine Krimikomödie und ein Justizdrama stehen derzeit auf meiner Liste. Wo sonst hat man so viel Spielraum und kann so unterschiedliche Geschichten in einem Genre verpacken?

Kriminetz: Mit »Tannenduft & Totenglocken« (einer von vielen deiner Bände) hast du eine Sammlung historischer Kurzkrimis herausgegeben. Steckt der Schwarzwald voller Geschichten, die es aufzuspüren gilt?

Anne Grießer: Unbedingt. Für viele Besucher ist der Schwarzwald ja von den klassischen Bildern wie Bollenhut, Kuckucksuhr und romantischen Bauernhäusern geprägt. Aber wer ein bisschen hinter die Kulissen blickt, findet besonders in der Vergangenheit der Region sehr spannende Geschichten von Armut und Einfallsreichtum, von harter Arbeit, abenteuerlichen Berufen, unheimlichen Begebenheiten und eigenwilligen Menschen.

Ich habe gerade erst angefangen, mir den Schwarzwald literarisch zu erschließen. Bei der Recherche für das Buch „Glücksorte im Südschwarzwald“ habe ich viele neuen Anregungen bekommen, interessante Persönlichkeiten kennengelernt und von Ereignissen erfahren, die es wert sind, aufgeschrieben zu werden.

Kriminetz: Das soeben erschienene Krimi-Magazin THRILL wurde gemeinsam vom Syndikat mit der BUCHSZENE herausgegeben. Dabei hast du die Aufgabe der Herausgeberin übernommen. Das informative Magazin gibt tolle Einblicke in die aktuelle Krimi-Szene. Wird das Projekt fortgeführt?

Anne Grießer: THRILL wird zukünftig einmal pro Jahr erscheinen. Das Magazin löst das frühere Jahrbuch des SYNDIKATs ab. Während sich dieses (unter wechselnden Namen) hauptsächlich an die Vereinsmitglieder gerichtet hat, beschreitet THRILL einen neuen Weg und spricht nicht nur Autor*innen, sondern alle krimibegeisterten Leser*innen an. In der aktuellen Ausgabe macht sich beispielsweise Nina George sehr lesenswerte Gedanken zu der Frage, ob in Zukunft überhaupt noch Menschen aus Fleisch und Blut unsere Krimis verfassen, oder ob sie bald von einer KI ersetzt werden.

Daneben gibt es aber auch spannende Interviews, Buchtipps und Preisrätsel. Grundsätzlich gilt: Nach dem THRILL ist vor dem THRILL. Natürlich halten wir jetzt schon Ausschau nach interessanten Themen für die Ausgabe 2022.

Kriminetz: Du schreibst neben Romanen und Kurztexten auch Theaterstücke und trittst selbst als Schauspielerin auf. Weißt du schon beim Schreiben, wie du den Text schauspielerisch umsetzt oder entwickelt sich das bei den Proben?

Anne Grießer: Beim szenischen Schreiben habe ich tatsächlich immer schon Bilder im Kopf, und die Gedanken über die spätere Umsetzung auf der Bühne gehören zum Entstehungsprozess der Stücke. Trotzdem halten sich die Regieanweisungen im fertigen Text dann in Grenzen. Denn manchmal haben die Schauspiel- und Regiekolleg*innen, mit denen ich zusammenarbeite, hinterher ganz andere (und durchaus bessere) Ideen als ich.

Wenn ich Solostücke schreibe, zum Beispiel für die Krimiwanderungen am Kreuzmoos, muss ich die Dramaturgie natürlich besonders gut im Blick behalten. Aber auch hier werden bei den Proben immer wieder kleine Änderungen und Anpassungen fällig. Dafür nehme ich dann ein Testpublikum mit – das ist genauso wichtig wie die Probeleser*innen beim Roman.

Kriminetz: Verrätst du, woran du aktuell arbeitest?

Anne Grießer: Im Moment arbeite ich an einem Sachbuch – und es führt wieder in den Schwarzwald. Gemeinsam mit der Krimiautorin Ute Wehrle verfasse ich für den Silberburg-Verlag ein Geschichtsbuch unter dem Titel „Zeitreise Schwarzwald“. Ich mag diese Reihe, weil historische Ereignisse hier nicht trocken und informationsüberladen, sondern vergnüglich und unterhaltsam dargeboten werden.

Danach steht dann ein neuer Roman an. Ich habe mich aber noch nicht endgültig entschieden, ob ein schon geplottetes Justizdrama, oder ein ebenfalls schon länger geplanter Tierkrimi den Vorzug bekommt.

Kriminetz: Hast du einen Tipp für Neulinge beim Schreiben? Was hilft am Anfang?

Anne Grießer: Prinzipiell muss jede*r Schreibneuling einen eigenen Weg finden – die eigenen Rituale, Vorlieben und Schreibroutinen. Da gibt es keine allgemeingültigen Regeln. Es ist sehr hilfreich, viel Verschiedenes auszuprobieren und sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen. Wer später behauptet, es habe bei ihm/ihr keine Enttäuschungen gegeben, ist entweder gut im Verdrängen oder gut im Lügen …

Außerdem ist es am Anfang sinnvoll, sich nicht gleich allzu große Ziele zu setzen. Vor dem Roman kommt meistens die Kurzgeschichte, und davor die Szene oder einfach nur eine nette kleine spielerische Übung. Mein Tipp: Regelmäßig schreiben (egal wo, wann und wie lange) und den Spaß daran behalten – dann klappt es auch.

Kriminetz: Freiburg ist dein Lebensort. Was sind für dich die Vorzüge der Stadt?

Anne Grießer: Freiburg ist herrlich bunt. Das liegt zum Einen natürlich an den vielen Student*innen, aber nicht nur. Gerade die Mischung aus südbadischer Bodenständigkeit und gleichzeitiger Weltoffenheit ist reizvoll. Das kulturelle Leben ist wunderbar vielfältig. Außerdem gefallen mir Freiburgs Größe und die Lage. Keine Mega-City, trotzdem sehr lebendig. In kürzester Zeit ist man im Zentrum, genauso schnell mitten in der schönsten Natur. Das können nur wenige Städte von sich behaupten.

Kriminetz: Vielen Dank, Anne Grießer, für die Beantwortung der sieben Fragen.

Zur Website von Anne Grießer hier klicken.