Autor Bernd Köstering, geboren 1954 in Weimar, aufgewachsen in Gießen, beherrscht die leisen Töne. Seine Romane und Kurzgeschichten zeigen ein feines Gespür für die Beweggründe der handelnden Menschen. Er entwickelte zusammen mit dem Gmeiner-Verlag das Genre des Literaturkrimis, in dem mit Hilfe eines bekannten Werkes der Weltliteratur der jeweilige Fall ausgelöst oder aufgelöst wird. Seine Goethekrimis um den Privatermittler Hendrik Wilmut haben unter Fans inzwischen Kultcharakter. Er veröffentlichte bisher fünf Romane, zahlreiche Kurzgeschichten und Krimirätsel.
Für Kriminetz beantwortete Bernd Köstering sieben Fragen.
Kriminetz: Wie alt warst du, als man dich aus Weimar nach Gießen „verschleppte“ und warst du anschließend noch öfter dort?
Bernd Köstering: Damals war ich knapp 5 Jahre alt, habe also nur noch sehr vage Erinnerungen daran. Später, während der Schulzeit, verbrachte ich nahezu jede Sommerferien bei meinen Großeltern in Weimar. Nach der Wiedervereinigung intensivierte ich meine Kontakte nach Thüringen, besonders zu meinen zahlreichen Cousins und Cousinen.
Kriminetz: Was war der Auslöser für dich, das Genre dieses speziellen Literaturkrimis zu entwickeln?
Bernd Köstering: Der Auslöser waren Besuche in Goethes Wohnhaus am Weimarer Frauenplan während der 90er Jahre. Das Haus strahlt viel vom ehemaligen berühmten Besitzer aus, ist auch nicht als Museum ausgestattet, sondern wirkt immer noch wie ein bewohntes Gebäude. Es hatte – und hat immer noch – eine solch intensive Wirkung auf mich, dass ich beschloss, eine dort spielende Handlung für einen Roman aufzubauen. Da Goethes Wohnhaus auch sehr eng mit seinen Werken verbunden ist (siehe „Der Besuch“), lag es auf der Hand, bekannte Werke des Meisters mit in den Plot einzubauen: der Literaturkrimi war aus der Taufe gehoben. Später habe ich auch Werke anderer berühmter Schriftsteller in den Literaturkrimi-Zyklus einbezogen.
Kriminetz: Welches ist dein Lieblingswerk von Goethe?
Bernd Köstering: Das Gedicht „Eigentum“. Es beginnt mit der Zeile: „Ich weiß, dass mir nichts angehört, als …“
Kriminetz: Wenn es mit Hilfe einer Zeitmaschine möglich wäre, zum Tee im Hause Goethe am Weimarer Frauenplan eingeladen zu sein – was würdest du dem Herrn Geheimrat als Gastgeschenk überreichen?
Bernd Köstering: Diese Frage ist gut gestellt, denn Goethe mochte keinen Kaffee, es wurde also eher zum Tee eingeladen. Aber zu jedem Essen, auch bereits zum Frühstück, wurde in seinem Haus Wein serviert. Der Rheingau und Franken waren seine bevorzugten Anbaugebiete, dazu Dessertweine aus Frankreich und Portugal. Insofern hätte ich ihm in der Zeitmaschine sicher ein paar Flaschen guten Weins mitgebracht. Wahrscheinlich Rheingauer Riesling.
Kriminetz: Du veröffentlichst neben deinen Romanen auch Kurzgeschichten. Warum schreibst du die auch ganz gerne?
Bernd Köstering: Ja, ja, die Kurzgeschichte! Jedes Wort muss genau überlegt sein, der rote Faden muss gut und dicht gesponnen sein, das Ende soll nicht erwartbar sein. Eine ganz besondere, für mich sehr interessante Form des Schreibens. Völlig anders als ein Roman. Ein Grund für meine Liebe zur Kurzgeschichte ist also die Abwechslung beim Schreibprozess. Ein weiterer Grund ist die Erkenntnis, dass ein Roman reifen, sich in Innern des Autors entwickeln muss. Dazu sollte das Manuskript wie ein guter Wein eine Zeit lang liegen und unangetastet bleiben, um dann mit neuen Augen betrachtet zu werden. In dieser Reifezeit kann ich mich wunderbar mit dem Schreiben einer Kurzgeschichte ablenken, ohne auf kreative Tätigkeit verzichten zu müssen.
Kriminetz: Du bist neben anderen Vereinigungen Mitglied bei Dostojewskis Erben. Da muss man in Verbindung mit Wiesbaden natürlich an Dostojewskis Leidenschaft für Spielcasinos denken. Gehst du da auch gerne ins Wiesbadener Casino?
Bernd Köstering: Oh, nein! Ich bin kein Spielertyp. Aber das Wiesbadener Casino als Handlungsort für einen Kurzkrimi ist bei mir sehr beliebt. Ansonsten bin ich sehr froh über die Kontakte zu den anderen Autoren beim Stammtisch von Dostojewskis Erben und unsere gemeinsamen Projekte.
Kriminetz: Du und deine Frau, ihr seid Eltern inzwischen erwachsener Kinder und „bekennende“ Großeltern. Ist es das Familienleben, aus dem du deine Kraft schöpfst und die Ruhe generierst, die du ausstrahlst?
Bernd Köstering: Definitiv! Zum einen fängt mich die Familie auf, wenn ich mal Sorgen habe, zum anderen sind meine Frauen die wichtigsten Testleser für meine Manuskripte – und zwar kritische Testleser. Die Enkelkinder werden das in Zukunft auch sein, bis dahin erinnern sie mich daran, dass es außer dem Arbeiten und Schreiben noch andere wichtige Dinge im Leben gibt. Ein Schiff aus Papier zu falten, zum Beispiel. Ich hatte doch tatsächlich vergessen, wie das geht. Daraufhin meine Enkeltochter (4 Jahre): „Opa, schau doch auf deinem Tablet nach!“ Times are changing.
Kriminetz: Vielen Dank, Bernd Köstering, für die Beantwortung der sieben Fragen.
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