Die Schriftstellerin Elisabeth Herrmann wurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Nach ihrem Studium als Fernsehjournalistin arbeitete sie beim RBB, bevor sie mit ihrem Roman »Das Kindermädchen« ihren Durchbruch erlebte. Fast alle ihre Bücher wurden oder werden derzeit verfilmt: Die Reihe um den Berliner Anwalt Joachim Vernau sehr erfolgreich vom ZDF mit Jan Josef Liefers. Elisabeth Herrmann erhielt den Radio-Bremen-Krimipreis, den Deutschen Krimipreis und den Glauser des SYNDIKATs für den besten Jugendkrimi 2022.
Mit dem Nordic All-Age-Thriller »Arktische Rache« ist bei Penguin cbj der dritte Teil der Ravna Reihe erschienen.
Für Kriminetz beantwortete Elisabeth Herrmann sieben Fragen.
Kriminetz: An dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch zum Glauser-Preis des SYNDIKATs, der in Darmstadt bei einer tollen Preisverleihungs-Gala überreicht wurde. Ist die Freude über einen Preis, der von Kolleginnen und Kollegen vergeben wird, eine ganz besondere?
Elisabeth Herrmann: Es ist eine ganz besondere Freude und Ehre. Denn meine KollegInnen sind nicht nur alle sehr belesen, sondern wissen auch ganz genau, auf was es bei einem Krimi ankommt. Darüber hinaus ist es auch eine riesige Anerkennung meiner Arbeit.
Kriminetz: Die Reihe um Ravna handelt im Norden von Norwegen. Ravna ist durch ihre Mutter Samin. Was war der Auslöser für dein Interesse um das indigene Volk des Nordens?
Elisabeth Herrmann: Ich suche eigentlich immer nach den Funken, die man aus einer Geschichte schlagen kann. Als ich vor Jahren die Idee zu einem Nordic Noir hatte, fand ich es spannend, die Vertreter von zwei ganz unterschiedliche Kulturen, die sich nicht immer freundlich gesonnen gegenüberstehen, miteinander ermitteln zu lassen. Warum also nicht einen norwegischen Kommissar und eine samische Polizistin, die sich zusammenraufen müssen? Bei der Recherche tauchte ich tief in die samische Kultur ein und war mehr und mehr fasziniert.
Kriminetz: Die in »Arktische Rache« beschriebenen Temperaturen unterschreiten die Wohlfühltemperatur vieler Leserinnen und Leser. Hast du selbst zu Recherchezwecken in einem Lavvu, dem »Zelt« der Sami, übernachtet? Oder womöglich gar im Eishotel?
Elisabeth Herrmann: Ich war im Eishotel, allerdings im Sommer am Eröffnungstag. Da kann man die Zimmer besichtigen. Im Winter nach Sapmi habe ich ich noch nicht getraut. Allein die Ausrüstung dafür ist ziemlich kostspielig und speziell. Ich kenne das Lavvu, ein Freund von mir hat einige in Lappland. Übernachtet habe ich allerdings noch nicht darin.
Kriminetz: Zitat von S. 41 aus »Arktische Rache«: »Das Zusammenrücken, das enge Miteinander, der Schutz, den die Gemeinschaft gab, all das hatte sich unauslöschlich in ihre Seele gegraben.« In einer nicht so wirklich lebensfreundlichen Umwelt ist Zusammenhalt überlebenswichtig. Bewirkt dieser Gemeinsinn einen Teil der Faszination für die Samen?
Elisabeth Herrmann: Ich glaube, alle funktionierenden Gemeinschaften üben auf uns »moderne« Menschen eine große Fasziniation aus. In Zeiten, in denen wir lieber abends allein bingewatchen, ist vielleicht doch eine Sehnsucht nach Freundschaft und Verbindlichkeit da. Was mich darüber hinaus fasziniert, ist der Umgang mit der Natur. Der Respekt, den die Samen ihr entgegen bringen. Und die Kultur, die alle miteinander verbindet.
Kriminetz: Märkte wie der Vintermarknad in Jokkmokk (Arktische Rache, S. 19) sichern den Sami Einnahmen, andererseits laufen sie Gefahr, dass ihre Kultur folkloristisch unter touristischen Aspekten gesehen wird. Das ist sicherlich eine Gratwanderung?
Elisabeth Herrmann: Es gibt zwei gegensätzliche Strömungen. Die einen wollen mit der Welt und ihrer Gier nach Rohstoffen, Authentizität und dem besonderen Kick nichts zu tun haben. Die anderen sehen darin eine Chance, ihre Kultur bekannter zu machen, um nicht noch einmal kurz davor zu sein, unterzugehen. Auch ein Tourist, der sich nur eine Mütze oder ein Messer als Souvenir mit nach Hause nimmt, hat in ihren Augen schon etwas für die Samen getan.
Kriminetz: Deine Leserschaft interessiert sicherlich, ob es einen vierten Teil mit Ravna als Hauptfigur geben wird?
Elisabeth Herrmann: Das wird natürlich nicht verraten. Nur so viel: Im Jahresablauf der samischen Rentierzüchter gibt es natürlich noch einen weiteren, ganz besonderen Termin: Die Schlachtung. Damit würde sich dann auch ein Kreis schließen …
Kriminetz: Einige deiner Romane wurden verfilmt. Gibt es für dich einen Lieblingsfilm?
Elisabeth Herrmann:Ja, das ist und bleibt der erste: »Das Kindermädchen«.
Kriminetz: Vielen Dank, Elisabeth Herrmann, für die Beantwortung der sieben Fragen.
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