Sieben Fragen an Friedrich Ani

Das Foto zeigt Friedrich Ani. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz.de

Der in München lebende Schriftsteller Friedrich Ani befasst sich mit dem Verschwinden. Soeben hat er mit „Süden und das heimliche Leben“ einen weiteren Roman um seinen Ermittler Tabor Süden in einer langen Reihe bei Knaur veröffentlicht. Zusätzlich gibt es Reihen um die Hauptkommissare Polonius Fischer und um den erblindeten Kommissar Jonas Vogel. Daneben gibt es weitere Krimis, Jugendbücher, Hörspiele, Lyrik und viele Drehbücher von Friedrich Ani, darunter auch welche für die bei den Zuschauern so beliebte Reihe „Tatort“ der ARD.
Friedrich Anis Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Lang ist die Liste der Auszeichnungen, die er erhielt. Unter anderem vier Mal den Deutschen Krimipreis, den Grimme-Preis für das Drehbuch zu „Kommissar Süden und der Luftgitarrist“, 2011 den Stuttgarter Krimipreis für "Süden". Für seinen Roman „German Angst“ , in dem er aufgrund einer wahren Vorlage einen Fall von Fremdenfeindlichkeit in einer deutschen Großstadt erzählt, erhielt er den Radio Bremen-Krimipreis. Für den Fernsehfilm „Das unsichtbare Mädchen“ schrieb er gemeinsam mit Ina Jung das Drehbuch. Dieses Drehbuch wurde 2012 mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Der Roman “Süden und das heimliche Leben“ landete im Januar 2013 auf Platz 1 der KrimiZeit-Bestenliste.

Für Kriminetz beantwortete Friedrich Ani sieben Fragen.

Kriminetz: Die Personen, welche Sie in Ihren Romanen erschaffen, sind sehr glaubwürdig und authentisch. Man hat beim Lesen oftmals den Eindruck, sie seien das Ergebnis genauer Milieustudien. Beobachten Sie gerne Menschen und wo am liebsten?

Friedrich Ani: Seit ich anfing zu schreiben, mit elf oder zwölf Jahren, gehört das Beobachten von Menschen im Alltag zu meinem Leben wie lesen, spielen oder träumen. Die Leute erzählen mir auch viel, und ich höre gern zu, egal, wie abseitig manche Geschichten klingen mögen. Aber ich schreibe niemanden ab, ich mache auch nur selten Notizen von Dialogen. Was ich mir nicht merken kann, braucht mein Gedächtnis offensichtlich nicht und ich später beim Schreiben ebenso wenig. Ich spioniere niemanden aus. Ich bin bloß da, ein Chronist am Wegesrand.

Kriminetz: Immer wieder geht es in Ihren Werken ums Verschwinden von Personen. Spielen Sie selbst manchmal mit dem Gedanken, „unsichtbar“ zu sein, wegzutauchen?

Friedrich Ani: Was für ein Glück, dass ich nie Schauspieler werden oder in einem anderen Beruf berühmt werden wollte, bei dem man ständig sein Gesicht ins Licht halten muss. Ich bin gern unsichtbar, beinahe wenigstens.

Kriminetz: Das Drehbuch zu "Das unsichtbare Mädchen", das Sie gemeinsam mit der Journalistin Ina Jung verfassten, thematisiert das unfreiwillige Verschwinden von jungen Mädchen und Frauen. Dem Drehbuch liegt ein wahrer Fall zugrunde, bei dem ein Täter präsentiert wurde, von dessen Schuld nicht alle überzeugt sind. Neben vielen anderem, was mir an dem herausragenden Film „Das unsichtbare Mädchen“ sehr gut gefallen hat, finde ich die Demaskierung von Personen in Machtpositionen bemerkenswert. Auch die des aufstrebenden Politikers, der vordergründig seine Tochter zu schützen scheint und eigentlich doch nur alles, was er aufdeckt, für seine eigene Karriere instrumentalisiert. Was war für Sie und Ina Jung der Grund, sich mit diesem Fall zu beschäftigen?

Friedrich Ani: Wir beide, Ina Jung und ich, haben uns beide seit Jahren mit dem Fall der verschwundenen Peggy aus Franken beschäftigt, und immer wieder tauchten bei den Recherchen Verbindungen sowohl zum Rotlichtmilieu als auch zur Politik auf. Es lag auf der Hand, ein paar Dinge im Drehbuch zu verwenden und auch auszuschmücken.

Kriminetz: Das verschwundene Mädchen im Film hat sich mit ihrem neuen Leben arrangiert und kann sich eine Rückkehr in ihr früheres Leben nicht vorstellen. Ist dies eine Art von Überlebensstrategie, die das Opfer mit den Jahren für sich gefunden hat?

Friedrich Ani: In unserer Geschichte ist das so. Ob Peggy noch lebt, wissen wir nicht. Allerdings halten wir das, was wir in dem Film erzählen, nicht für völlig abseitig. Eines Tages kommt die Wahrheit ans Licht, da bin ich sicher. Leider hat der Prozess gegen den geistig behinderten Angeklagten, der dann wegen Mordes verurteilt wurde, nicht zur Aufklärung der wahren Umstände beigetragen.

Kriminetz: Ihre Krimis handeln in München. Was ist das Besondere an München? „Leuchtet“ es an einigen Ecken immer noch wie zu Thomas Manns Zeiten?

Friedrich Ani: München leuchtet, wenn ich meine Lampe dabei habe. Das ist ja meine Aufgabe: in die Nischen der Unscheinbaren zu leuchten und ihre Geschichten zu erzählen.

Kriminetz: Verreisen Sie gerne? Oder dienen die Bayerischen Berge als Fixpunkte für den herum schweifenden Blick?

Friedrich Ani: Um Gottes Willen, die Berge machen mich fertig. Ins Schweifen und Schwärmen gerät mein Blick vor allem an der Nordsee. Dorthin verreise ich oft.

Kriminetz: Das Lesen der Süden-Fälle kann richtig süchtig machen. Wird es für Ihre Leser weitere Möglichkeiten geben, diese Sucht zu befriedigen?

Friedrich Ani: Danke für das Kompliment. Für Stoff ist gesorgt. Im kommenden Herbst erscheint ein neuer größerer Roman mit Tabor Süden, und davor sendet der SWR zwei neue Hörspiele mit dem Vermisstenfahnder.

Vielen Dank, Friedrich Ani, für die Beantwortung der Fragen.

Zum Autoreneintrag bei Droemer-Knaur

Bei der Frankfurter Buchmesse traf Kriminetz-Redakteurin Claudia Schmid Friedrich Ani am Stand seines Verlages Droemer-Knaur, wo er sein neuestes Buch vorstellte. Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz.de