Sieben Fragen an Heike Wolf

Das Foto zeigt Heike Wolf. © Foto: Jürgen Schmid, Kriminetz

Die Schriftstellerin Heike Wolf hat mit Die Tote im Nebel einen historischen Kriminalroman veröffentlicht, nachdem bereits ihr historischer Roman Der Bernsteinbund und zwei Romane im Fantasy-Bereich erschienen sind. Heike Wolf studierte in Marburg und in Paris Geschichte und klassische Philologie. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit ist sie an einem Marburger Gymnasium Lehrerin für Geschichte und Latein. Sie lebt mit ihrer Tochter in Marburg.

Für Kriminetz beantwortete Heike Wolf sieben Fragen.

Kriminetz: Hast du eine Lieblingsepoche, in der du dich als Autorin historischer Romane am wohlsten fühlst?

Heike Wolf: Das ist schwer zu sagen – im Grunde fühle ich mich überall zu Hause, von der Bronzezeit bis zum Mauerfall *lach* Das hängt sicher auch mit meiner Tätigkeit als Lehrerin zusammen. Ich beschäftige mich in der Schule mit so vielen verschiedenen Epochen und denke dabei so oft „Mann, ist das spannend, daraus könntest du doch gut ...“, sodass ich bestimmt zwei Dutzend Romanideen über alle Epochen hinweg in der Schublade habe.
Als ich angefangen habe, Historische Romane zu schreiben, hat mich vor allem die Antike fasziniert, was nach meinem Lateinstudium irgendwie nahelag. Antikenromane verkaufen sich nur sehr schlecht, sodass ich mich bald in anderen Epochen umgesehen habe. Aktuell würde ich gerne etwas im Frühmittelalter, zur Zeit der Renaissance oder zum Beginn des 20. Jahrhunderts schreiben. Aber auch der Deutsche Vormärz ist ein Thema, das mir unter den Nägeln brennt. Außerdem ruht ein Exposé zur Bronzezeit in meiner Schublade, das ich sehr gerne irgendwann verwirklichen würde. Wohl fühle ich mich eigentlich überall, wenn ich mich ein wenig eingearbeitet habe. Je intensiver ich mich mit einer Epoche beschäftige, desto reizvoller, farbiger und aufregender wird sie für mich. Jede Zeit hat ihre Besonderheiten und Konflikte, um die sich Geschichten weben lassen.

Kriminetz: Wie kam es zu der Entscheidung, einen historischen Kriminalroman zu schreiben?

Heike Wolf: Ich hatte eigentlich nie vor, einen Krimi zu schreiben, aber dann gab es das Angebot des Gmeiner-Verlags zur Edition Quo Vadis und dann ging plötzlich alles sehr schnell. Ich hatte die Geschichte gleich vor Augen und als die Zusage kam, stand ich plötzlich vor meinem ersten Krimi. Ganz neu war das für mich nicht, da ich vorher schon verschiedene Texte für das Fantasy-Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ geschrieben habe und es dabei auch immer wieder um Krimi-Plots ging. Daher wusste ich, wie ich so etwas konstruieren muss, damit die Handlung spannend bleibt und die Auflösung nicht allzu offensichtlich ist. Anders als bei meiner Familiensaga habe ich „Die Tote im Nebel“ gleich zu Beginn von vorne bis hinten kapitelweise durchgeplant, um ja keinen Faden zu verlieren. Es war eine interessante Erfahrung und neue Herausforderung, und ich denke nicht, dass dies mein letzter Krimi gewesen ist.

Kriminetz: Die Brüder Grimm haben die berühmte Märchensammlung zusammengetragen. Steckt in jedem Märchen ein Körnchen Wahrheit?

Heike Wolf: Mit Sicherheit. Oder sagen wir besser, eine Moral, wobei damit nicht unbedingt der erhobene Zeigefinger gemeint sein muss. Die Brüder Grimm sammelten die Märchen ja aus Interesse an deutschen Mythen und Geschichten, die sie als Teil deutscher Volkskultur begriffen – typisch für die Zeit der Romantik.

Kriminetz: Sind die Brüder Grimm immer noch ein „modernes“ Thema?

Heike Wolf: Immerhin haben es die Grimms geschafft, nach 200 Jahren immer noch gelesen zu werden und geradezu als Synonym für Märchen zu stehen. Sie sind in jedem Fall ein modernes Thema und werden immer wieder neu entdeckt – als Stoff für Kinofilme wie „Brothers Grimm“, TV-Serien wie aktuell „Grimm“ oder eben für Bücher. Es sind in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Romanen erschienen, die die Grimms auf die eine oder andere Weise rezipieren. Das Interesse an ihren Märchen ist ungebrochen, und es wird beständig von Generation zu Generation weitergegeben. Bei mir und meiner Tochter ist das nicht anders.
Auf der anderen Seite verstellen die Märchen den Blick auf die historischen Brüder Grimm. In der populären Rezeption stehen sie immer in enger Verbindung mit ihren Geschichten, oftmals so eng, dass Märchen und Realität verwischen. Die historischen Grimms sind als frühe Germanisten und prominente Gestalten des Vormärz‘ auch interessant, aber sicher nicht so spannend wie die „Märchen-Grimms“ und hätten als Romanfiguren sicher nicht den Reiz, den sie in Verbindung mit ihrem Märchen haben.

Kriminetz: Was magst du an Lesungen besonders gerne?

Heike Wolf: Ich schätze an Lesungen den direkten Kontakt zum Publikum. Wenn man ein Manuskript beendet hat und es beim Verlag liegt, beginnt das große Nägelkauen, zumindest bei mir. Ich habe die meiste Zeit alleine an dem Text gesessen und vielleicht ein paar Rückmeldungen von kritischen Freunden bekommen, aber mehr Austausch ist bei mir aus Zeitgründen meistens nicht drin. Wenn dann die ersten Rezensionen kommen, erhalte ich einen Eindruck, wie das Buch bei den Lesern abkommt, aber es ist noch einmal eine ganz andere Sache, mit Lesern darüber zu sprechen oder die Reaktionen live zu erleben, wenn ich Passagen vorlese, die mir selbst besonders gelungen erscheinen. Ich sehe, wie der Text ankommt, und das ist für mich eine sehr wichtige Rückmeldung. Außerdem spreche ich gerne über das Buch und wie es entstanden ist, und freue mich, wenn Rückfragen kommen. Daraus entwickeln sich oft sehr nette Gespräche. Nach den Monaten der Klausur sind Lesungen eine Möglichkeit, das Buch „in freier Wildbahn“ im direkten Kontakt mit den Lesern zu erleben.

Kriminetz: Du bist Mitglied in mehreren schriftstellerischen Vereinigungen. Wie wichtig sind Netzwerken und der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen für dich?

Heike Wolf: Ich nutze die Möglichkeiten leider viel zu wenig, weil ich sehr wenig Zeit habe und es daher vermeiden muss, mich zu lange in Foren aufzuhalten. Daher lese ich in Netzwerken viel, komme aber selbst leider kaum zum Schreiben. Grundsätzlich finde ich den Austausch sehr wichtig, weil man ja ansonsten sehr alleine vor dem Rechner sitzt. Wichtig sind mir dabei aber vor allem die persönlichen Treffen auf den großen Messen und bei Jahreshauptversammlungen oder ähnlichen Veranstaltungen. Gerade für mich, die ja augenscheinlich nicht sehr aktiv ist (aktiv sein kann), sind das tolle Möglichkeiten zum Austausch.

Kriminetz: Du bist als Schriftstellerin tätig und auch noch Lehrerin an einem Gymnasium. Wie schaffst du es, zwei Berufe gleichzeitig auszuüben?

Heike Wolf: Es ist nicht einfach und erfordert viel Disziplin – am besten geht es, wenn ich eine Deadline im Nacken habe und schreiben *muss*. „Die Tote im Nebel“ habe ich unter dieser Bedingungen in vier Monaten geschrieben. Der Abgabetermin stand, ich musste also irgendwie fertig werden. Ohne Deadline kämpfe ich oft mit dem inneren Schweinehund und erliege ihm leider viel zu oft.
Ich schreibe grundsätzlich abends oder in Freistunden im Café. Zum Glück stört mich Lärm nicht so sehr, sodass ich ohne Internet und etwas Zeitdruck ganz gut vorankomme. Ich wünschte mir nur, mehr Zeit zum Schreiben zu haben, um die vielen Ideen, die in der Schublade schlummern, auch umsetzen zu können. Oder wenigstens einen Teil davon. Auf der anderen Seite verschafft mir der „Brotjob“ finanzielle Sicherheit, was gerade für mich als alleinerziehende Mutter wichtig ist. Daher werde ich es wohl noch eine Weile so weitermachen (müssen) und abwarten, ob ich irgendwann die Gewichtung etwas verschieben kann.

Vielen Dank, Heike Wolf, für die Beantwortung der Fragen.

Link zur Website von Heike Wolf