Sieben Fragen an Horst Bosetzky (-ky)

Das Foto zeigt den Schriftsteller und em. Professor der Soziologie Horst Bosetzky. Foto: Autorenfoto Gmeiner Verlag

Der Schriftsteller Horst Bosetzky (-ky) wurde 1938 in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben etlichen belletristischen und wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. Zusätzlich lag einer seiner schriftstellerischen Schwerpunkte auf historischen Romanen.

Von 1973 bis 2000 war Horst Bosetzky Professor für Soziologie an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege der Stadt Berlin. Bereits während seiner Studentenzeit veröffentlichte er erste Krimigeschichten.

Jahrelang war die Identität des erfolgreichen Schriftstellers, der sich hinter dem Kürzel –ky verbarg, ein streng gehütetes Geheimnis. In einigen Krimis von „-ky“ ermittelt Oberkommissar Mannhardt. Neben der kriminalistischen Handlung wurde ein Spiegelbild der Gesellschaft gegeben, mit dem Kritik geübt wurde. Die Handschrift des Soziologieprofessors war kenntlich. Einer von uns beiden (1974) wurde in der Regie von Wolfgang Petersen verfilmt, es war dessen erster Kinofilm. Kein Reihenhaus für Robin Hood wurde mit dem Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman und in Frankreich mit dem Prix Mystère de la critique ausgezeichnet. Bei der Filmpremiere 1981 gab sich Horst Bosetzky als –ky zu erkennen und bereitete dem jahrelangen Rätselraten damit ein Ende.

1992 erhielt der Schriftsteller den Ehren-Glauser des SYNDIKATS für das Gesamtwerk und die Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman. 2005 wurde ihm der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Zehn Jahre lang war Horst Bosetzky Sprecher des SYNDIKATS, der Autorengruppe Kriminalliteratur und Gründungsmitglied von QUO VADIS, dem Autorenkreis historischer Roman.

Für Kriminetz beantwortete Horst Bosetzky sieben Fragen.

Kriminetz: Ich erinnere mich an das Rätselraten um das Pseudonym –ky, das genial gewählt war. Mein damaliger Deutschlehrer las und empfahl uns Ihre Krimis und er tippte, was sich als richtig herausstellte, auf einen Professor, der im Fach Soziologie unterrichtet. Weshalb haben sie zehn Jahre lang unter Pseudonym veröffentlicht?

Horst Bosetzky: Darauf gibt es zwei Antworten: Einmal war ich wissenschaftlicher Mitarbeiter in der bremischen „Kommission für Verwaltungsreform“, einer beim Bürgermeister Hans Koschnik angesiedelten Stabsstelle, und wollte als sein „junger Mann“ Karriere in der SPD machen, was aber bei einem „Nebenberuf“ schlecht gegangen wäre, und zum anderen war das mit dem -ky eine werbewirksame Idee von Richard K. Flesch, dem damaligen Herausgeber der rororo-thriller-Reihe.

Kriminetz: Warum hatten Sie sich für das Genre Kriminalroman entschieden?

Horst Bosetzky: Da war eher der Zufall im Spiel: Ich war ein armer Student, und im FU-Spiegel suchte ein Heftroman-Verlag (Bastei) Autoren für alle möglichen Gattungen, so Arzt-, Liebes-, Heimat-, Western- und auch Kriminalromane. Da ich schon immer kurze Geschichten (Sketche) für Familienfeste geschrieben hatte, habe ich mich gemeldet – und bekam den Auftrag für den ersten Krimi, der aber nicht gedruckt wurde, weil ihn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdend gehalten hat (ein Mann hatte zwei Freundinnen).

Kriminetz: Mit ihrer historischen Familien-Saga landeten Sie ebenfalls auf Bestsellerlisten. Wie kam es zu dem Umschwenken vom kriminellen zum historischen?

Horst Bosetzky: Nachdem ich 1995 zweimal um ein Haar selbst ermordet worden wäre, gab es da bei Kriminalromanen verständlicherweise eine Blockade, aber weil ich zwanghaft weiter schreiben musste, habe ich meine Erinnerungen als Junge im Nachkriegsberlin aufgeschrieben und bin in Brennholz für Kartoffelschalen als Manfred Manfred Matuschewski von Neukölln aus durch die Stadt gezogen. Ich bezeichne mich gern als „Amateurhistoriker“ und hätte nach dem Abitur auch gern Geschichte studiert, wurde aber 1960 von meinen Eltern zu einer Lehre als Industriekaufmann bei Siemens „abkommandiert“.

Kriminetz: Sie sind Mitglied im SYNDIKAT und standen dort als Sprecher fast zehn Jahre an der Spitze, und Sie waren Mitbegründer des Autorenkreises Historischer Roman QUO VADIS, den es zu meinem großen Bedauern nicht mehr gibt. Welchen Stellenwert hat für Sie der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen?

Horst Bosetzky: Einen großen, denn einmal möchte ich als Soziologe und Schriftsteller immer gern wissen, wie andere Menschen „ticken“, und zum anderen bin ich seit meiner Zeit an der FU Berlin gewerkschaftlich orientiert und habe gehofft, dass sich die Lage meiner KollegInnen verbessern würde, wenn wir als Verband auftreten (abgesehen einmal von der PR-Wirkung). Ich war aus diesen Gründen ja auch fast 15 Jahre lang Vorsitzender des Berliner VS.

Kriminetz: In Ihren wissenschaftlichen Arbeiten befassen Sie sich unter anderen mit Macht. Sie führten, in Anlehnung an Tom Burns, in den deutschen Sprachraum den Begriff Mikropolitik ein. Möchten Sie diesen Begriff kurz charakterisieren?

Horst Bosetzky: Mikropolitik meint den Aufbau von Netzwerken, mit deren Hilfe man besser Probleme lösen, Macht gewinnen und Karriere machen kann. Alle „Mitspieler“ sind dabei dem „Don-Corleone-Prinzip“ verpflichtet (siehe Mario Puzo, Der Pate, 1971). Da sagt Don Corleone, Chef einer großer New Yorker Mafia-Familie zu einem ungerecht behandelten italienischen Einwanderer, der hilfesuchend zu ihm kommt: „Du sollst Gerechtigkeit haben. Eines Tages … werde ich dich bitten, mir dafür einen Gefallen zu tun.“ Es geht also um die Rückzahlung einer Hilfe in Form einer zu erweisenden Gefälligkeit.

Kriminetz: Ist Macht von vorneherein negativ besetzt?

Horst Bosetzky: Ja, weil man bei diesem Begriff immer sofort an Machtmissbrauch denkt. Für Soziologen ist aber Macht mit Talcott Parsons der unverzichtbare Motor allen Geschehens in einer Organisation.

Kriminetz: Berlin hat sich, vermutlich mehr als andere Städte, in den letzten Jahren ziemlich verändert. Empfinden Sie es immer noch als „ihr“ Berlin?

Horst Bosetzky: Klar, weil sich in den meisten Kiezen und vielen Ortsteilen außerhalb des S-Bahnringes doch nicht so sehr viel verändert hat, und ich als alter West-Berliner ja froh bin, dass die Völker der Welt Ernst Reuter gemäß nicht nur auf diese Stadt schauen, sondern sie auch besuchen und sich hier niederlassen.

Kriminetz: Vielen Dank, Horst Bosetzky, für die Beantwortung der sieben Fragen.

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